Landkreis Harburg. Server zusammengebrochen: Apotheker im Landkreis Harburg und Region berichten von sehr großem Interesse und technischen Problemen
Wie es mit dem digitalem Corona-Impfausweis läuft? Wer diese Frage am Dienstag Apothekern in der Region Harburg und Umgebung stellte, erntete wenig Euphorie. Lethargie, Stress, leichte Gereiztheit – die wenigsten konnten für die nervenaufreibenden technischen Probleme noch Humor aufbringen. Dabei ist das Angebot gerade einmal zwei Tage alt.
Seit Montag können Kunden in Apotheken den Corona-Eintrag im gelben Impfausweis in ein digitales Format bringen lassen. Sprich: Wer vollständig geimpft ist, muss dann nicht mehr das gelbe Büchlein als Nachweis mit sich herumtragen, sondern den Eintrag als QR-Code ausgedruckt oder auf dem Smartphone mit sich führen. Wenn die Umwandlung denn funktioniert.
Apotheker berichten von frustrierenden technischen Problemen
„Es ist schon frustrierend“, seufzt auch Hans Nabil Humsi. Er betreibt in Lüneburg die Löwen-Apotheke und bietet wie viele seiner Branche das Digitales Impfzertifikat an. „An sich ist das eine gute Sache“, betont er. Und es sei auch schön, dass Apotheker diesen Service anbieten dürfen. „Wenn es denn funktioniert.“ Am Dienstag war das stundenlang nicht der Fall, wie Humsi und zahlreiche seiner Kollegen dem Abendblatt berichten. Um 8 Uhr öffnen viele Apotheken die Türen, anfangs lief das System noch, ab 9 Uhr stockte es und dann ging stundenlang nichts bis wenig.
„Das ist sehr ärgerlich“, sagt Hubertus Becker, der die Luhe-Apotheke in Winsen betreibt. Immer wieder versuchen er und seine Mitarbeiter die nötigen Daten in das System zu speisen, sie an das Robert Koch-Institut zu übermitteln. In der Theorie soll dann relativ zeitnah ein QR-Code mit den nötigen Daten zurückkommen, die der Kunde dann ausgedruckt gleich erhalten soll. Praktisch war der Server aufgrund der hohen Nachfrage am Dienstag wohl überlastet. Zusammenbruch. Stundenlang ging nichts bis wenig. Apotheker mussten Kunden wegschicken oder mit Nummern versehen auf später vertrösten.
Diese Corona-Impfstoffe sind in Deutschland zugelassen
- Biontech/Pfizer: Der erste weltweit zugelassene Impfstoff gegen das Coronavirus wurde maßgeblich in Deutschland entwickelt. Der mRNA-Impfstoff, der unter dem Namen Comirnaty vertrieben wird, entwickelt den vollen Impfschutz nach zwei Dosen und ist für Menschen ab zwölf Jahren zugelassen. Laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat er eine Wirksamkeit von etwa 90 Prozent – das heißt, die Wahrscheinlichkeit, schwer an Covid-19 zu erkranken, sinkt bei Geimpften um den genannten Wert. Ebenfalls von Biontech stammt der erste für Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren zugelassene Impfstoff in Deutschland.
- Astrazeneca: Der Vektorimpfstoff des britischen Pharmaunternehmens wird unter dem Namen Vaxzevria vertrieben. Aufgrund von seltenen schweren Nebenwirkungen empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko), den Impfstoff nur für Patienten zu verwenden, die älter als 60 Jahre sind. Offiziell zugelassen ist der Impfstoff aber für Menschen ab 18 Jahren. Vaxzevria weist laut BMG nach zwei Impfdosen eine Wirksamkeit von bis zu 90 Prozent in Bezug auf schwere Erkrankungen auf.
- Moderna: Der von dem US-Unternehmen entwickelte mRNA-Impfstoff mit dem Vertriebsnamen Spikevax ist für alle ab 12 Jahren zugelassen, die Stiko empfiehlt aufgrund eines erhöhten Risikos schwerer Nebenwirkungen aber, ihn auf die Altersgruppe der über 30-Jährigen zu beschränken. Der Moderna-Impfstoff hat laut BMG eine Wirksamkeit von bis zu 90 Prozent in Bezug auf schwere Erkrankungen, wenn der volle Impfschutz nach zwei Impfdosen erreicht worden ist.
