Landkreis Harburg. Innovationskraft in der Corona-Krise: Das Abendblatt stellt mit dem „Unternehmergeist“-Preis geehrte Firmen vor. Heute: „Leonhardt Korn“

Geplant war das Ganze als Hobby. Als Geschenk für Freunde und Familie. Ein Unternehmen? Sollte aus der Idee der zwei Freunde nie werden. Tja. Der Plan ging schief. Zwei Jahre nach dem ersten Versuch ist eine GmbH im Handelsregister eingetragen, und die Absatzzahlen gehen mit schöner Regelmäßigkeit in die Höhe – der Pandemie zum Trotz. An die 25.000 Flaschen „Leonhardt“ sind mittlerweile verkauft.

Pascal Dürmeyer und Christopher Brandt verbrachte die Jugend auf dem Dorf

Kennen gelernt haben sich Pascal Dürmeyer und Christopher Brandt als Jugendliche: Gemeinsam verbrachten sie ihre Jugend auf dem Dorf. „Natürlich inklusive Fanta-Korn“, sagt Pascal Dürmeyer und lacht. Nach dem Abitur trennten sich die Wege, es zog beide erst einmal in die großen Städte – bis sie, unabhängig voneinander, zurückkehrten in ihre Heimat auf dem Land: Pascal zog mit seiner jungen Familie nach Nenndorf, Kumpel Chrissi kaufte ein Grundstück in Wulfsen.

Und dann passierte, was passieren musste: Sie feierten zusammen in den Mai. Wie früher. Nur eben als Erwachsene. Und sie bestellten, in verklärter Erinnerung an die gemeinsame Jugend, Fanta-Korn. „Es war grauenhaft“, erzählt Dürmeyer. „Und gleichzeitig der Grund, warum es Leonhardt Korn gibt.“ Denn die Mische aus abgestandener Limo, einem vom Spülen noch warmem Glas und billigem Schnaps war mit Mitte 30 schlicht nicht zu ertragen.

Tanz in den Mai 2019 als Ausgangspunkt der Erfolgsgeschichte

Doch es gab noch etwas, das bei diesem Tanz in den Mai 2019 anders war als damals: Die beiden Freunde konnten nicht einfach nur Sprüche klopfen wie: „Das könnten wir besser.“ Sondern sie konnten es tatsächlich besser. Denn Chrissi war inzwischen Doktor der Verfahrenstechnik. „An jenem Abend beschlossen wir: Das ändern wir“, erzählt Pascal Dürmeyer. „Und dann haben wir das wirklich gemacht. Total verboten zu Hause im Keller ausprobiert und ausprobiert.“ Und nach etlichen scheußlichen Schlucken war sie da, die Probe, „so mild und weich, dass wir dachten: Das ist es.“

as Gründerteam Dr. Christopher Brandt (l.) und Pascal Dürmeyer
as Gründerteam Dr. Christopher Brandt (l.) und Pascal Dürmeyer © Matthias Axmann

Auf der Suche nach einer angemessenen Flasche, stieß Pascal Dürmeyer auf ein Modell, dessen Mindestabnahmemenge die eigentliche Intention des Duos um einiges verfehlte: Produzieren wollten die beiden ihren selbst gebrannten Korn nur für die Familie und Freunde. Bestellen mussten sie von dem auserwählten Modell allerdings exakt 1183 Stück.

Die ersten 1183 Flaschen wurden unters Carport geliefert

„Der erste Fehler war, die Bestellung unter den Carport liefern zu lassen“, erzählt Pascal Dürmeyer. „Wir hatten keinerlei Vorstellung davon, was mehr als 1000 Flaschen eigentlich bedeuten. Wir hatten ja noch nicht einmal eine Ameise, um die Paletten zu bewegen.“

Doch es sollte alles schick sein, einen besonderen Namen tragen und ein edles Etikett – Dürmeyer kommt schließlich aus der Werbebranche, hat Medienwirtschaft studiert und führt eine Marketing-Agentur. So langsam dämmerte den beiden, dass es nun an der Zeit sei, die Seiten zu wechseln. Aus der Illegalität in die Professionalität.

