Landkreis Harburg. Feuerwehren im Landkreis rückten zu hunderten Einsätzen aus. Autos wurden zerstört, Häuser beschädigt. Das nächste Unwetter kommt
Das Sturmtief „Ylenia“ hat den Landkreis Harburg am Donnerstag stark getroffen. Bei mehr als 550 umgestürzten Bäumen waren die Feuerwehren innerhalb eines Tages im Einsatz. Die Zahlen liegen damit deutlich über dem letzten Sturm von vor zwei Wochen. Damals rückten die Retter zu 130 Hilfeleistungen aus. Bis zum Donnerstagabend blieb es überall bei Sachschäden. Personen wurden glücklicherweise nicht verletzt.
Die ersten Sturmböen zogen am späten Mittwochabend von Westen herein und legten innerhalb weniger Minuten die Bahnstrecke Hamburg-Bremen lahm. In Buchholz stürzte ein Ast auf eine Oberleitung. In der Folge stellte der Metronom den eh schon ausgedünnten Zugverkehr relativ schnell ein. Passagiere wurden mit Bussen befördert. Ein ICE konnte noch über die Güterzugstrecke durch Jesteburg eine Umleitung fahren, bis auch diese Strecke blockiert wurde.
Ein Baum stürzte bei Marxen auf einen leeren Passagierwagen und riss die Oberleitung mit. Die Deutsche Bahn begann noch in der Nacht mit den Reparaturarbeiten. Am frühen Morgen sperrte die Bahn die Strecken in großen Teilen Norddeutschlands. Wenig später krachte der nächste Baum in eine Oberleitung bei Meckelfeld. Die umgestürzte Fichte ging zunächst in Flammen auf, erlosch dann wieder von selbst. Feuerwehrleute aus Meckelfeld beseitigten das Hindernis. Bis Sonnabend ist mit gravierenden Einschränkungen zu rechnen, teilte das Unternehmen mit.
In der Leitstelle hat die Digitalisierung Einzug gehalten
Die Feuerwehren im Landkreis Harburg hatten sich auf den lange angekündigten Sturm gut vorbereitet. In vielen Gemeinden starteten am Mittwochabend und Donnerstagfrüh die kommunalen Einsatzleitungen ihren Dienst. Die Leitstelle in Winsen nimmt bei diesem System weiter die Notrufe entgegen und legt für jeden Anruf einen Einsatz an. Auf Gemeindeebene koordinieren dann die jeweiligen kommunalen Einsatzleitungen, welche Fahrzeuge zu welchem Einsatz fahren.
„Wir entlasten damit die Rettungsleitstelle”, erklärt Fleestedts Ortsbrandmeister Sven Tobaben. Das System gäbe es seit knapp 15 Jahren im Landkreis Harburg und sei gut eingespielt. Für die Gemeinde Seevetal sitzt ein Team von ehrenamtlichen Rettern um Sven Tobaben im Feuerwehrhaus Fleestedt und hält zum Beispiel den Funkkontakt zu den Fahrzeugen. Auch hier hat die Digitalisierung Einzug gehalten. Während bis vor Kurzem noch mit Fax und Papier gearbeitet wurde, findet jetzt alles in einem Computersystem statt. „Wir haben so in Seevetal zwischen 6 und 12 Uhr insgesamt 70 Einsätze koordiniert”, sagt Sven Tobaben. Die Vorbereitungen für das nächste Orkantief „Zeynep“, das in der Nacht zu morgen über den Landkreis Harburg ziehen soll, liefen bereits an.
Die Schäden, die Sturm „Ylenia” mit Böen von mehr als 100 Kilometern pro Stunde am Donnerstag anrichtete, wurden erst bei Tagesanbruch sichtbar. Eine 70 Jahre alte Tanne stürzte in der Bahnhofstraße in Tostedt auf ein Auto und ein Dach. Das Auto ist ein Totalschaden. Das Dach muss neu gedeckt werden. Die Bewohner eines Einfamilienhauses in Gödenstorf blieben bis auf den Schock unverletzt, als eine Kiefer den Dachstuhl zerschmetterte und den Dachgiebel zum Einsturz brachte. Das Haus ist nicht mehr bewohnbar. Auch die Anwohner eines Hauses in Buxtehude mussten ihr Zuhause verlassen. Ein Ast durchschlug das Dach, Regenwasser lief in die Wohnung.
Birke hob ein unter Strom stehendes Kabel aus dem Erdreich
Das Loch wurde notdürftig geflickt. Während des Sturmtiefs retteten Feuerwehrleute in Schierhorn zwei Personen aus einer verqualmten Wohnung. Im Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses stand eine Küche im Vollbrand. Die beiden Geretteten wurden leicht verletzt. Dass die Routinearbeit des Zerlegens gefährlich werden kann, merkten die Feuerwehrleute in Holm. Eine Birke lag quer über einer Straße und hatte ein unter Strom stehendes Kabel aus dem Erdreich gehoben. Die Straßenlaternen blieben in der Folge in der Nacht dunkel. Zu gefährlich waren auch die Aufräumarbeiten in Sprötze und Rosengarten. Immer wieder krachten Bäume auf die Rosengartenstraße und die Straße Lohbergen.
Zum Schutz der Autofahrer und Feuerwehrleute wurden Wege gesperrt. Die Beseitigung der Bäume kann dort erst erfolgen, wenn sich die Wetterlage beruhigt hat. Schnell entsorgt hatte der Wind dagegen in Buchholz die an den Straßen aufgestellten Gelben Säcke und blauen Tonnen. Die Fahrt durch die nächtliche Stadt gestaltete sich als Hindernisparcours. Auch am Tage waren in fast jedem Hauseingang noch Reste von Plastik- und Papiermüll zu finden.
Der Deutsche Wetterdienst warnt schon vor dem nächsten Orkantief. Die Meteorologen gehen von Windgeschwindigkeiten von bis zu 120 Kilometer pro Stunde aus. Das wären noch stärkere Winde als am Donnerstag.