Stelle. In unserer Serie stellen wir Möglichkeiten für sommerlichen Badespaß vor. Heute haben wir uns das Freibad in Stelle näher angeguckt.

Erst mal den dicken Fisch begrüßen. Henri watet in die Mitte des Babybeckens, pumpt ein paar Mal. Schon speit die bunte Figur einen Strahl, der in einem weiten, glitzerndem Bogen ins blau schimmernde Wasser plätschert. Dieses Becken für die Jüngsten besteht aus Stahl, wie die beiden größeren Schwimmbecken auch. Henri lacht. Er fühlt sich im Freibad wie zu Hause. Seine Familie ist häufig hier, seit sie im vergangen Jahr von Hamburg nach Stelle gezogen ist.

Für Leistungssport ist die Startgemeinschaft Wiste zuständig

Das Freibad liegt mitten im Ort in einer ruhigen Wohnstraße, eine Viertelstunde zu Fuß vom Bahnhof. Direkt vor dem Eingang gibt es etwa ein dutzend Parkplätze, weitere stehen an den benachbarten Grund- und Oberschulen zur Verfügung. Klassen der beiden Schulen kommen zum Schwimmen, die Jugendfeuerwehr macht Ausflüge hierher, die Startgemeinschaft Wiste – die Abkürzung steht für Winsen/Stelle – gibt Schwimmkurse. Und auch die Steller Schwimmmeister sorgen dafür, dass sich Steppkes möglichst früh über Wasser halten können. Henri hat das hier ebenfalls schon gelernt.

Der vierjährige Henri aus Stelle mag den Spritzfisch im Babybecken.
Der vierjährige Henri aus Stelle mag den Spritzfisch im Babybecken. © martina berliner

Jetzt sitzen einige Jungs im Kindergartenalter auf den Stufen zum Nichtschwimmerbecken, dessen Tiefe von 60 Zentimetern bis zu 1,35 Metern reicht. Fröhlich planschend rutschen sie auf Anweisung ihrer Trainerin Stufe für Stufe tiefer, bis ihnen das Wasser bis zum Hals steht. Behutsame Wassergewöhnung gehört zum Anfang der Übungsstunde. Bald paddeln die Kleinen mit Schwimmnudeln durch das Becken. Eltern, die keine Schwimmhilfen dabei haben, können übrigens Schwimmflügel an der Kasse erwerben.

Becken werden seit drei Jahrzehnten fast nur mit Sonnenenergie beheizt

Im tiefsten Teil des Nichtschwimmerbereichs spielt eine Horde Halbwüchsiger Ball. Bald tobt eine ausgelassene Wasserschlacht. Freilich: Noch lieber würden die Jugendlichen rutschen und springen, aber das geht in diesem Jahr in Stelle nicht. Der TÜV hat sowohl an der Rutsche als auch am Einmeterbrett Mängel festgestellt. Beide Geräte sind mit Flatterband abgesperrt – und zwar für die gesamte Saison. Die Gemeinde Stelle, die das Bad betreibt, hatte für die erforderlichen Reparaturen keine Mittel im Haushalt bereitgestellt. So bleiben nur die Startblöcke am 1,80 Meter tiefen Becken für Sprünge ins kühle Nass. An den Seiten verhindern rote Kordeln das Hüpfen vom Rand, sodass Schwimmer in aller Ruhe ihre 25 Meter langen Bahnen ziehen können.

