Landkreis Harburg. Die Preise steigen – aber noch nicht so stark wie die für Gas. Der Markt ist schon jetzt fast leer gefegt. Was das für die Zukunft heißt.

Wer aktuell im Landkreis Harburg Brennholz erwerben möchte, hat einen kleinen Marathonlauf vor sich und muss trotzdem damit rechnen, mit leeren Händen nach Hause zurückzukehren. Den Holzhändlern geht nämlich das Brennholz aus – wenn nicht schon längst alle Vorräte aufgebraucht sind, wie etwa in Hames Hofladen auf dem Hof Eggers in Winsen.

„Wir haben nichts mehr, das Holz ist seit gut einem Monat ausverkauft“, sagt Sören Eggers. So viele Anfragen wie aktuell habe er noch nie erhalten, schon gar nicht zu dieser Jahreszeit. Bis zu vier Leute täglich würden bei ihm anrufen. In anderen Jahren habe er bis spätestens April Brennholz verkauft und dann wieder im Herbst, nie aber im Juli.

Energiekrise: Die meisten Händler können sich vor Kaufinteressenten kaum retten

So wie Eggers geht es aktuell vielen Brennholzanbietern im Landkreis: Sie können sich vor lauter Kaufinteressenten kaum retten. Dabei steigen die Preise. Einige Händler wollen nicht, dass über sie berichtet wird. Auch um nicht noch weitere Kunden anzulocken, die sie dann letztlich enttäuschen müssen.

Der Winsener Händler Eggers erhält erst im September wieder neues Holz von den Förstern der Umgebung. Maximal 50 Kilometer legt er für die drei Meter langen Stämme zurück, die er erhält. Für einen Schüttraummeter – das seien ungefähr 0,7 Kubikmeter Holz – werde er im Herbst voraussichtlich 100 bis 150 Euro nehmen. Buchenholz und gemischte Laubhölzer seien etwas günstiger. Bei ihm läge die Preissteigerung dann zwischen 30 und 40 Prozent, während sich der Preis von Gas mehr als verdoppeln soll, so Eggers: „Da ist Holz natürlich interessant, das versteht sich.“

Nachfrage hat in ganz Niedersachsen deutlich zugenommen

Die Nachfrage nach Brennholz habe im gesamten Bundesland deutlich zugenommen, bestätigt Mathias Aßmann, Pressesprecher der Niedersächsischen Landesforsten, die rund ein Drittel des Waldes im Land bewirtschaften. Die Gründe lägen auf der Hand: „Einmal befürchtet man, dass die Energiepreise noch weiter steigen, andererseits, dass die Versorgungssicherheit sogar gefährdet werden könnte.“ Gerade in Ballungszentren wie Hamburg oder Hannover habe die Nachfrage wesentlich eher eingesetzt als sonst.

Die Landesforsten verkaufen ihr Holz sowohl an Händler, die das Holz für den Weiterverkauf aufbereiten, als auch – und das vor allem im ländlichen Raum – an Endverbraucher, die sich das frische Holz im Wald abholen. Rund ein Jahr muss das Holz getrocknet werden. Es könne sein, dass die Nachfrage regional höher ist als das, was die Landesforsten an Brennholz anbieten können, so Aßmann: „Die Grenzen sind uns durch das, was der Wald bietet, vorgegeben. Die können wir nicht überschreiten.“ Der Sprecher rät vom Hamstern ab und richtet einen Appell an die Endverbraucher, nicht mehr Brennholz zu kaufen als benötigt werde.

