Landkreis Harburg. Eltern von Grundschülern fordern die Rückkehr zum normalen Schulalltag. Kultusministerium will frühestens am 10. November handeln.
Es war ein lauter Protest. Mit Trillerpfeifen, Trommeln und lautem Geschrei haben Eltern und Grundschüler der Gemeinde Rosengarten im Landkreis Harburg am Dienstag ihren Unmut über die Maskenpflicht im Unterricht kundgetan. Sie fordern ein sofortiges Ende der Maskenpflicht im Unterricht und eine Rückkehr zur Normalität.
„Gemeinsam Gesicht zeigen“ so lautet das Motto der Elterngruppe, die bereits seit mehreren Wochen versucht, per Brief und Email Kontakt zu Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) aufzunehmen. Allerdings ohne Erfolg. „Wir wollen für unsere Kinder ihre Freiheit zurück und sie nicht länger nötigen, eine Maske im Unterricht zu tragen“, sagt Initiator Matthias Ziermann, dessen Kind die dritte Klasse der Grundschule Klecken besucht.
Protest richtet sich gegen Verordnung des Landes
„Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Kinder eine Mund-Nasen-Bedeckung an ihrem Platz aufsetzen müssen, während die Erwachsenen ihre Maske am Arbeitsplatz abnehmen dürfen.“ Andere Bundesländer wie Bayern und das Saarland hätten bereits die Maskenpflicht für Grundschüler gelockert. „Warum ist das in Niedersachsen nicht möglich?“, fragen sich die Eltern.
Ihr Protest richtet sich nicht gegen die Grundschulen in Klecken, Vahrendorf, Nenndorf und Westerhof, sondern gegen die Vorschriften aus dem Kultusministerium. „Wie soll man den Kindern erklären, dass sie vormittags in der Schule nur mit Maske zusammensein dürfen, nachmittags beim Fußball aber andere Regeln gelten?“ fragt Maxi Jaekel, deren Sohn in die zweite Klasse der Grundschule Vahrendorf geht. Und darüber hinaus, so die Eltern, gebe wissenschaftliche Belege, dass die CO-Rückatmung bei Kindern die Gesundheit schädige. „Viele Kinder klagen über Unwohlsein“ so Ziermann. „Mit der Maske kann ich nicht richtig atmen“, sagt Viertklässler Jonathan. Mitschülerin Marie sagt: „Ich bekomme von der Maske Kopfschmerzen und manchmal wird mir sogar übel.“
Für die bundesweite Aufhebung der Maskenpflicht an Schulen plädiert auch der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). „Eine generelle Fortsetzung halten wir für unangemessen“, sagte Kinderärztin Tanja Brunnert vom BVKJ-Landesverband Niedersachsen dem Abendblatt. „Kinder sind keine Infektionstreiber. Wichtig ist, dass das Personal geimpft ist.“ Es könne nicht sein, dass den Jüngsten das Maskentragen weiter zugemutet werde, um auf jene Rücksicht zu nehmen, die sich einer Corona-Impfung verweigerten, heißt es vom BVKJ.
„Wir stellen vermehrt fest, dass das Maskentragen sowohl psychosoziale Folgen hat wie auch Schwierigkeiten bei der sprachlichen Entwicklung von Grundschülern mit sich bringt“, sagt Tanja Brunnert. „Kinder, vor allem aus Familien, in denen wenig Deutsch gesprochen wird, haben Schwierigkeiten Lesen und Schreiben zu lernen, wenn das Gesicht des anderen verloren geht. Es ist an der Zeit, dass die Masken alters- und inzidenzabhängig abgeschafft werden.“
Mehrere Bundesländer verzichten bereits auf Masken
Einige Bundesländer haben das bereits getan. So fällt seit Montag in Berlin die Maskenpflicht für die Klassen eins bis sechs weg, in Bayern und im Saarland sogar für alle Schüler. Auch in Bremen muss an Grundschulen keine Maske mehr getragen werden, in Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern hingegen soll es auch nach den Herbstferien bei der Maskenpflicht bleiben. In Niedersachsen dürfen Erst- und Zweitklässler die Maske während des Unterrichts an ihrem Platz abnehmen, müssen diese jedoch im Schulgebäude tragen. Die Dritt- und Viertklässler dürfen die Maske nur auf dem Schulhof absetzen.
Für die Eltern sind die unterschiedlichen Regelungen nicht nachvollziehbar. „Hier wird mit zweierlei Maß gemessen“, kritisiert Tobias Sommer, Vater von zwei Kindern. Und Protest-Organisator Matthias Ziermann sagt: „Die Kinder haben lange genug zurückgesteckt und Rücksicht genommen. Jetzt ist es höchste Zeit, wieder normalen Unterricht zu machen, ohne Maske.“
Kultusminister äußert Verständnis für den Protest
Die Eltern hoffen, dass ihr Protest auch den Kultusminister zum Handeln bewegt. Dieser äußerte gegenüber dem Abendblatt „großes Verständnis dafür, dass die Lockerungen gewünscht werden“. „Wir teilen diesen Wunsch. Masken sind eine individuelle Belastung und bringen pädagogisch-didaktische Einschränkungen mit sich“, so Grant Hendrik Tonne. Das Ministerium arbeite intensiv an einer Exit-Strategie-Maske im Unterricht. „Die Maske am Platz für jüngere Jahrgänge soll keinen Tag länger verpflichtend sein als nötig!“, so Tonne.
Es werde intensiv geprüft, welche Schritte wann möglich seien. „Wir sind optimistisch, dass dieser Schritt nach den Herbstferien kommen kann, unserem Wunsch nach zur nächsten Verordnungsänderung“, so der Kultusminister. „Nach den Ferien machen wir erneut eine Woche mit täglichen Tests und Masken im Unterricht, auch in den Klassen 3 und 4. Wenn die Ferien-Infektionen dann detektiert und aus der Schule herausgehalten wurden, können wir hoffentlich die Maske im Unterricht in Grundschulen zum 11. November ablegen.“ Unterdessen planen die Eltern im Landkreis am 14. Oktober die nächste Aktion. Unter dem Motto „Wir sind laut! Wir zeigen Gesicht! Keine Maske im Unterricht!“ laden sie zum Protest gegen die Maskenpflicht im Unterricht. Treffpunkt ist um 16.30 Uhr vor dem Rathaus in Nenndorf.