- Johnson&Johnson: Das US-Unternehmen hat einen Vektorimpfstoff entwickelt, der bereits nach einer Impfdosis Schutz vor dem Coronavirus entwickelt. Er wird unter dem Namen Covid-19 Vaccine Janssen vertrieben. Das Präparat hat laut BMG eine Wirksamkeit von bis zu 70 Prozent bezogen auf schwere Erkrankungen – zudem ist die Zahl der Impfdurchbrüche im Vergleich zu den anderen Impfstoffen erhöht, daher empfiehlt die Stiko für mit Johnson&Johnson Geimpfte schon nach vier Wochen eine zusätzliche Impfdosis mit Comirnaty oder Spikevax, um den vollständigen Impfschutz zu gewährleisten.
- Novavax: Das US-Unternehmen hat den Impfstoff Nuvaxovid entwickelt. der mitunter zu den sogenannten Totimpfstoffen gezählt wird. Er enthält das Spike-Protein des Covid-19-Erregers Sars-CoV-2. Dabei handelt es sich aber genau genommen nicht um abgetötete Virusbestandteile, die direkt aus dem Coronavirus gewonnen werden. Das Protein wird stattdessen künstlich hergestellt. Das menschliche Immunsystem bildet nach der Impfung Antikörper gegen das Protein. Der Impfstoff wird vermutlich ab Ende Februar in Deutschland eingesetzt und soll laut BMG in bis zu 90 Prozent der Fälle vor Erkrankung schützen.
- Weitere Impfstoffe sind in der Entwicklung: Weltweit befinden sich diverse Vakzine in verschiedenen Phasen der Zulassung. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA prüft derzeit das umstrittene russische Präparat Sputnik V sowie die Impfstoffe der Hersteller Sinovac, Sanofi und Valneva. Der deutsche Hersteller CureVac hat seinen Impfstoff vorerst aus dem Zulassungsverfahren zurückgezogen.
Ist die Verbindung weg, heißt das für Becker und all die anderen auch, dass sie die Daten in der Maske neu eingeben werden müssen. „Das ist sehr zeitintensiv und die Zeit fehlt dann für andere Kunden“, sagt Becker, der von einer hohen Nachfrage nach dem digitalem Impfausweis berichtet. Aber Schlangen würden sich noch nicht vor der Tür bilden.
In der Lüneburger Löwen-Apotheke stapelten sich derweil die unbearbeiteten Anfragen beziehungsweise nicht möglichen Aufträge. Auch am Montag gab es laut Humsi technische Probleme. „Da haben wir aber so 50 geschafft und wir konnten nicht alle Anfragen bedienen.“ Am Dienstagmittag schätzte er die erfolgreich übermittelten Vorgänge auf etwa 15 digitale Ausweise und einen „hohen Stapel“. Andere Apotheker, die nicht namentlich genannt werden möchten, berichten sogar von 300 Ausweisen in zwei Tagen und einem enormen Zulauf und Interesse.
Drei Apps sind kompatibel, Update ist teils nötig
In der Löwen-Apotheke erhalten die Kunden den QR-Code entweder als Ausdruck, den sie bei sich tragen können. Alternativ können sie ihn gleich mit dem Handy abscannen und dann als Datei bei sich tragen. Dafür ist eine App nötig. Derzeit sind zwei Anwendungen gängig. Die Cov-Pass-App stammt vom Robert-Koch-Institut. Die Nutzung ist kostenlos und freiwillig. Derzeit können mittels der App die Zertifikate eingelesen und bei Bedarf wie beispielsweise bei einem Restaurantbesuch, im Fitnessstudio oder beim Eintritt ins Konzert angezeigt beziehungsweise vorgezeigt werden. In einem weiteren Schritt soll die App auch Nachweise über die Genesung von einer Corona-Infektion oder das Ergebnis eines negativen Corona-Test ausweisen.
Bei der zweiten App handelt es sich um die Corona-Warn-App der Bundesregierung, über die schon viele verfügen und die vor allem zur Kontaktnachverfolgung und Warnung genutzt wurde. Damit sie auch die Funktion als digitaler Impfausweis erfüllt, muss ein Update aufgespielt werden. Was wohl noch nicht alle wissen und in den Apotheken der Region auch am Dienstag zu einigen Problemen führte.