Ein Schüttraummeter kann bis zu 200 Euro kosten

Bei einem Holzhändler aus dem Landkreis stünden die Holzsuchenden schon morgens um 8 Uhr Schlange, den Tag über erhalte er hunderte Anrufe. „Das ist belastend“, sagt der Mann, der anonym bleiben möchte. Er hat nur noch Restbestände, die er an Stammkunden verkauft, ein Schüttraummeter kostet 200 Euro. Er vermutet tiefe Angst gerade bei älteren Mitbürgern, dass sie im Winter wieder frieren müssten. Sein Holz bezieht er seit 15 Jahren aus Mecklenburg-Vorpommern, seit Februar sei es knapp. „Wir harren der Dinge“, sagt er, „dann machen wir halt länger Urlaub.“

Ferdi Rick, der in Marschacht Brennholz verkauft, hat aktuell nur frisches Holz im Angebot. Ein halbes Jahr müsse dieses noch trocknen. 140 Euro kostet ein Schüttraummeter, 25 Euro nimmt er für die Anfahrt. Das Holz kommt aus Lüneburg von der Firma Bockelmann. 15 Kundenanfragen pro Tag erhalte er im Moment, das sei nicht normal. Seitdem Putin am Rad drehe, wie er sagt, sei das Interesse ungebrochen. „Die Leute haben wohl Angst, dass sie nichts mehr kriegen.“ Selbst im Bauhaus-Baumarkt in der Schlachthofstraße in Harburg ist das Brennholz ausverkauft, nur Pellets seien noch erhältlich, verrät ein Mitarbeiter.

Landwirtschaftskammer empfiehlt sogenannte Kaskadennutzung

Aber wie ist die große Holznachfrage zu bewerten? „Wir empfehlen eine Kaskadennutzung von Holz“, sagt Rudolf Alteheld, Leiter des Geschäftsbereichs Forstwirtschaft bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Heißt: Hölzer sollten zunächst stofflich genutzt werden. „Wenn der Dachstuhl möglicherweise in 50 Jahren anfängt zu wackeln, aber nicht imprägniert ist, machen wir noch eine Spanplatte daraus und wenn der Schrank nach 20 Jahren dann mürbe wird, bringen wir ihn in eine professionelle Holzverbrennung und produzieren Strom oder Wärme.“ So könne man die CO2-Bindung so lange wie möglich aufrechterhalten, was dem Klima diene. Allerdings müsse auch Holz immer verarbeitet und transportiert werden, sei also niemals ganz klimaneutral, wie oft behauptet werde.

Alteheld warnt vor allem vor dem zu frühen Abbrennen von Holz. Ist das Holz noch zu feucht, werden weitaus mehr Schadstoffe freigesetzt als bei trockenem. Es sei aber nicht so, dass es kein Holz mehr gebe, sagt Alteheld. Kalamitäten, ausgelöst durch Stürme, Hitze und Borkenkäferbefall, würden auch aktuell dafür sorgen, dass es schadhaftes Holz gibt, dass nicht mehr für die stoffliche Verwendung geeignet ist, wohl aber für die thermische Verwendung in Form von Hackschnitzeln und Holzpellets. „Davon gibt es in den nächsten Monaten immer wieder reichlich, da bin ich sicher“, sagt Alteheld. Auch in Sägewerken werde ständig Restholz zu Pellets verarbeitet.

Energiekrise: Preissteigerungen wundern den Experten nicht

Normalerweise regelt die Nachfrage nach Bauholz auch die Verfügbarkeit von Brennholz. Wenn ein Stamm für die stoffliche Verwendung geschlagen wird, wird die Baumkrone oft zu Brennholz weiterverarbeitet. Über die Preissteigerung ärgert sich Alteheld nicht. „Wir haben in den vergangenen 20 Jahren allein an Schadholz 20 Millionen Festmeter gehabt.“ Aber die hätten für die Waldbesitzer nicht kostendeckend vermarktet werden können. Deswegen blickt Alteheld mit gemischten Gefühlen auf die aktuelle Situation. „Ich sehe die Risiken, aber ich freue mich, dass der Markt doch etwas stabilisiert wird.“ Nach der Krise bezüglich der Holzpreise, die nach dem Sturm Friederike 2018 begann, gab es von 2021 an einen Aufschwung.

In Altehelds Augen müsse man sich nun gewisse Fragen stellen: Wie viel Wildnis wollen wir uns leisten, in der wir kein Holz nutzen? Und auch: Wie viele Blühstreifen können wir uns leisten, auf denen wir keinen Weizen produzieren? Um die natürlichen Ressourcen, die land- und forstwirtschaftlichen Ressourcen, werde man sich in Zukunft noch mehr Gedanken machen müssen.