Sprünge sind zurzeit nur vom Startblock erlaubt, weil die Rutsche in dieser Saison gesperrt bleiben muss.
Sprünge sind zurzeit nur vom Startblock erlaubt, weil die Rutsche in dieser Saison gesperrt bleiben muss. © martina berliner

Hecken sorgen dafür, dass der Zugang zum Badebereich zwingend über flache Durchschreitbecken führt. Eines davon ist ohne Stufen angelegt, sodass es auch im Rollstuhl zu durchqueren ist. Einen Lift, um beispielsweise Behinderte ins Wasser und wieder heraus zu heben, gibt es jedoch nicht. Wohl aber finden sich barrierefreie Toiletten und Duschen. Für die warme Dusche braucht man hier Marken im Wert von 50 Cent. Der Beitrag dient weniger der Deckung der Kosten. Vor allem soll er die Verschwendung von Wasser und Energie vermeiden und den Kohlendioxidausstoß minimieren. Denn das Duschwasser wird mit Erdgas erhitzt.

Technische Aufrüstung bzw. Modernisierung ist für 2023 geplant

Die Schwimmbecken dagegen werden bereits seit drei Jahrzehnten nahezu ausschließlich mit Sonnenenergie beheizt. Dazu wurden bereits 1998 Absorbermatten auf dem Dach der benachbarten Grundschule installiert. Nur wenn es extrem kalt und windig ist, reicht die Leistung nicht, um die Wassertemperatur bei etwa 23 Grad zu halten. Und: Der Kohlendioxid-Ausstoß wird jährlich um etwa 52 Tonnen reduziert. Im kommenden Jahr sollen die Matten erneuert werden, um technisch auf dem neuesten Stand zu sein, die CO2-Bilanz zu optimieren und einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

So modern das Bad technisch auch ist – manches andere ist in die Jahre gekommen oder fehlt ganz. So ist die Liegewiese mit Büschen, Hecken und einigen Bäumen zwar groß und schön, bietet auch sonnige und schattige Bereiche. Aber bis auf eine Tischtennisplatte und eine Slackline zum Balancieren gibt es keinerlei Spiel- und Sportgeräte. Das Volleyballnetz sei dauerhaft abgebaut, weil sowieso niemand auf dem abschüssigen Rasengelände spielen wolle, heißt es. Immerhin: Sonnenanbeter können für kleines Geld Liegen mieten.

In einer Bücherkabine können sich Badegäste Literatur ausliehen

Der Umkleidebereich ist altmodisch, aber funktional. Wertschließfächer sogen dafür, dass nichts abhanden kommt. Es gibt einen Wickelraum. Männer und Frauen haben die Wahl zwischen Sammelumkleiden und Einzelkabinen. Eine ist von ganz besonderer Art: Die Bücherkabine. Wer die Tür öffnet, sieht sich nicht etwa Kleiderhaken und Bank, sondern Bücherregalen gegenüber. Jeder darf sich hier mit Lektüre bedienen: Ob Krimi, Liebesroman, Frauenzeitschrift oder Bilderbuch. Bestückt wird die Kabine hauptsächlich von der örtlichen Bücherei. Aber auch die Gäste nutzen sie als Tauschbörse, entnehmen Bücher und stellen andere dafür ein.

Agata (l.) und Monika Majchrzak verkaufen am Kiosk nicht nur Pommes Frites.
Agata (l.) und Monika Majchrzak verkaufen am Kiosk nicht nur Pommes Frites. © martina berliner

Es gibt einen Imbiss, der Snacks von Pommes über Bratwurst, Hamburger, Schnitzel bis hin zu Seelachsfilet und Fischbrötchen anbietet. Getränke und Eis gibt es auch, versteht sich. Wer seine Stärkung oder Erfrischung unter einem der Sonnenschirme vor dem Verkaufstresen einnimmt, genießt einen weiten Blick über die Badelandschaft.

