Krautsand. Auf der Elbinsel sollen alte Priele und Gräben wieder an das Tidegeschehen der Elbe angebunden werden. Das Projekt wird vom WWF organisiert
Die Elbinsel Krautsand ist in der Süderelbe-Region vor allem als Geheimtipp für Tagesausflüge bekannt: Ein gut fünf Kilometer langer und bis zu 50 Meter breiter Sandstrand bietet hier auf halber Strecke zwischen Hamburg und Cuxhaven das, wozu man sonst viel weiter an Nord- oder Ostsee fahren müsste. Aber die nach der Sturmflut von 1976 eingedeichte Insel ist auch ein Naturparadies aus Wiesen und Auenwald, durchzogen von etlichen Prielen, Gräben und anderen Wasserläufen. Die sind allerdings bis auf zwei große Nebenarme der Elbe vom Hauptstrom oft abgetrennt. Und das soll sich jetzt mit einem „Naturschutz-Großprojekt“ ändern, das zum überwiegenden Teil durch das Bundesamt für Naturschutz und das niedersächsische Umweltministerium finanziert wird.
Umweltorganisation WWF ist Träger des Projekts
Projektträger ist der international agierende Umweltverband WWF, der gemeinsam mit der Nabu-Stiftung die restlichen 12,5 Prozent der Kosten trägt und gerade vor Ort in Drochtersen mit drei Mitarbeitern ein Büro in einer alten Villa bezogen hat. Von Dienstag bis Donnerstag wohnen die WWF-Leute dort sogar. „Da kommt man gut mit den Menschen hier ins Gespräch“, sagt WWF-Projektleiterin Beatrice Claus. Die Gewässerbiologin ist beim WWF Spezialistin für die großen Flussmündungen und das Wattenmeer. Für den WWF stand sie im Protest gegen die aktuelle Elbvertiefung an vorderster Front. Und gerade durch solche technischen Großprojekte habe sich die Elbe stark verändert und sei die biologische Vielfalt gefährdet, sagt Claus.
Fachbüros stellen zunächst einen Entwicklungsplan auf
Das Naturschutz-Großprojekt soll da eine Art Gegenmaßnahme sein und gliedert sich in zwei Phasen. In der ersten Phase geht es in den kommenden drei Jahren zunächst darum, mit Unterstützung von Fachbüros einen Pflege- und Entwicklungsplan aufzustellen, der auch die Belange von Landwirtschaft und Tourismus berücksichtigen soll. Die Phase der eigentlichen Umsetzung ist anschließend auf etwa zehn Jahre angelegt. Rund 20 Millionen Euro, so schätzt Projektleiterin Claus, werden in das Naturschutzprojekt wohl am Ende investiert. Ein „Leuchtturm-Vorhaben“ für den Schutz von tidebeeinflussten Flussmündungen, heißt es in der Projektbeschreibung des WWF.
Strömung und Wasserstand haben sich verändert
Derzeit fehlen seit der Eindeichung gut 90 Prozent der früheren Überflutungsflächen auf Krautsand. Auch Strömungsverhältnisse und Wasserstände hätten sich verändert und verändern sich weiter, argumentiert der WWF. Das auch bei Ausflügler beliebte Watt werde geschädigt, ebenso Auenwälder und Uferbereiche. Nebenelben wie die Wischhafener Süderelbe verschlicken indes zusehends. „Wo immer möglich“ sollen bei diesem Projekt daher abgetrennte Gewässer wie Priele wieder an den Tideverlauf der Elbe angeschlossen sowie typische und auch neue Gewässer angelegt werden, die ebenfalls mit dem natürlichen Verlauf von Ebbe und Flut verbunden sind. Auch neues Grünland soll hier entwickelt werden. Wesentlicher Aspekt dabei wird also der Ankauf von Grundstücken sein. Wobei allerdings schon jetzt viele Flächen auf Krautsand in staatlichen Besitz seien und oft ohnehin als Natur-Kompensation vorgesehen sind – etwa als Ausgleich zum Weiterbau der A 20, die hier einmal in einem Tunnel die Elbe unterqueren soll.
Viele Anwohner sehen das Projekt positiv
Während ähnliche Pläne für einen Wiederanschluss von alten Elbarmen wie an der Alten Süderelbe oder auch an der Dove-Elbe zur Zeit auf teils massive Kritik stoßen, rechnet Projektleiterin Claus auf Krautsand nicht mit derartigen Protesten. „Dazu gibt es hier viel zu viele gemeinsame Interessen mit uns“, sagt sie gerade mit Blick auf die zunehmende Verschlickung. „Wir sehen das grundsätzlich positiv“, bestätigt diese Einschätzung auch Professor Heinrich Reincke, der als Verbandsvorsteher des Unterhaltungsverbands Kehdingen zahlreiche Gewässer auf Krautsand betreut: „Wichtig ist, dass man die Landwirte gut beteiligt – dann wird das hier zu einer Win-win-Situation“, sagt er.