Winsen. Freibad-Test: Im Freizeitbad in Winsen haben Gäste ganzjährig die Wahl zwischen Badelandschaften unter freiem Himmel oder in der Halle.
Still und blau liegt die Wasserfläche unter wolkenverhangenem Himmel. Die wenigen Mädchen, die im Außenbecken der „Insel“ mit einem Wasserball spielen, bringen die Oberfläche kaum in Bewegung. Dabei könnte man hier an der frischen Luft auch prima Bahnen ziehen. Das für Erwachsene brusttiefe Becken ist immerhin mehr als 16 Meter lang und fast zehn Meter breit. Bei molligen 28 Grad wird hier dreimal wöchentlich Wassergymnastik angeboten – ganzjährig.
Doch das Winsener Bad ist eben kein reines Freibad, sondern ein Freizeitbad. Die Gäste haben die Wahl zwischen Badelandschaften drinnen und draußen. Offenbar bleiben die meisten Schwimmfreunde und Badefans auch an kühleren Sommertagen wie diesem lieber in der Halle. Wirklich voll wird es draußen nur bei Hitze. Dabei muss selbst im Winter niemand auf dem Weg ins Außenbecken frösteln: Von der Halle führt ein kleiner Kanal direkt ins Strömungsbecken, das dem Außenpool vorgelagert ist. Hier können sich die Badegäste in aller Seelenruhe treiben lassen.
Beschattete Liegewiese, Basketballkörbe und Volleyballfeld
Heute kreiselt niemand im Strom, und die schöne Anlage rundum ist verwaist. Die blauen Kunststoffliegen um das Becken sind ungenutzt, genau wie die Strandkörbe. Menschenleer ist die große, von Hecken gesäumte und von Bäumen beschattete Liegewiese, verlassen sind Basketballkörbe und Volleyballfeld, Klettergeräte für große und Wipptiere für kleine Kinder. Die riesigen Sonnenschirme bleiben zugeklappt und das Babybecken mit der lustigen Robbe am Rand ist angesichts der Schlechtwetterprognose nach der letzten Reinigung gar nicht erst wieder mit Wasser gefüllt worden.
Sobald es wärmer wird, werde es wieder in Betrieb genommen werden, versichert Schwimmmeister Martin Ulrich, der sich heute mit seinen Kollegen Tatjana Lampe und Ulf Stieber die Aufsicht teilt. „Es soll in der Energiekrise ja gespart werden“, erklärt er. Tatsächlich haben die Betreiber, die Stadtwerke Winsen, die gasbetriebene Banja-Sauna – das ist eine von fünf Saunen – schon seit Mitte Mai geschlossen. Sie wird wohl Mitte September wieder in Betrieb genommen werden.
Luft- und Wassertemperatur gesenkt, um Energie zu sparen
Die Lufttemperatur in der gesamten Anlage wurde um 1 Grad gesenkt, und auch in den Becken ist das Wasser nun ein klein wenig kühler, denn geheizt wird mit einem von Gas betriebenen Blockheizkraftwerk, das auch die benachbarten Schulen mit Wärme versorgt. Frieren müssen die Badegäste aber keineswegs. Das 1,30 Meter flache Erlebnisbecken hat nunmehr 30 Grad, das zwei Meter tiefe Sportbecken 27.
Am Rand dieses Beckens hängt Lenelies Buchholz und zittert leicht. Allerdings weniger aus Kälte als vor Aufregung. Die Siebenjährige möchte ihr Bronze-Abzeichen machen und muss dafür einen Ring vom Grund heraufholen. Schon etliche Tauchgänge waren vergebens. Vater, Mutter, Schwester sowie Martin Ulrich machen dem Mädchen Mut. Familie Buchholz kommt aus Bardowick. Wenn sie in ein Bad fährt, dann fast immer nach Winsen, nur selten nach Lüneburg. Weil „Die Insel“ am Stadtrand liege, sei sie besser zu erreichen, meint Christian Buchholz. Außerdem sei das Parken hier unproblematisch und kostenlos und der Eintritt günstiger, ergänzt seine Frau. Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimme in der „Insel“ einfach.
Gäste aus Bardowick: Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt in Winsen
Endlich geschafft! Strahlend reckt Lenelies den roten Ring in die Höhe. Nun muss sie sich eine Viertelstunde über Wasser halten. Zum Glück ist im 25 Meter langen Sportbecken nicht viel los. Nur Brustschwimmer drehen gemächlich ihre Runden und halten rücksichtsvoll Abstand zum Schwimm-Prüfling. Wenn hier Vereine trainieren, werden Bahnen abgetrennt, sodass Wettkampf- und Genussschwimmer friedliche Koexistenz pflegen.
Mehr Trubel herrscht nebenan im Erlebnisbecken. Das vergleichsweise seichte Wasser gibt Schwimmanfängern Sicherheit und ermöglicht Wasserspiele. Ein bunter Ball fliegt durch die Luft. Kinder paddeln mit Schwimm-Flügeln, ein paar erwachsene Nichtschwimmer gleiten mit Kunststoff- Nudeln durch das 127 Quadratmeter große Becken. Strömungskanal, Nackenduschen und Massagedüsen laden Genuss-Bader zum Verweilen ein.
Strömungskanal, Nackenduschen und Massagedüsen zum Entspannen
Wer bei Badewannentemperatur entspannen möchte, kann auch im Whirlpool oder in einem etwa knietiefen Becken im Eltern-Kind-Bereich bei jeweils 34 Grad Platz nehmen. Die Allerkleinsten fasziniert das maximal 30 Zentimeter flache, 32 Grad warme Babybecken mit kleiner Wasserrutsche und einem Rinnsal, auf dem man Bälle und Quietscheentchen schwimmen lassen kann. Für Mütter und Väter gibt es rundherum Liegen, Krabbelkinder sind im Laufgitter sicher aufgehoben und der Wickelraum ist auch nicht weit.
Hier genießt man den Blick ins Grüne und angenehme Ruhe, die nur durch leises Wasserrauschen in regelmäßigen Abständen unterbrochen wird. Das gedämpfte Geräusch erzeugen überwiegend jugendliche Badegäste, die mit Begeisterung immer wieder durch die Schleifen der 66 Meter langen Tunnelrutsche sausen und unten mit Schwung und einem dumpfem „Wuuusch!“ meterweit durch das Auffangbecken pflügen.
Imbiss auf der Empore mit Pommes, Burgern, Salat und Molkedrinks
Wer vom Treppensteigen, Rutschen und Schwimmen hungrig und durstig geworden, geht zum Imbiss auf der Empore und genießt bei einer Portion Pommes frites, Currywurst, Burger oder gemischtem Salatteller, Cola oder Molkedrink den Blick von oben über das Treiben in der Halle. Ganz hinten, in der ruhigsten Ecke, sitzt Lenelies mit Ulf Stieber beisammen. Sie ist inzwischen vom Startblock gehüpft, hat das Schwimmpensum in Brust- und Rückenlage absolviert und muss nun die Baderegeln aufsagen, die der Schwimmmeister mit viel Einfühlungsvermögen abfragt.
Neben dem breiten Angebotsspektrum, das Aquafit, Baby- und Kinderschwimmkurse sowie eine liebevoll gestaltete Saunalandschaft umfasst, sei auch das freundliche und engagierte Schwimmmeisterteam ein wesentlicher Grund für die Beliebtheit des Freizeitbads, meint Betriebsleiter Jörn Ludwig. Er ist bereits seit 15 Jahren begeisterter „Insulaner“.
Fachangestellte für Bäderbetriebe werden regelmäßig ausgebildet
Besonders stolz ist er darauf, dass trotz der geringen Anzahl von Bewerbern in dieser Branche im Winsener Bad regelmäßig Fachangestellte für Bäderbetriebe ausgebildet werden. Gerade hat ein Azubi seine Lehre beendet, zwei neue haben ihre Ausbildungsverträge bereits unterschrieben und werden im April 2023 in der „Insel“ anfangen. „Die jungen Leute haben ein Praktikum hier gemacht und wir haben uns größte Mühe gegeben, sie ins Boot zu holen“, sagt Jörn Ludwig. „Wir sind einfach ein tolles Team. Ich denke, das hat letztlich überzeugen können.“
Lenelies hat ihre Prüfung bestanden. Alle Schwimmmeister haben gratuliert, Eltern und Schwester sind stolz wie Bolle und Leni, wie sie von der Familie genannt wird, ist selig. Nun kommt der letzte Akt: Das Aufkleben eines Stickers mit ihrem Vornamen auf die große weiße Wand. Unter dem Motto „Hurra, wir haben es geschafft“, pappen dicht gedrängt Abzeichen mit Seepferdchen, bronzefarbenen, silbernen und goldenen Figuren. „Ich könnte doch jetzt mein ‚Gold‘ machen“, sinniert Lenelies‘ ältere Schwester. Die Eltern schauen sich an, schmunzeln über ihre Wasserratten. „Aber nicht mehr heute. Wir kommen ja schon bald wieder.“
Weitere Informationen rund um „Die Insel“ in Winsen:
Öffnungszeiten: Das Freizeitbad „Die Insel“ hat dienstags bis sonntags von 10 bis 20 Uhr geöffnet, die Sauna von 10 bis 21 Uhr. Letzter Einlass für die Sauna ist 19 Uhr. Montags absolvieren hier Schulen ihren Schwimmunterricht. Weil der während der niedersächsischen Schulferien entfällt, sind in der Ferienzeit Bad und Sauna auch montags zugänglich. Zusätzliche Öffnungszeiten für Frühschwimmer: Dienstags, donnerstags und sonnabends von 6.30 Uhr bis 8 Uhr. Achtung: Vom 29. August bis zum 9. September bleibt das Bad für Wartungsarbeiten geschlossen.
Preise: Erwachsene und Jugendliche ab 16 Jahre zahlen für drei Stunden im Freizeitbad 6,60 Euro, für den ganzen Tag 9,50 Euro. Kinder (3 bis 15 Jahre) zahlen 4,40 beziehungsweise 6 Euro, Kinder bis zwei Jahre sind frei. Der Erwerb von Wertkarten bringt je nach Guthaben eine Ersparnis zwischen 5 und 15 Prozent.
Angebote: In der Sauna gelten in der Sommerzeit vergünstigte Preise für Tagestickets. Der Frühschwimmertarif liegt bei 4,30 Euro, Teilnahme an der Wassergymnastik kostet 1,90 Euro. Die offenen Aquafitnesskurse (dienstags, mittwochs und donnerstags 19 bis 19.45 Uhr im Sportbecken) kosten 3,80 Euro. Aquafitness pausiert während der Sommerferien und startet erst wieder zu Schulbeginn. Neue Wassergewöhnung- und Schwimmkurse ab September sind terminiert. Die Daten sind auf der Homepage zu finden und die Kurse etwa eine Woche vor Beginn online zu buchen.
Anfahrt: „Die Insel“, Bürgerweide 5 in Winsen, liegt östlich der Stadtmitte nahe der Osttangente. Das 1999 eröffnete Freizeitbad ist Ziel von Gästen aus Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein. Letztere kommen, sofern passierbar, über die Elbbrücken bei Geesthacht und Lauenburg. Wer mit dem Auto aus Richtung Harburg oder Lüneburg anreist, fährt bei den Ausfahrten Winsen-West oder -Ost von der A 39 ab und umrundet die Stadt links oder rechts herum. Vom Bahnhof Winsen verkehren im 20-Minuten-Rhythmus Busse bis zum ZOB Winsen. Von dort sind es noch zehn Minuten zu Fuß (1,7 Kilometer). Alternative: Linie 4001 bis Goethestraße Nord, von dort zwei Minuten zu Fuß.
Auskünfte gibt es unter Telefon 04171/88 666 und www.freizeitbad-die-insel.de