Landkreis Harburg. Es sieht nicht gut aus für große Umzüge im Januar und Februar 2022. Den Weg frei machen könnte eine Sonderregelung des Landes.

An den Faslams-Sonntag im Februar 2021 kann sich Florian Fascher gut erinnern. Auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie war klar, dass der Stöckter Faslamsumzug nicht in gewohnter Form würde stattfinden können. Deutlich mehr als zwanzig Themenwagen, Fußgruppen und Musikgruppen, denen in der Winsener Innenstadt 20.000 Zuschauer zujubeln, waren undenkbar.

Komplett wollten sich Fascher, seine Frau Nadine, Sohn Jonas sowie Schwester Susann Fascher, zu diesem Zeitpunkt Vorsitzende der Faslamsbrüder Stöckte, den Spaß aber nicht nehmen lassen. So zogen die Vier mit einem Bollerwagen mit Musik und Bonbons bestückt als Mini-Fußgruppe durch Stöckte. „Für Jonas mit seinen dreieinhalb Jahren war es das Highlight“, sagt der heutige Pressewart Florian Fascher.

Große Umzüge auch in Hanstedt, Toppenstedt, Pattensen, Fliegenberg und Hoopte

Das beschriebene Szenario soll möglichst eine einmalige Aktion bleiben. Ob es im Januar und Februar 2022 allerdings wieder Faslamsumzüge in der bekannten Form geben wird, wissen zum jetzigen Zeitpunkt weder die Jecken in Stöckte noch die in den anderen Hochburgen im Kreis Harburg, etwa in Hanstedt, Toppenstedt, Pattensen, Fliegenberg oder Hoopte. Das große Problem ist die Planungsunsicherheit. Was bringt es, auf Basis der aktuellen Corona-Verordnung des Landes Niedersachsen ein Hygienekonzept zu entwickeln, wenn die Verordnung in drei oder vier Monaten womöglich ganz anders aussieht?

Angesichts des erforderlichen Vorlaufs (Organisation und Baugruppen) soll eine Entscheidung in mehreren Orten Mitte November fallen. „Wir sind bei den Planungen hin- und hergerissen“, sagt stellvertretend Imke Peters, Vorsitzende im Faslams­club Hanstedt. „Aus heutiger Sicht ist ein Umzug nicht realistisch. Dafür würde es zu viele Auflagen geben, die nicht umsetzbar sind.“ Peters erinnert an die aktuelle Diskussion über Weihnachtsmärkte, für die abgesperrte Bereiche, separate Ein- und Ausgänge, entsprechende Kontrollen und Erfassung der Kontaktdaten gefordert sind.

Regelung für Weihnachtsmärkte nicht auf den Faslam übertragbar

Die Übertragung auf einen Umzug mit mehreren Kilometern Wegstrecke sei für kleine Vereine undenkbar. „Dazu kommt, dass wir keine Agentur, sondern alle ehrenamtlich tätig sind“, so Peters. Auf der Jahreshauptversammlung am 13. November will der Vorstand gemeinsam mit den Mitgliedern die Lage diskutieren und eine Entscheidung für oder gegen den Umzug 2022 durch Hanstedt treffen.

Besser sieht es für das vielerorts übliche Rahmenprogramm mit Kinderfasching, Disco oder Lumpenball aus. „Dafür gelten Regelungen wie für Discos in geschlossenen Räumen, also 2G und Kontaktdatenerfassung“, sagte Bernhard Frosdorfer, Pressesprecher beim Landkreis Harburg. Auch die Faslamsbrüder Stöckte generieren aus der Lumpendisco ihre größten Einnahmen. Eine erneute Absage des Umzuges – angedacht ist er für den 27. Februar 2022 – würde den 480 Mitglieder starken Verein nicht in den finanziellen Ruin stürzen.

In Köln dürfen Zuschauer ausschließlich sitzend auf Tribünen dabei sei

Der Vorstand beschäftigt sich derzeit mit mehreren Szenarien, unter anderem, ob die für die Rosenmontagsumzüge am Rhein getroffenen Regelungen übertragbar sind. In Köln sollen Zuschauer ausschließlich von Sitzplätzen auf eigens errichteten Tribünen den Umzug verfolgen. Für Winsen wegen der Kosten für Tribünen und Security schwer vorstellbar. Vielleicht lassen sich die Abstände auch mit abgesperrten Bereichen und Wellenbrecher einhalten.

Seit dem 1. Oktober 2021 haben die Faslamsbrüder Stöckte einen neuen Vorsitzenden. Nils Schaudien (links) übernahm das Amt von Susann Fascher.
Seit dem 1. Oktober 2021 haben die Faslamsbrüder Stöckte einen neuen Vorsitzenden. Nils Schaudien (links) übernahm das Amt von Susann Fascher. © Faslamsbrüder Stöckte

„Wir haben mit André Wiese einen Bürgermeister, der dem Faslam wohlgesonnen ist“, sagt Stöcktes Pressewart Florian Fascher. Ein Vorgespräch zwischen Verwaltung und den im Stadtgebiet ansässigen Faslams­clubs habe es bereits gegeben. Im nächsten Schritt wolle sich die Stadt mit der Kreisverwaltung abstimmen. Die Ergebnisse sollen den Vereinsvertretern Mitte November präsentiert werden, so Fascher. Danach wird klar sein, ob und in welcher Form große Faslamsumzüge 2022 möglich sein werden.

Vorsitzender aus Fliegenberg plädiert für einheitliche Regelung

Simon Nimmerjahn vom Fliegenberger Faslam plädiert dafür, dass es eine einheitliche Regelung für alle Faslams­umzüge im Kreis Harburg gibt. „Und wir müssen warten, ob vom Land noch etwas Neues kommt“, so der Vorsitzende, der sich bis in den Dezember hinein Zeit für eine Entscheidung pro oder contra Umzug nehmen will. In eine ähnliche Richtung spekuliert Bernhard Frosdorfer. „Eventuell könnte das Land eine Regelung für Brauchtumsumzüge schaffen“, so der Kreissprecher. Dann wäre der Bollerwagen der Familie Fascher wieder das, was er eigentlich sein soll: nur der nette Randaspekt eines großen Ganzen.