Rosengarten. Ausstellung im Freilichtmuseum am Kiekeberg möchte Besuchern die Themen Küche und Kochen schmackhaft machen. Das gibt es zu sehen

Haben Sie sich schon mal gefragt, was es heißt, „einen Zahn zuzulegen“. Welche Rolle eigentlich der heimische Herd im Leben eines jeden einnimmt? Und warum wir so gern in der Küche sitzen? Antworten darauf gibt es jetzt im Freilichtmuseum am Kiekeberg. Dort ist die neue Sonderausstellung „Herdanziehungskraft. Küche und Kochen“ eröffnet worden, bei der sich alles um den Ort dreht, der Mittelpunkt des Miteinanders ist.

Gekocht wurde schließlich schon in der Steinzeit. Damals brutzelten die Menschen allerdings noch am Feuer vor der Höhle ihre Jagdbeute. In der Zukunft kochen wir vielleicht gar nicht mehr selbst, sondern überlassen das Schmoren, Braten und Dämpfen Robotern. Die Zubereitung von Speisen – und damit auch die Küche wandelt sich stetig.

Wie sich die Küche über die Jahrhunderte entwickelt hat

Diese Zeitreise durch die Geschichte des Kochens und der Küche hat Kiekeberg-Kuratorin Anne Herrgesell in Szene gesetzt. „Die Ausstellung erzählt das Thema ‚Küche‘ und wie sich dieser Raum über die Jahrhunderte entwickelt hat“, erklärt Herrgesell. „Viele Besucher werden hier die eine oder andere Sache wiederentdecken, die sie durchs Leben begleitet hat.“

Der Rundgang startet mit dem Feuer und der offenen Feuerstelle, auf der die Speisen im Kessel zubereitet wurden. „Zur Ausrüstung gehörten damals Kesselhaken“, so Anne Herrgesell. „Sie waren höhenverstellbar und dienten der Hitzeregulierung. Wenn die Zubereitung schneller gehen sollte, legte man einen Zahn zu, so dass der Kessel tiefer über dem Feuer hing. Daher kommt auch die Redewendung.“ Weiter geht die Zeitreise zu den ersten geschlossenen Herdstellen im 18. Jahrhundert, die es vor allem in der Bürgerschicht gab. Sie ermöglichten effizienteres Kochen von mehreren Speisen gleichzeitig. Um 1900 setzten sich dann mit der Urbanisierung in den Städten Gasherde durch. Erst 50 Jahre später wurden Elektroherde entwickelt, die die Kochzeit erheblich verkürzten. „Unsere Besucher erleben hier, wie das Kochen mit der Zeit immer effizienter und schneller wurde“, sagt Anne Herrgesell. „Vom Schürhaken und Kessel bis zum Thermomix heute.“

Der Thermomix (r.) und sein Vorgänger: der Vorwerk-Heizmixer VM 2000 von 1971 sind heute in vielen modernen Küchen zu finden.
Der Thermomix (r.) und sein Vorgänger: der Vorwerk-Heizmixer VM 2000 von 1971 sind heute in vielen modernen Küchen zu finden. © HA | Hanna Kastendieck

Doch nicht nur der gusseiserne Herd aus dem Jahr 1850 und der kleinformatige Backofix von 1950 sind in der Wander-Ausstellung des Ausstellungsverbunds „Alltag, Arbeit, Anstoß, Aufbruch“ zu sehen. Auch Küchengeräte wie die „Flotte Lotte“ zum Pürieren von Apfelmus, der ergonomisch geformte „Schneidboy“ aus den 1950er Jahren oder die Fruchtpresse „Tutti Frutti“ zeigen, wie sich die Welt des Kochens im Laufe der vergangenen 200 Jahre verändert hat. Darüber hinaus stellen vier Puppenküchen dar, wie eine ideale Kücheneinrichtung in den verschiedenen Epochen sein sollte. Die Älteste stammt aus der Zeit um 1870.

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Hinzu kommen alte Kochbücher, Rezeptsammlungen und viele Informationen zur Bedeutung der Küche als sozialer Raum. „In Küchen entstehen seit jeher Rezepte und Traditionen mit Familie und Freunden“, sagt Museumsdirektor Stefan Zimmermann. „In unserer Ausstellung zeigen wir die Entwicklung der privaten Küche als Arbeitsraum, als Aufenthaltsraum und als sozialen Treffpunkt. Gerade in der heutigen Zeit in der es wieder eine Entwicklung zum bewussten Kochen gibt und regionale und nachhaltige Produkte gefragt sind, ist die Küche mehr als nur eine Arbeitsstätte“.

Besucher fühlen sich an persönliches Erleben erinnert

Sie gilt als ein Ort, mit dem viele gute Momente verbunden sind. „Viele werden die Ausstellung mit dem persönlichen Erleben verbinden“, sagt Stiftungsratsvorsitzende Sybille Kahnenbley. „Mir fallen da spontan die Treffen in der Hofküche meiner Schwiegermutter ein. In der Küche kamen alle zusammen: Familie, Freunde, Nachbarn.“

Die Sonderausstellung „Herdanziehungskraft. Küche und Kochen“ ist von sofort an bis zum 23. Oktober im Agrarium des Kiekebergmuseums zu sehen.

Das Freilichtmuseum am Kiekeberg, Am Kiekeberg 12, in Rosengarten-Ehestorf ist dienstags bis freitags von 9 bis 17 Uhr, sonnabends, sonntags und an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Es gilt die 3G-Regel. Das heißt: Nachweis über eine vollständige Impfung, die Genesung oder ein tagesaktueller Corona-Test (kein Selbsttest). Ausgenommen sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Der Eintritt kostet für Erwachsene neun Euro, für Kinder ist er frei.

Über das zehnjährige Bestehen:

  • Die Ausstellung „Herdanziehungskraft. Küche und Kochen“ ist ein gemeinsames Projekt des Ausstellungsverbundes „Alltag, Arbeit, Anstoß, Aufbruch“, zu dem die Freilichtmuseen Kiekeberg, Hessenpark und Kommern sowie die Domäne gehören. Die Ausstellung wird im Agrarium gezeigt, dessen 3300 Quadratmeter große Dauerausstellung in diesem Jahr ihr zehnjähriges Bestehen feiert.
  • Das Agrarium ist deutschlandweit in seiner Vermittlungsart die einzige Dauerausstellung zu Landwirtschaft und Ernährung. Auf drei Etagen widmet sich das Agrarium jeweils einem Thema: Landwirtschaft von der Aussaat bis zur Ernte, Antriebskräfte, Dampf, Diesel und Strom und Ernährungswissenschaft. Das zehnjährige Bestehen wird am 7. und 8. Mai gefeiert mit Vorführungen zum historischen Kochen.