Name in Anlehnung an ein Wappen mit Löwe, Herz und Schlüssel

Eine Hommage an ihre Heimat, den Landkreis Harburg, sollte ihr Korn werden. Auf der Suche nach Name und Logo stießen sie auf das Wappen mit Löwe, Herz und Schlüssel. Sie entschieden sich für den Löwen als Logo, abgezeichnet von einem Foto, und den Titel „Leonhardt“. Es sollte eben weniger schmalzig klingen als Löwenherz. Sie gründeten eine Unternehmergesellschaft und mieteten sich für die Abfüllung ihrer ersten Charge in eine kleine Brennerei in Harburg ein. Neun Mal fuhren sie mit einem Kofferraum voller Flaschen hin und wieder zurück, füllten 1183 Flaschen per Hand ab. Und niemand wusste davon, außer ihren Ehefrauen.

Sechs Wochen nach dem Start schon ausverkauft

Da ihr Freundes- und Familienkreis aus weniger als 1000 Menschen besteht, entschieden sie sich, ihren Korn nicht nur zu verschenken, sondern auch zu verkaufen. Am 3. Oktober 2019, fünf Monate nach der Schnapsidee vom Maitanz, stellten sie ihr Produkt vor – ausschließlich auf der digitalen Plattform „Instagram“. Auch einen Onlineshop hatten sie vorher noch schnell programmiert.

Pascal Dürmeyer bei der Abfüllung.
Pascal Dürmeyer bei der Abfüllung. © Matthias Axmann

„Sechs Wochen später waren wir ausverkauft“, sagt Dürmeyer, und seine Stimme klingt, als würde er mit dem Kopf schütteln, während er das erzählt. Was er häufig erlebt, ist: Jemand bestellt beim ersten Mal eine Flasche – und beim zweiten Mal gleich sechs. Beim Preis von 24,90 Euro für 500 Milliliter sei „Leonhardt“ ein typisches Geschenk, vor allem für Menschen aus der Region. „Es ist zunächst kein Produkt, das man für den Eigenbedarf kauft“, sagt der Marketingfachmann. Oft verschenke jemand eine Flasche, probiere ihn mit dem Beschenkten und gönne sich anschließend dann doch selbst eine.

Eine GmbH gründete das dynamische Duo Anfang des Jahres 2020

Weil die erste Produktion so schnell weg war, gründete das Duo Anfang 2020 eine GmbH – und Dürmeyer beschloss, sich erst einmal voll auf den Korn zu konzentrieren. Seine Agentur-Kunden vertröstete er bis auf weiteres: Aufträge könne er in nächster Zeit erstmal nicht annehmen.

Dann kam Lockdown 1 – und nahezu sämtliche Anlässe, Korn zu mixen und zu trinken, fielen weg. Den Sommer 2020 verbrachte der frisch gebackene Geschäftsführer damit, sämtliche Bestellungen mit dem privaten Pkw auszuliefern, um Versandkosten zu sparen. Und trotz aller Widrigkeiten gingen die Verkaufszahlen nur einen Weg: nach oben.

Tipps für Longdrinks, neue Produkte, Sympathieträger: „Leonhardt“ wuchs, und das mitten in der Pandemie. Die GmbH mietete Lagerräume an, stellte Anfang 2021 sogar einen Mitarbeiter ein, Max Krause (24) aus Iddensen. Denn Christopher Brandt blieb seiner Anstellung treu und fungiert ausschließlich als Gesellschafter.

In der Corona-Pandemie unterstützen sie Musiker und Bands

Um Musiker und Bands in der Krise zu unterstützen, veranstaltete „Leonhardt“ 2021 sogenannte Lager-Gigs: Konzerte zwischen den Kornkisten, gefilmt und geschnitten auf den Kanälen „Instagram“ und „Youtube“ zu sehen.

Was jetzt noch kommen soll? Das ist ein echter Ort. In Eckel, Gemeinde Rosengarten, baut die GmbH gerade den Kuhstall eines Bauernhofs um, mit Tanks und endlich einer eigenen Destille. „Wir wollen dort Veranstaltungen anbieten“, erzählt Dürmeyer. „Wir rechnen damit, dass das im Sommer möglich sein wird.“ Auch in Sachen Vertriebsstellen ist noch Luft nach oben: Rund 60 Händler bieten „Leonhardt“ zurzeit an, in den Landkreisen Harburg und Lüneburg.

„Korn ist der bessere Wodka“, damit wirbt „Leonhardt“ auf seiner Internetseite. Und wer noch keine Idee hat, womit Korn anstelle von Fanta zu mixen ist, dem sei ein Besuch auf der Homepage empfohlen.