Landkreis Harburg. Neue Verordnung ließ auf sich warten und sorgte für Überraschungen. Tourismusverband kündigt Klage an

Angesichts der zunehmend entspannten Corona-Lage können sich die Menschen in Niedersachsen seit Montag über weitere Lockerungen freuen. Für persönliche Begegnungen, zum Ausgehen, Einkaufen sowie in Schule und Tourismus gibt es mehr Freiraum. Hygieneregeln, die Maskenpflicht in vielen Bereichen sowie auch Schnelltests sind aber weiterhin Bestandteil der Vorschriften. Das sieht die neue Corona-Verordnung vor, die am Sonntag veröffentlicht wurde. Allerdings kam diese deutlich später als erwartet und in den Details sorgte sie für einige Überraschungen.

„Den ganzen Sonntag mussten die Touristiker des Landes auf die neue Verordnung warten, die wenige Stunden später in Kraft treten sollte. Erst gegen 20 Uhr veröffentlichte die Landesregierung die neue Verordnung und das Entsetzen war groß“, schreibt Ulrich von dem Bruch in einer Stellungnahme am Montag. Der Chef der Lüneburger Heide GmbH, der sich als Initiator der Aktion „Wir zeigen Flagge“ zusammen mit Dehoga und Tourismusverbänden landesweit für klarere und umsetzbare Regeln eingesetzt hat, ist sauer. Er wirft der Landesregierung Wortbruch vor.

Tourismuschef wirft Landesregierung Wortbruch vor

Entgegen des vom Kabinett am 10. Mai verabschiedeten Stufenplans 2.0 hätte die Landesregierung die Regeln für den Tourismus erneut und ohne Absprache verschärft. War im Stufenplan in der Inzidenzstufe 1 (10-35) nur ein Hygienekonzept für die Übernachtungsbetriebe vorgesehen, müssen sich laut der veröffentlichen Verordnung nun doch wieder alle Gäste testen lassen. Einmal bei Ankunft und zwei weitere Male je Aufenthaltswoche, so wie in allen anderen hohen Inzidenzstufen auch.

06.05.2021, Niedersachsen, Hannover: Ulrich von dem Bruch, Sprecher des Aktionsbündnisses und Geschäftsführer der Lüneburger Heide GmbH, spricht während einer Pressekonferenz der Tourismus-Initiative
06.05.2021, Niedersachsen, Hannover: Ulrich von dem Bruch, Sprecher des Aktionsbündnisses und Geschäftsführer der Lüneburger Heide GmbH, spricht während einer Pressekonferenz der Tourismus-Initiative "Wir zeigen Flagge" vor dem niedersächsischen Landtag. Die niedersächsische Tourismus- und Gastronomiebranche fordert von der Landesregierung Öffnungsperspektiven - mehrere Organisationen haben sich dazu in einer Initiative zusammengeschlossen. Foto: Ole Spata/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ © dpa | Ole Spata

„Ich war erst sprachlos und konnte es nicht glauben, wir hatten der Landesregierung vertraut, dass der verabschiedete Stufenplan auch umgesetzt wird“, sagt von dem Bruch. „In keiner Branche gibt es in dieser Stufe eine Testpflicht, nur in der Beherbergung“. Die Lüneburger Heide habe Inzidenzen zwischen 7 und 17, so der Tourismuschef, die Testpflicht habe massive, negative Auswirkungen auf das Geschäft. Während in Museen, Gastronomie oder Einzelhandel keine Testpflicht existiere, wird sie im Tourismus neu eingeführt. „Die Diskriminierung unserer Branche hält an. Konstruktive Gespräche sind hier wohl nicht mehr möglich, wir werden vor Gericht ziehen“, kündigt von dem Bruch an.

Ganz anders ist die Stimmung beispielsweise beim Freilichtmuseum Kiekeberg in Ehestorf. Mit der neuen Corona-Verordnung entfällt die Testpflicht für Besucher, die den Verantwortlichen aufgrund des organisatorischen Aufwandes Kopfzerbrechen bereitet hatte. „Wir freuen uns, dass wir unsere Museen wieder ohne Einschränkungen öffnen können“, sagt Museumsdirektor Stefan Zimmermann am Montag. „Auch unser Museumsgasthof Stoof Mudders Kroog und das Rösterei-Café Koffietied dürfen nun wieder außen und innen ihre Speisen und Getränke anbieten – ohne Testpflicht oder Kontaktdatenerhebung.“

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Ohne einen Test ins Museum, sich dann noch in den Biergarten setzen oder einfach ins Café: Das klingt doch auch fast wie in alten Vor-Corona-Zeiten.