Meister für Bäderbetriebe – kompetentes und freundliches Personal

Der größte Luxus des Steller Freibades besteht aber in ausreichend gutem Personal. Es gibt einen Mann und eine Frau in der Betriebsleitung und Aufsicht, gleichermaßen fachkundig und enorm engagiert. Ivan Kecman und Ute Kuttner sind beide Meister für Bäderbetriebe. Das bedeutet für die Gemeinde vergleichsweise hohe Personalkosten. Es bedeutet aber auch geballte Kompetenz, um die komplexe Technik und die große Verantwortung jederzeit beherrschen beziehungsweise tragen zu können. Und es bedeutet die sichere Gewährleistung des Bäderbetriebs. „Mein Vorgänger war allein hier. Wenn er mal krank war, musste das Bad geschlossen bleiben. Solchen Stress will sich die Gemeinde nicht mehr antun, deswegen sind wir zu zweit“, erklärt Ivan Kecman, der seit vier Jahren in Stelle arbeitet.

Zwei passionierte Meister für Bäderbetriebe: Ute Kuttner (l.) und Ivan Kecman lieben ihre Arbeit im Steller Freibad.
Zwei passionierte Meister für Bäderbetriebe: Ute Kuttner (l.) und Ivan Kecman lieben ihre Arbeit im Steller Freibad. © martina berliner

Trotz vergleichsweise hoher Unterhaltungskosten sind die Eintrittspreise niedrig und werden es auch weiterhin bleiben. „Das ist gewissermaßen unser Beitrag zur Entlastung der Bürger in der Krise“, sagt Kecman. Das Wort „unser“ ist häufig aus Kecmans und auch Kuttners Mund zu hören. Sie identifizieren sich mit der Gemeinde und mit der Freizeitanlage. „Das ist unser Bad“, betonen beide und es ist herauszuhören, dass das Freibad für sie mehr ist als ein angenehmer Arbeitsplatz. Es ist auch ein Stück Zuhause.

Einige Stammgäste kommen sogar regelmäßig aus Hamburg

Jeden Stammgast kennen sie persönlich. Und die allermeisten Besucher sind Stammgäste. Sie kommen überwiegend aus Stelle und Umgebung, aber teilweise auch aus Hamburg. Selbst bei schlechtem Wetter sei auf sie Verlass. „Nach ihrem Erscheinen kann man beinahe die Uhr stellen“, schmunzelt Ivan Kecman.

Die Schwimmmeister sind dankbar für die Treue des Publikums. Und die Badegäste genießen ihre beiden gut gelaunten, freundlichen und aufmerksamen Badhüter. Auch Henris Vater schätzt die ruhige, familiäre Atmosphäre und das nette Personal. Henry mag die Schwimmmeisterin ebenfalls sehr. Bevor er selbstbewusst und zielstrebig in Richtung Nichtschwimmerbecken marschiert, schenkt er Ute Kuttner noch ein strahlendes Lächeln.

Info: Bis in den September geöffnet

Die Freibadsaison in Stelle dauert bis September. Wann genau geschlossen wird, ist vom Wetter abhängig. Bis zum 31. August ist das Freibad montags und freitags von 10 bis 20 Uhr, dienstags, mittwochs und donnerstags von 7 bis 20 Uhr sowie sonnabends und sonntags von 10 bis 19 Uhr geöffnet. An den Werktagen im September ist eine Stunde früher Schluss. Die Gemeinde Stelle weist darauf hin, dass das Freibad aufgrund der Witterungsverhältnisse oder wegen Veranstaltungen abweichend geöffnet oder geschlossen werden kann.

Eintritt: Das Tagesticket für Erwachsene kostet 3 Euro. Kinder bis einschließlich sieben Jahre sind frei. Kinder zwischen acht und 18 Jahren zahlen 1,20 Euro. Noch günstiger sind Zehnerkarten oder der Eintritt für Gruppen ab zehn Personen. Saisonkarten sind ganz besonders preiswert.

Anreise: Das Bad ist mit dem Auto und öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen. Vom Bahnhof Stelle (Metronom Richtung Lüneburg bzw. Schienenersatzverkehr) läuft man etwa eine Viertelstunde zu Fuß. Auskünfte bei den Schwimmmeistern, Telefon 04174/55 55, oder im Internet unter www.gemeinde-stelle.de.