Jesteburg. Corona und die Witterung bremsen Sanierung. Rolle des Künstlerehepaars in der Nazizeit wird geprüft, erste Ergebnisse im März erwartet.

Die Sanierung des Kunsttempels in der Kunststätte Bossard dauert länger als erwartet. „Durch Corona verursachte Lieferschwierigkeiten haben das Projekt zunächst um sechs Wochen verzögert. Danach konnte es aufgrund der kühlen Temperaturen nicht wie geplant fortgesetzt werden“, sagte Geschäftsführerin Heike Duisberg-Schleier im Gespräch mit dem Abendblatt. Sie rechnet nun mit einer Unterbrechung der Bauarbeiten bis zum Frühjahr 2022. Der Kunsttempel, der zwischen 1926 und 1929 errichtet wurde, soll im Juni wieder eröffnet werden. Für den Termin hat sich bereits Björn Thümler, Niedersachsens Minister für Wissenschaft und Kultur, angesagt.

Für Maler- und Gaserarbeiten muss es mindestens fünf Grad sein

Bossard-Chefin Duisberg-Schleier hofft jedoch, dass der Tempel schon vorher für Besucher freigegeben werden kann. Allerdings müssen für die Maler- und Glaserarbeiten an den Fenstern konstant Temperaturen von mindestens fünf Grad herrschen. Für die Gäste des Museums sinken die Eintrittspreise von acht auf sechs Euro, solange der Tempel Baustelle bleibt und nicht besichtigt werden kann. Die Arbeiten sind aufgrund der Förderungen durch Stiftungen, der EU, der Bundesregierung, vom Land sowie des Freundeskreises der Kunststätte durchfinanziert. Die Kosten liegen bei 688.000 Euro. Der Landkreis Harburg trägt davon 56.000 Euro.

Beim beauftragten Institut für Zeitgeschichte (München/Berlin) arbeitet der promovierte Historiker Tobias Hof inzwischen an einem Vorgutachten für das Museum. Dabei geht es erneut um die Rolle des Ehepaares Bossard in der Zeit des Nationalsozialismus. Erste Ergebnisse werden für Ende März erwartet. „Tobias Hof will uns zudem weitere Felder vorschlagen, für die sich eine Forschung lohnen würde“, sagte Duisberg-Schleier.

Landkreis Harburg fördert die Bossard-Stiftung mit 400.000 Euro jährlich

Kurz vor dem Jahresende liegen zwar noch keine abschließenden Zahlen über den Besuch des Museums vor. Durch Corona und die Einschränkungen beim Tempel dürften sie aber geringer ausfallen als 2020. Damals kamen rund 8000 Interessierte. Der Landkreis will die Bossard-Stiftung weiter mit 400.000 Euro jährlich unterstützen. Darauf hatte Landrat Rainer Rempe bereits beim Start der Tempelsanierung Ende Juni hingewiesen. Klar ist: Anfang des Jahres sollen neue Hinweisschilder auf dem Gelände sowie weitere Bänke aufgestellt werden. „Wir wollen die Qualität des Services erhöhen und dabei auch das Café neu gestalten“, so Duisberg-Schleier.

Die Leiterin der Kunststätte Bossard, Heike Duisberg-Schleier, hält den Veranstaltungskalender für 2022 in der Hand.
Die Leiterin der Kunststätte Bossard, Heike Duisberg-Schleier, hält den Veranstaltungskalender für 2022 in der Hand. © Kunststätte Bossard | Kunststätte Bossard

Knapp zwei Wochen vor Weihnachten ist der neue Veranstaltungskalender der Kunststätte für 2022 fertig. Er liegt ab sofort vor Ort aus. An den öffentlichen Stellen im Landkreis können Interessierte den Kalender ebenfalls erhalten. Auf Anfrage unter info@bossard.de wird er im Januar über ein Mailing auch an Privatpersonen versendet. Das Programm für zwölf Monate ist auf 24 Seiten kompakt zusammengefasst und bietet eine Mischung aus Unterhaltung und Bildung. „Wir planen für das kommende Jahr ein ambitioniertes Kunst- und Kulturprogramm“, erklärt Duisberg-Schleier. „Ich hoffe, dass wir 2022 alle Veranstaltungen durchführen können.“

Veranstaltungskalender der Kunststätte für 2022 liegt vor

Das Programm für das kommende Jahr umfasst Theatertage, Marktveranstaltungen, Abende mit klassischer Musik, unterhaltende und wissenschaftliche Vorträge, zeitgenössische Kunst mit Performance sowie Kreativkurse für Kinder und Erwachsene. „Wir wollen das Programm mit der Diskussion zur Rolle des Künstlerehepaars während der NS-Zeit verbinden“, erklärt Duisberg-Schleier. Die Reihe „Reden wir über Bossard“ wird fortgesetzt.

Geplant sind zudem drei Sonderausstellungen. Die erste widmet sich im Januar dem Maler Willy Dammasch, einem Zeitgenossen von Professor Johann Michael Bossard. Dammasch, der unter der Verfolgung durch die Nationalsozialisten litt, stammt aus Finkenwerder, lebte aber mehr als 70 Jahre in Worpswede. Der Landschafts- und Marine-Maler wurde vor allem für seine farbenfrohen Bilder bekannt. Im Sommer, zur Wiedereröffnung des Kunsttempels, geht es um utopische Bauten.

Drei Sonderausstellungen sind für den Sommer geplant

Neben dem Tempel sind es in der Ausstellung eine Künstlerkolonie in der Nordheide und ein Wohnhaus in Rahlstedt. Die von Hans Henny Jahn geplante Kolonie wurde nie gebaut. Das Wohnhaus von Heinrich Steinhagen, von den Anwohnern „Rahlstedter Schloss“ genannt, verfiel nach dem Krieg und wurde schließlich zugunsten eines Kindergartens 1963 mit sämtlichem künstlerischen Inventar abgerissen.

Ins Atelier der Kunststätte werden im Herbst die Künstler Vera Drebusch und Florian Egermann einziehen. Begleitet von Workshops werden sie sich mit Bildern und installierten Materialien damit befassen, wie sich Kunst und Aktivismus gegenseitig bedingen und wie sie von aktuellen Verschwörungstheorien beeinflusst werden.

Die Kunststätte Bossard hat in den Wintermonaten von Dienstag bis Sonntag, jeweils von 11 bis 16 Uhr, geöffnet.