„Ein großer Schritt zurück in die Normalität für das Leben im Landkreis Harburg“: So überschreibt auch der Landkreis Harburg seine aktuelle Pressemitteilung zu den Lockerungen. Viel Neues kann der Landkreis gar nicht verkünden. Der Kreis hat das stabile Unterschreiten des Schwellenwerts von 35 bereits am 25. Mai festgestellt, damit ist keine weitere Allgemeinverfügung des Landkreises erforderlich. Aufgrund der in Harburg niedrigen Werte gelten die Regelungen für Regionen mit stabilen Inzidenzwerten unter 35 – auch wenn die Inzidenzen im Landkreis Harburg niedriger liegen. Denn die Corona-Verordnung des Landes sieht noch keine Lockerungen für Regionen mit Inzidenzen unter 10 vor.

Für den besseren Überblick gilt nun Folgendes in der Region.

Treffen drinnen oder draußen: Ein Haushalt plus zwei weitere Personen eines anderen Haushaltes dürfen sich treffen, ab einer Sieben-Tage-Inzidenz unter 50 auch zehn Personen aus maximal drei Haushalten. Kinder bis einschließlich 14 Jahren zählen nicht dazu. Zusammenkünfte von Kindern bis einschließlich 14 Jahren sind bis zu zehn Personen zulässig. Privat organisierte Feiern von Personen, die älter sind als 14 Jahre, sind nur im Rahmen der Kontaktbegrenzungen zulässig.

Maskenpflicht: Sobald und solange man bei einer Veranstaltung oder in einer Gastronomie sitzt, darf man die Maske abnehmen. In Bus und Bahn aber muss die Maske aufbleiben.

Schule/Kita: Unter einer Inzidenz von 50 kehren alle Schulen und Kitas in den Regelbetrieb zurück. Für viele Schüler bedeutet das das erste Wiedersehen in kompletter Klassenstärke seit mehr als fünf Monaten. Hygieneregeln und eine Maskenpflicht für Schüler in bestimmten Bereichen sowie die Testpflicht für Schüler und Personal bleiben erhalten. Bei einer Inzidenz oberhalb von 50 kehren die Schulen in den Wechselunterricht, das Szenario B, zurück.

Einzelhandel: Ist ohne Testpflicht, aber mit Maskenpflicht geöffnet. Liegt die Inzidenz über 35, gibt es eine Zugangsbeschränkung. Sollte die Inzidenz wieder über 50 steigen, greift wieder eine Testpflicht.

Die Gastronomie kann drinnen und draußen öffnen. Die Testpflicht entfällt draußen bei einer Inzidenz unter 50. Drinnen gibt es bei einer Inzidenz über 35 eine Kapazitätsbeschränkung und eine Sperrstunde um 23 Uhr.

Bars, Disco, Clubs: Können bei einer Inzidenz unter 35 wieder öffnen mit 50-prozentiger Kapazität. Bedingung ist ein negatives Testergebnis, es gibt keine Maskenpflicht.

Tourismus: Hotels und andere Quartiere können bei einer Inzidenz unter 50 bis zu 80 Prozent belegt werden, diese Begrenzung entfällt bei einer Inzidenz unter 35. In allen Fällen bleibt es bei Testpflichten für die Gäste.

Theater, Konzerte, Kino: Veranstaltungen drinnen und draußen sind möglich, mit Testpflicht und einer Sitzordnung im Schachbrettmuster, bei einer Inzidenz unter 35 entfällt die Testpflicht.

Museen, Galerien, Ausstellung, Gedenkstätte: Geöffnet ohne Testpflicht, bei einer Inzidenz über 35 noch mit einer 75-prozentigen Kapazitätsbegrenzung.

Veranstaltungen: Bei einer Inzidenz unter 50 sind im Freien maximal 250 Personen mit Testpflicht und Sitzplatz zugelassen. Liegt die Inzidenz unter 35, sind bis zu 500 Zuschauer erlaubt, mit einer Genehmigung auch mehr. Unterhalb einer Inzidenz von 35 sind mit Genehmigung auch Großveranstaltungen im Innenraum wie Konzerte oder Zuschauer bei großen Sportveranstaltungen wieder möglich, ab einer Kapazität von 1700 Plätzen mit 30-prozentiger Auslastung.

Fitnessstudio: Ab einer Inzidenz unter 50 geöffnet mit negativem Test und bei Kontaktsport einer Begrenzung auf 30 Teilnehmer. Bei einer Inzidenz unter 35 reicht ein Hygienekonzept.

Schwimmen: Unter einer Inzidenz von 50 gibt es in Freibädern keine Testpflicht mehr. In Hallenbädern bleibt sie bei einer Inzidenz zwischen 35 und 50 für dort trainierende Kleingruppen bestehen. Freibäder öffnen bereits bei einer Inzidenz unter 100, Hallenbäder für das allgemeine Publikum erst unterhalb einer Inzidenz von 35.

Gesang im Gottesdienst: Singen im Gottesdienst und bei anderen religiösen Veranstaltungen ist bei einer Inzidenz von unter 35 wieder möglich.