Winsen/Stade. Plakate und Informationen auf Monitoren in Bussen weisen auf die Betroffenenberatung in Niedersachsen hin – Netzwerk hilf Gewaltopfern.

Wer im Herbst einen Bus der KVG betritt, wird sie kaum übersehen: Drei Silhouetten von Menschen, die Angriffsfläche für menschenfeindliche Gewalt bieten. Nicht, weil sie fremd sind, sondern, weil sie als fremd wahrgenommen werden – zum Beispiel, weil sie ein Kopftuch tragen. Die Silhouetten auf den Plakaten und Monitoren machen auf das Angebot der Betroffenenberatung Niedersachsen aufmerksam. Das Beratungsnetzwerk berät Betroffene, Angehörige und Zeugen von rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt und unterstützt bei allen Schritten von der Anzeige der Tat über das Empowerment bis zur Sichtbarmachung von Rassismus.

Betroffene sollen wissen, an wen sie sich wenden können

„Wir wünschen uns, dass alle Betroffenen von Rassismus und menschenfeindlicher Gewalt wissen, an wen sie sich wenden können. Es ist uns daher ein großes Anliegen, unser Angebot auch hier in den Landkreisen Stade, Cuxhaven, Harburg, Lüneburg und Heidekreis bekannt zu machen“, sagt Sara Josef, Sprecherin der Betroffenenberatung, zu den Hintergründen der Aktion. „Wir freuen uns sehr über die Unterstützung der KVG und hoffen, dass dadurch viele Menschen auf unser Angebot aufmerksam werden, um es im Notfall nutzen zu können.“

Als sich Exil e.V. als Träger der Betroffenenberatung bei der KVG meldete und um Unterstützung bat, zögerte Michael Fastert, Geschäftsführer der KVG nicht lange: „Rechte Gewalt, übergriffige Äußerungen und Rassismus sind für uns ein absolutes No-Go. Wir sind für eine vielfältige und tolerante Gesellschaft und stehen an der Seite der Menschen, die mit rassistischem Hintergrund beleidigt oder angegriffen werden.“

Täter oder Täterin würden von der Weiterfahrt ausgeschlossen

Sollte es zu einem Vorfall in einem KVG-Fahrzeug kommen, werde die betroffene Person geschützt, indem Täter oder Täterin von der Weiterfahrt ausgeschlossen würden. „In einem solchen Fall werden wir in Zukunft auch auf das Angebot der Betroffenenberatung aufmerksam machen“, so Oliver Blau, Pressesprecher der KVG. Solidarität sei für Betroffene enorm wichtig. Das betont auch Sara Josef: „An- und Übergriffe können auch im öffentlichen Personennahverkehr stattfinden. Das hat für uns bei der Planung der Aktion eine große Rolle gespielt.“

In den Bussen der Nahverkehrsgesellschaft KVG wird demnächst auf Hilfe für Opfer von Gewalt hingewiesen.
In den Bussen der Nahverkehrsgesellschaft KVG wird demnächst auf Hilfe für Opfer von Gewalt hingewiesen. © HA | Angelika Hillmer

Rassismus, rechte Gewalt, Antisemitismus und andere Formen menschenfeindlicher Gewalt sind in Niedersachsen allgegenwärtig. Im Zeitraum Juli 2020 bis August 2021 haben die drei niedersächsischen Träger der Betroffenenberatung – Exil e.V., Asyl e.V. und CJD Nienburg – 162 Fälle betreut. Die Beratenden helfen den Betroffenen dabei, die Taten aufzuarbeiten und zu bewältigen. Das Angebot richtet sich gezielt an Menschen, die Gewalt erfahren mussten. „Wir beraten zu allen Formen von Gewalt – seien es Beschimpfungen, Bedrohungen, Gefährdungen, Verletzungen bis zum Mord oder Beschädigung von Eigentum“, erklärt Josef. Auch Freunde und Freundinnen, Angehörige sowie Zeugen des Vorfalls könnten die kostenlose Beratung in Anspruch nehmen.

Förderung des Projekts durch Landes-Demokratiezentrum

„Wenn wir von Fällen erfahren, suchen wir auch proaktiv den Kontakt, wobei wir immer Partei für die Betroffenen ergreifen und ausschließlich in ihrem Sinne handeln“, erklärt Josef. „Betroffene rechter Gewalt scheuen sich häufig, die Tat zu melden“, so Josef weiter. „Ein Grund dafür ist auch die Angst, erneut ins Visier der Täter zu geraten.“ Hier wollen die Betroffenenberatung und die KVG unterstützen und dazu ermutigen, Tat und Täter zu benennen.

Aber auch diejenigen, die keine rechtlichen Schritte wünschen, erhalten Unterstützung: „Wir bieten psychosoziale Beratung an, schaffen Empowerment-Angebote und wollen Betroffenen dabei helfen, in Zukunft besser auf entsprechende Übergriffe reagieren zu können“, so Josef. Gefördert wird das Projekt vom Landes-Demokratiezentrum Niedersachsen aus Mitteln des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ und Landesmitteln. Weitere Informationen zur Betroffenenberatung in Niedersachsen gibt es unter betroffenenberatung.de sowie unter www.exilverein.de