Winsen. Die Spargelbauern in der Region spüren die Auswirkungen der Inflation – und müssen gleichzeitig mit höheren Kosten leben.

Die jährliche Spargelsaison wird von vielen Menschen herbeigesehnt. Nur für wenige Wochen im Frühjahr wächst das weiße Gemüse auf den Feldern in Niedersachsen. Spargel ist etwas Besonderes, was sich auch an einem Kilopreis zeigt, der derzeit für Erste-Wahl-Ware bei etwa 12 bis 13 Euro liegt. Momentan überlegen sich jedoch auch viele Spargelfans einmal mehr, ob und wie oft sie sich diesen Genuss leisten können. Das wirkt sich auf den Absatz der Spargelhöfe in der Region aus, die bis zu 20 Prozent weniger als im Vorjahr verkauft haben.

„Die Kunden waren ein bisschen verhaltener als in den vergangenen zwei Jahren“, sagt Rita Oelkers vom Hof Oelkers in Wenzendorf. Der Familienbetrieb ist einer der größten Spargelverkäufer im Landkreis Harburg. Zwar konnte die gesamte Ernte bisher auch verkauft werden, doch die Zurückhaltung im Direktverkauf war spürbar.

Inflation: Spargel wird seltener gekauft – trotz stabiler Preise

„Wir merken, dass die Leute sich überlegen, ob sie vielleicht einmal weniger Spargel essen. Es ist eben ein edles Gemüse. Und bei allen sitzt das Geld im Moment ein bisschen fester.“ Dabei seien die Preise für die Spargelstangen im Vergleich zu den Vorjahren stabil geblieben. Es sind offenbar vielmehr die allgemein steigenden Kosten für Lebenshaltung und insbesondere Lebensmittel, die die Kauflust der Spargelkunden etwas bremsen.

So betrug die Inflationsrate im Mai 7,9 Prozent – der höchste Stand seit fast 50 Jahren. Noch deutlicher als beim Spargel seien die Auswirkungen in der Dekoabteilung ihres Hofladens zu spüren, sagt Rita Oelkers. „Zu Beginn der Corona-Pandemie haben sich die Leute noch was gegönnt und es sich Zuhause schön gemacht. Daran wird jetzt gespart.“ Die beiden zurückliegenden Spargeljahre waren zudem sehr gute: Viele Menschen gaben ihr Geld statt für Reisen für gutes Essen aus.

Spargelbauer Heiko Schröder aus Vahrendorf hat einen Teil der Anbauflächen aus der Produktion genommen. Die Ernte wurde  gestoppt.
Spargelbauer Heiko Schröder aus Vahrendorf hat einen Teil der Anbauflächen aus der Produktion genommen. Die Ernte wurde gestoppt. © HA | Unbekannt

In diesem Jahr hielten die Verbraucher ihr Geld zurück, sagt auch Heiko Schröder vom Spargelhof Schröder in Vahrendorf. Um 20 bis 25 Prozent sei der Absatz in der Direktvermarktung zurückgegangen und auch die Gastronomie nehme geringere Mengen ab als üblich. Hauptgrund für diese Zurückhaltung ist nach Schröders Ansicht die politische Situation. Der Krieg in der Ukraine und die damit verbundene Teuerung verunsichere die Menschen. So würden einige Kunden im Hofladen für ihren regelmäßigen Einkauf statt 40 Euro wie vor einigen Wochen eher 60 Euro zahlen, sagt Schröder. Er hat Verständnis für die Kunden. „Sie wissen nicht, was noch alles auf sie zukommen wird und halten sich zurück. Spargel braucht man ja nicht unbedingt.“

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Der Spargelbauer hat deshalb bereits einen Teil seiner Anbauflächen aus der Produktion genommen, wie er sagt. Die Ernte wurde dort etwas früher gestoppt, die mehrjährigen Spargelpflanzen verbleiben auf dem Feld, um das Wachstum für das kommende Jahr anzuregen. „Wenn der Abverkauf nicht so gut läuft, wie erwartet, müssen wir eine Überproduktion vermeiden“, begründet er diesen Schritt. „Die Alternativen wären Wegwerfen oder zum Ramschpreis verkaufen. Aber der Ertrag fehlt natürlich.“

Zu der geringeren Nachfrage kommen höhere Produktionskosten

Auf dem Hof Löscher in Winsen wurden bisher alle geplanten Mengen geerntet und in der Region verkauft. Vor allem zu Beginn der Saison seien die Kunden jedoch zurückhaltend gewesen, sagt Geschäftsführer Felix Löscher. Das liegt seiner Meinung nach nicht am Preis, der sei nicht höher als in vergangenen Jahren. „Aber jeder muss zurzeit gucken, wie er mit seinem Geld zurecht kommt. Das merken wir an den Verkaufsständen.“ Auch in den Supermärkten, die auf viele Angebote gesetzt hätten, sei der Druck in diesem Jahr zu spüren gewesen, sagt Löscher, der auch Spargel an den Einzelhandel verkauft. „Wir sind aber gut zurecht gekommen.“

Zu der geringeren Nachfrage kommen höhere Kosten für die Produktion. Denn nicht nur die Kunden, auch die Spargelbauern selbst haben mit steigenden Preisen zu kämpfen. Diesel, Verpackungen, Löhne – all dies werde immer teurer, so der Winsener Spargelbauer.

Inflation ist nicht das einzige Problem der Spargelbauern

Auch Peter Strampe vom gleichnamigen Hof in Neetze, macht sich Sorgen wegen der steigenden Kosten, vor allem für das Personal. Hinzu kommt ein verschärfter Wettbewerb mit Angeboten aus dem Ausland. Er erwartet, dass die Discounter künftig nur noch Spargel aus Griechenland oder Spanien verkaufen. Eine ähnliche Entwicklung gebe es bei Heidelbeeren, einem weiteren Standbein des landwirtschaftlichen Betriebs. Diese kämen vermehrt aus Polen. In diesen Ländern ist der Mindestlohn deutlich geringer als in Deutschland, wo er vom 1. Juli an 10,45 Euro pro Stunde beträgt und im Herbst auf zwölf Euro steigen soll. Bei seinen Spargellieferungen an Supermärkte setzt Strampe auf langjährige Verkaufsbeziehungen. „Wir sind ganz gut aufgestellt und deshalb verhalten optimistisch.“

Im Direktverkauf hat man auf dem Spargelhof Strampe ebenfalls einen Rückgang bemerkt. Die Lage sei zwar nicht so dramatisch wie anderswo, sagt der Betriebsleiter. Doch immer mehr Menschen müssten genauer aufs Geld gucken. „Die Kunden sind um einiges zurückhaltender als in den vergangenen Jahren. Viele sind verängstigt und werden ein bisschen sparsamer.“

Die Erdbeersaison:

  • Die Spargelernte ist für die meisten Höfe um den 24. Juni abgeschlossen, einige verkaufen die Stangen auch noch bis Ende des Monats oder darüber hinaus. Die Erdbeersaison dauert länger, jetzt haben zudem mehrere Felder für Selbstpflücker in der Region geöffnet. Dort sind die Früchte etwas günstiger als am Stand.
  • Die Erdbeerfelderfür Selbstpflücker sind zu unterschiedlichen Zeiten zugänglich, aktuelle Infos gibt es in der Regel auf den Internetseiten der Höfe. Der Hof Löscher öffnet Felder in Eißendorf, Meckelfeld, Klecken und Winsen. Ein Kilo kostet 4,90 Euro. Die Früchte seien dieses Jahr besonders schön, sagt Felix Löscher. „Es war nicht zu heiß, die Erdbeeren hatten keinen Hitzestress und genügend Wasser.“
  • Selbstpflücken ist auch beim Spargelhof Strampe möglich. Vom Hofladen (Lüneburger Landstraße 1) in Neetze weisen Schilder den Weg.