Neu Wulmstorf. Wie es aber früher hier und an anderer Stelle in der Gemeinde einmal ausgesehen hat, zeigt nun ein großformatiger Foto-Kalender für das Jahr 2022
In kaum einem anderen Ort im südlichen Speckgürtel Hamburgs dürfte sich das Gesicht einer Gemeinde so sichtbar verändert haben wie in Neu Wulmstorf. Wie es aber früher hier und an anderer Stelle in der Gemeinde einmal ausgesehen hat, zeigt nun ein großformatiger Foto-Kalender für das Jahr 2022, den die Gemeindeverwaltung jetzt herausgebracht hat.
Zu sehen sind die historischen Aufnahmen aus den Jahren von 1900 bis etwa 1960 auch in einer kleinen Ausstellung im Rathaus. „Neu Wulmstorf hat sich durch sein starkes Wachstum in den vergangenen Jahren so rasch verändert, da ist uns wichtig zu zeigen, dass die Gemeinde auch eine Historie hat“, sagt Bürgermeister Tobias Handtke (SPD). Tatsächlich dokumentieren die von Gemeindearchivarin Claudia Glume zusammengestellten Motive viele Aspekte der Geschichte Neu Wulmstorfs und seiner Ortsteile. Und dabei in diesem Fall besonders das Thema „Gewerbe in historischen Zeiten“, wie es im Untertitel heißt.
Gestern und Heute
Vielfach hat sie zu den historischen Fotos auch Aufnahmen von heute gestellt, um die Veränderungen gut darstellen zu können. Doch nicht immer war das möglich, weil einiges eben auch schon verschwunden ist. So zum Beispiel die Jugendherberge an der Mühlenstraße in Elstorf, die heute fast vergessen sein dürfte: Ende der 1920er Jahre wollte man in dem heutigen Ortsteil von Neu Wulmstorf dem allgemeinen Trend folgend auch eine günstige Übernachtungsmöglichkeit für jugendliche Wandergruppen schaffen.
Mit Mitteln aus dem Kreiswohlfahrtsamt wurde daher zunächst auf dem Boden der Schule die Jugendherberge eingerichtet. Dann aber zerstörte ein Wirbelsturm 1929 viele Häuser im Dorf, darunter auch ein Bauernhaus am Dorfteich. Hier konnte man nun eine richtige Jugendherberge bauen mit vier Schlafräumen für 50 Gäste im ersten Stockwerk und einem Tagungsraum im Erdgeschoss. Im ersten Jahr verzeichnete man dort bereits 2100 Übernachtungen. Doch nach wenigen Jahren sei dann später der Betrieb eingestellt worden, sagt Gemeindearchivarin Glume.
Textilgeschäft in Bretterbude
Wie sich die Bürger in der Gemeinde in den folgenden Kriegsjahren einschränken mussten, zeigt dann beispielhaft das Kalenderblatt für März: Dort ist das Textilwarengeschäft „Else Kullack“ im Jahr 1940 zu sehen, das aus heutiger Sicht von außen an einen zusammengezimmerten Holz-Pavillon erinnert. Das Familiengeschäft gibt es heute an der B 73 immer noch – aber eben in einem ganz anderen Gebäude.
Eine andere Ecke Neu Wulmstorfs hat sich erst vor wenigen Jahren stark verändert, wie der Kalender zeigt: Seit den 1930 Jahren gab es auf dem Eck-Grundstück B 73/Bahnhofstraße eine Tankstelle. Zunächst von Standard Oil, später von der Esso. Heute steht hier ein Lidl-Discounter. Auch das alte Wohnhaus dort, das später ein Imbiss-Betrieb war und wohl auch Rotlicht-Wohnungen beherbergte, ist verschwunden und in dieser zentralen Lage durch eine Bäckerei ersetzt.
Wie sich Neu Wulmstorf seit den 60er Jahren entwickelt hat, zeigt indes das November-Kalenderblatt mit einem Motiv der Breslauer Straße. Nach dem Krieg zogen viele Ost-Flüchtlinge in den Ort und bauten ihre Reihenhäuser auf ehemaligem Militärgelände südlich der B 73, nördlich davon war das heutige Neu Wulmstorf eher eine Kombination aus einzelnen Häusern und Wiesen. Das Neubaugebiet bekam bald wegen des Sandbodens den Namen Heidesiedlung, wo sich entlang der Breslauer Straße dann das eigentliche Geschäftszentrum Neu Wulmstorfs entwickelte. Das hat sich nun in den vergangenen Jahren radikal gewandelt. Heute liegt das gewerbliche Zentrum bekanntermaßen in der Bahnhofstraße.
Der Neu Wulmstorfer Fotokalender 2022 ist der mittlerweile dritte seiner Art, den Gemeindearchivarin Claudia Glume zusammengestellt hat. 2018 war der erste erschienen und zeigte verschiedene historische Motive aus Neu Wulmstorf und seinen Ortsteilen, die streng genommen erst seit der niedersächsischen Gebietsreform 1972 zu einer Einheitsgemeinde zusammengeformt sind. Der 2018er Kalender kam dann so gut an, dass es eine große Nachfrage nach einem weiteren gab. Glume rief daher die Bürger dazu auf, nach weiteren Fotos in den Kellern und auf den Dachböden zu suchen und konnte dann für das Jahr 2021 den zweiten Kalender mit besonderen „Hinguckern“ und jetzt eben einen dritten mit dem Augenmerk auf das örtliche Gewerbe herausbringen.