Buxtehude. Buxtehuder Bäckerei begeistert mit außergewöhnlichen Rezepten. Was die “Backsau“ so erfolgreich macht.
Mancher Bankberater zögerte zunächst, als Sascha Schäfer mit seinem Businessplan zum Termin kam. Was das denn sei: ein „Brotfachgeschäft“, so ganz ohne Brötchen und Coffee-To-Go am Morgen wie sonst in jeder normalen Bäckerei-Filiale? Und dann soll es auch noch „Backsau“ heißen? „Herr Schäfer, das klingt doch unseriös!“
Das Stirnrunzeln war da eben oft schon da, bevor Schäfer überhaupt von seinen vielen Brot-Ideen weitererzählen konnte, für die er nun einen Kredit brauchte. Von seinem Currywurst-Brot etwa oder von einem saftigen Brot mit einem dezenten Apfel-Curry-Aroma im Hintergrund. Alles Rezepte, an denen der 45-jährige Bäckermeister mit Weiterbildung zum Brot-Sommelier schon lange immer mal wieder feilte.
„Du bist eine richtige Backsau“, hatte daher ein Kollege ihm schon mal scherzhaft vor gut 15 Jahren gesagt. Der Spitzname blieb und nun sollte auch das erste eigene Geschäft so heißen. „Ich kann da auch stur bleiben“, sagt Schäfer, der eben an seine Idee glaubte, vor allem Brotsorten anzubieten, die man sonst nicht kennt, die die Tradition des klassischen Abendbrots aber wieder ganz neu interpretieren sollen.
Geöffnet wird werktags erst um 12 Uhr
Am 31. März konnte er nun in Buxtehude die „Backsau“ eröffnen, nachdem sein Freund Peter Unterschütz, ein Fluggerätemechaniker, als stiller Teilhaber mit eingestiegen ist. Geöffnet wird werktags hier erst um 12 Uhr, Nachtarbeit wie sonst in Bäckereien gibt’s nicht. „Wegen der Work-Life-Balance“, wie Schäfer sagt.
Den Kunden empfängt dann aber, wenn endlich die Ladentür öffnet, ein Geruchs-Potpourri von frischem, vielfach duftendem Brot, das gerade aus dem Ofen kommt. Mehl aus Dinkel, Weizen, Roggen oder auch aus besonders nährstoffreichem Urkorn wird hier verarbeitet und eben auch mal gerne mit außergewöhnlichen Kreationen kombiniert; Brot mit Kohlwurst und Grünkohl ist jetzt zum Herbst beispielsweise in Planung. Brötchen gibt’s aber tatsächlich nicht, nur das klassische Hamburger Franzbrötchen, das in der „Backsau“ noch mit dem Nudelholz gemacht wird.
100 Brote am Tag wollten sie in diesem ersten Jahr verkaufen, so stand es im Businessplan, der dann doch ein Okay von einem der angefragten Bankberater bekommen hat. „Wir sind jetzt schon bei dem Dreifachen“, sagt Schäfer, der wegen dieses Erfolges gemeinsam mit seinem Geschäftspartner jetzt einen Gründerpreis gewonnen hat, der von der Industrie-und Handelskammer Stade und der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade ausgerufen worden war. Das „innovative Konzept und die positive Geschäftsentwicklung“ nannten die Juroren als ihre Begründung für den Preis.
„Genuss-Abende“ mit Wein- und Brotsorten
Die „Backsau“ beliefert mittlerweile auch Restaurants, veranstaltet besondere „Genuss-Abende“ mit Wein- und Brotsorten und ist als gläserne Bäckerei mit großen Schaufenstern schon deshalb kein übliches Backgeschäft, wie man sie hier sonst vielfach findet. Wer hineinschaut und Brot-Sommelier Schäfer dort mit seinen inzwischen sechs Angestellten herumwirbeln sieht, bis um 12 Uhr die Türen öffnet, fühlt sich eher an ein Spezialitätengeschäft in Hamburg erinnert. In der Schanze vielleicht. Und tatsächlich keimte dort die Idee auch auf.
Lange hatte Schäfer in üblichen Bäckereien der Region gearbeitet. Vor einigen Jahren dann bekam er als Bäckermeister einen Job im „Alten Mädchen“ in der Schanze. Das Brau-Gasthaus in dem Hamburger Szeneviertel ist bekannt für seine vielen eigenen Biere, hat aber auch eine kleine Backstube, wo das eigene Brot zum Bier gebacken wird. Hier war der experimentierfreudige Bäckermeister dann fast dort, wo er immer sein wollte. Er nutzte den Freiraum, tüftelte an seinen Brotideen und fand bei den Kunden viel Zustimmung. „Eigentlich ein Top-Job“, wie er sagt. Doch die Idee vom eigenen Geschäft blieb weiter im Hinterkopf.
Lieferdienst für Brotsorten
Dann aber kam Corona und damit zunächst in der Gastronomie die Kurzarbeit. Schäfer nutzte die Zeit für ein Experiment: Er organisierte im Raum Buxtehude, wo er wohnt, einen Lieferdienst für seine besonderen Brotsorten aus dem „Alten Mädchen“. Über WhatsApp informierte er einige Bekannte, neue Kunden kamen hinzu und nach vier Wochen schon belieferte er 85 Familien. „Das war Wahnsinn“, sagt Schäfer, der in dieser Zeit gerade das erste Mal Vater geworden war – was ihn umso mehr über die richtige Work-Life-Balance nachdenken ließ.
Jetzt wusste er aber, dass das Konzept mit den vielen Brotsorten wohl funktionieren würde, funktionieren musste. Auch in Buxtehude. Einsatz von regionalen Zutaten, Verzicht auf die schnelle Fertigmischung, traditionelles Handwerk für gut verträgliche Produkte und eben Transparenz mit einer gläsernen Bäckerei – das alles sollte die Rezeptur für die Geschäftsidee werden. Und eben die ungewöhnlichen Kreationen, die mit im Angebot sind.
„Das hat aber alles Hand und Fuß“, sagt Schäfer. Die Zutaten passen zusammen, stammen oft aus bewährten Kochrezepten. Beim Currywurstbrot macht er die Sauce als Zutat selbst, kleine Wurststücken kommen hinzu und verleihen dem Brot eben dieses besondere Aroma, das zum Grillabend passen soll.
Nie aber dominiert das Ungewöhnliche den eigentlichen Brotgeschmack. Braucht es auch nicht. „Allein im Brot können bis zu 500 Aromen sein“, sagt Schäfer. Genug also, um immer wieder etwas Neues zu wagen.