Wie die Betreiber mitteilten, soll auch die Luca-App ab diesem Mittwoch über die Zusatzfunktion verfügen. Die App, auf die, wie berichtet, auch der Landkreis Harburg setzt, soll vor allem die Erhebung von nötigen Daten erleichtern. Auch hier wird mittels QR-Code eine Registrierung vorgenommen, die beispielsweise den Restaurantbesuch und bei einer Infizierung die Kontaktnachverfolgung erleichtern soll.
Kunden müssen auf den QR-Code warten
Auch in der Stadt-Apotheke in Buchholz ging es am Dienstag in Sachen Impfausweis nicht voran. Doch Apothekerin Martina Kreyer nimmt es gelassen. „Das steckt noch in den Kinderschuhen“, sagt sie. „Was bringt es, sich darüber aufzuregen?“ Kreyer legte die Sache zur Seite, in der Hoffnung, dass am Abend, wenn die Apotheken schließen, das System weniger überlastet ist. Die Kunden können hier mit oder ohne Termin einen digitalen Impfausweis erstellen lassen. Dafür braucht es den Personal- und den Impfausweis. Das System hier: Den QR-Code gibt es derzeit ein paar Tage später, die Kunden werden zwecks Abholung angerufen.
In Lüneburg gab es am Dienstag dann zumindest einen Glücklichen: Für Pieter Bouwer hatte sich das Warten gelohnt. Bereits am Dienstagmorgen wollte er sich in der Lüneburger Löwen-Apotheke seinen digitalen Impfnachweis holen. Doch Apotheker Hans Nabil Humsi musste ihn wie viele vertrösten. „Mit Glück sind wir mal durchgekommen und haben schnell auf Drucken gedrückt“, sagt Humsi. Am Mittag konnte Pieter Bouwer dann den EU-weit gültigen Nachweis abholen, auch für seine Frau hatte er Impfpass und Ausweis vorgelegt.
Hier erfahren Interessierte, welche Apotheke dabei ist
Die Digitalisierung funktioniere sehr gut, sagt Pieter Bouwer, der ursprünglich aus Südafrika kommt und jetzt in Lüneburg wohnt. „Die App finde ich toll.“ Der 58-Jährige hat bereits seine erste Impfung dort eingespeichert. Solange er jedoch nicht den vollständigen Impfschutz nachweisen kann, erscheint auf dem Display ein entsprechender Hinweis. Dann können die Bouwers auch bequem im geplanten Frankreichurlaub ihren Impfstatus auf dem Smartphone vorlegen.
In den Impfzentren soll die Digitalisierung auch bald möglich sein. Dann kann dort man direkt nach der Impfung den QR-Code mitnehmen. Für alle anderen bieten die meisten Apotheker in der Region Harburg den Service an, den Ausweis zu erstellen. Mittels des Internetportals www.mein-apothekenmanager.de können Interessierte nachsehen, welche Apotheke in ihrer Umgebung mitmacht. Beispielsweise sieben Apotheken wirft die Anfrage für Seevetal aus, ähnlich viele sind es in Buchholz. Doch Achtung: Auch hier gab es am Montag und Dienstag technische Probleme, zeitweise führt eine Anfrage zu internen Fehlern, wahrscheinlich auch aufgrund von Überlastung.
Die AHAL-Regeln gegen Corona: So verringern sie das Ansteckungsrisiko
- Abstand halten: Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum, und halten Sie mindestens 1,50 Meter Abstand zu anderen Personen
- Hygiene: Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund, waschen Sie sich regelmäßig die Hände mit Seife und achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
- Im Alltag Maske tragen: Auch wo die (erweiterte) Maskenpflicht nicht gilt, ist es empfehlenswert, sich und andere vor Ansteckung zu schützen. FFP2-Masken oder OP-Masken bieten Schutz vor Ansteckung
- Lüften: Wenn Sie sich mit anderen Personen in einem Raum aufhalten, lüften Sie regelmäßig, um das Risiko einer erhöhten Viruskonzentration in der Raumluft zu verringen
- Außerdem: Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an Ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden