Lüneburg. Weniger Büros, mehr Veranstaltungsfläche: Für 25 Millionen. Euro wird hinter alter Fassade ein moderner Anbau errichtet.
Das markante IHK-Gebäude im Lüneburger Stadtzentrum soll hinter seiner denkmalgeschützten Fassade von 1548 einen modernen Anbau erhalten. Ziel ist es, am bisherigen Standort ein multifunktionales Veranstaltungszentrum sowie ein modernes Bürogebäude zu schaffen. Das hat die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Lüneburg-Wolfsburg beschlossen. Die Gebäudeteile aus dem 20. Jahrhundert, die nicht unter Denkmalschutz stehen, werden dafür abgerissen. Für den Neubau zwischen Grapengießerstraße und Heiligengeiststraße, der nach drei Jahren Bauzeit Anfang 2026 fertiggestellt sein soll, rechnet die Kammer mit Kosten in Höhe von 25 Millionen Euro.
Mit dem Umbau stellt sich die IHK auf eine Arbeitswelt im Wandel ein. Die Nutzfläche wird um etwa ein Drittel auf 6000 Quadratmeter vergrößert. Es sind jedoch nur noch für 80 Prozent der derzeit 108 Mitarbeiter Arbeitsplätze vorgesehen. Der Rest arbeitet im Home-Office. In erster Linie werden durch die Erweiterung neue Räume für Veranstaltungen für bis zu 400 Personen geschaffen, ein Teil der Fläche soll vermietet werden. In Zukunft bietet das Gebäude deutlich mehr Raum für Begegnungen, Team- und Projektarbeit sowie Kreativität. Eine Rolle spielt dabei auch das New-Work-Konzept, eine Arbeitsgruppe befasst sich derzeit mit Fragen einer modernen Zusammenarbeit sowie einer passenden Einrichtung und Nutzung.
Neubau ist als sogenanntes Low-Tech-Gebäude mit möglichst wenig Technik geplant
Um barrierefreie Begegnungen zu erleichtern, sieht das Baukonzept auch eine neue Verbindung vor: Das bisher V-förmige Gebäude wird im hinteren Bereich zu einem Dreieck geschlossen, so dass künftig ein Rundlauf möglich ist. Im Innenhof entsteht eine überdachte Veranstaltungsfläche, oberhalb des Erdgeschosses lässt ein offener Hof Licht und Luft in die Büro- und Seminarräume. Die natürliche Belüftung ist ausdrücklich gewünscht, der Neubau ist als sogenanntes Low-Tech-Gebäude mit möglichst wenig Technik geplant und soll zudem klimaneutral gestaltet werden.
Eine Glasfassade ist als Verbindung zur Heiligengeiststraße mit ihren Gastronomiebetrieben vorgesehen. Der moderne Anbau ersetzt die bisherigen Erweiterungsbauten aus den 1970er-Jahren, auch das Logier-Haus von 1914 wird abgerissen. Die fast 500 Jahre alten Kopfbauten am zentralen Platz Am Sande werden an den Neubau angebunden. Der Entwurf stammt vom Hamburger Architektenbüro Andreas Heller Architects & Designer.
Gastronomen im Umfeld betrachten die Pläne mit Sorge
Bereits seit zehn Jahren wurde nach einem geeigneten Standort für einen Neubau gesucht. Auch eine reine Sanierung wurde erwogen, jedoch als unwirtschaftlich wieder verworfen. Die jetzige Lösung ist umstritten. Gastronomen aus den umliegenden Restaurants und Cafés, die zwei Jahre Corona-Einschränkungen hinter sich haben, sorgen sich wegen der bevorstehenden Bauarbeiten und ausbleibender Besuche von Mitarbeitern und Gästen der IHK. Auch die hohen Kosten stehen in der Kritik. Wenn der anhaltende Krieg in der Ukraine sich deutlich auf die regionale Wirtschaft auswirkt, könnte auch die Zustimmung der Kammermitglieder für den Millionenbau sinken.
Bei der IHK versucht man, kritischen Stimmen mit Information und Transparenz zu begegnen. „Uns ist diese Herausforderung durchaus bewusst und wir wissen, dass wir einiges von unseren Nachbarn erwarten“, sagt IHK-Präsident Andreas Kirschenmann im hauseigenen Magazin „Unsere Wirtschaft“. Auch mit dem Denkmalschutz der Stadt sei man in engem Kontakt. Auf einer eigens eingerichteten Internetseite wird über den jeweils aktuellen Planungsstand berichtet und eine Liste von Fragen beantwortet – von Gründen für den Neubau und den ausgewählten Standort, über mögliche Kostensteigerungen und Finanzierungsformen bis hin zu Möglichkeiten einer nachhaltigen Energieversorgung. Zudem gibt es mit Alexander Diez einen Ansprechpartner für Fragen rund um den entstehenden Bau.
Signal an die durch Corona leidgeprüfte Lüneburger Innenstadt
„Diese Investition ist natürlich auch ein Signal an die durch Corona leidgeprüfte Lüneburger Innenstadt“, so Kirschenmann. Er ist überzeugt, dass der Neubau in Zukunft zusätzliche Besucher in die Stadt locken wird. „Die neue IHK Lüneburg-Wolfsburg soll der Heimathafen für die regionale Wirtschaft werden, ein Treffpunkt für Mitglieder, Mitarbeiter, Nachbarn und Kooperationspartner.“
Von den 25 Millionen Euro, die die IHK für das Großprojekt veranschlagt, stehen neun Millionen Euro als Eigenmittel zur Verfügung. Der Rest wird über Kredite mit einer Laufzeit von 30 Jahren finanziert. Auch Mieterträge sind im Finanzierungsplan eingerechnet. Eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge soll es nicht geben. Seit Beginn der Planungen 2012 sind nach Angaben der IHK rund 200.000 Euro unter anderem für Beratung ausgegeben worden. Ende dieses Jahres ziehen die Mitarbeiter aus dem Stammsitz in ein Ausweichquartier in der früheren Fachhochschule Volgershall. Anschließend beginnen die Bauarbeiten, die Umbauphase soll nach etwa drei Jahren abgeschlossen sein.