Stelle. Gemeinderat entscheidet über Bauvorhaben. Archäologe sieht in dem Gebiet mit kulturhistorischen Zeugnissen Potenzial für Urlaubsregion.

Jakob Möller (Archäologe und Heimatforscher aus Maschen/Berlin) will die Steller Pennekuhle mit seiner kulturhistorischen Bedeutung erhalten und für Touristen attraktiv machen.
Jakob Möller (Archäologe und Heimatforscher aus Maschen/Berlin) will die Steller Pennekuhle mit seiner kulturhistorischen Bedeutung erhalten und für Touristen attraktiv machen. © Jakob Möller | Unbekannt

Darf Aldi in Stelle sein neues Logistiklager bauen? An diesem Mittwoch könnte der Gemeinderat die Weichen dafür stellen. An dem Großbauprojekt gibt es massive Kritik, es werden unwiderrufliche Schäden an Umwelt und Kulturlandschaft befürchtet. Befürworter verweisen auf die zu erwartenden Vorteile durch Gewerbesteuer und Arbeitsplätze.

„Es ist ein gigantisches Bauvorhaben mit sehr wenigen und überdies unsicheren Vorteilen, aber überdeutlichen Nachteilen und vielen Unwägbarkeiten für die Bewohner der Gemeinden Stelle und Maschen“, sagt Jakob Möller. Der Archäologe und Heimatforscher aus Maschen appelliert in einem offenen Brief an den Bürgermeister und die Mitglieder des Gemeinderats, das Gebiet aufzuwerten und auch für Touristen interessant zu machen. „Professionell präsentiert könnte es ein Highlight für Wanderer, Naturliebhaber und Kulturbegeisterte in der Metropolregion Hamburg sein.“

Eine Besonderheit des Gebiets ist ein großer Grabhügel aus der Bronzezeit mit einem Durchmesser von annähernd 20 Metern, der vor etwa 3000 bis 4000 Jahren errichtet wurde. Er müsste für das Bauvorhaben zerstört werden. „Unter solchen Hügeln begrub man herausragende Persönlichkeiten, Häuptlinge oder Könige und Königinnen“, sagt Möller, der das aufgeschichtete Bauwerk mit den Pyramiden vergleicht, die zur selben Zeit in Ägypten entstanden.

Die Nähe zu einem gut erhaltenen und möglicherweise ebenfalls jahrtausendealtem Hohlweg am Rande einer Senke, ist seiner Ansicht nach kein Zufall. „Der Hohlweg ist der einzige heute noch im Gelände sichtbar erhaltene Abschnitt eines alten Weges von überregionaler Bedeutung. Die Grabhügel errichtete man nicht nur am liebsten an exponierter Stelle, wo sie weithin sichtbar waren, sondern auch besonders gern an Fernwegen. Sie dienten unseren Vorfahren als Landmarken, als deutliches Statement an Reisende aus nah und fern.“


Um den Ort zu erhalten, sollte er für Touristen aufgewertet werden


Um in auch in Zukunft wieder Reisende auf das Gebiet aufmerksam zu machen, ist es dem Archäologen zufolge wichtig, nicht nur diese beiden Besonderheiten an ihrem ursprünglichen Ort vollständig zu erhalten, sondern auch das unter Naturschutz stehende Biotop, das aus einer Quelle an der Senke gespeist wird. Das Landschaftsschutzgebiet Pennekuhle ist Heimat für zahlreiche Pflanzen und Tiere. Entscheidend für die kulturhistorische Bedeutung des Gebiets sei der Erhalt des vollständigen Ensembles, sagt Möller.

Mit all diesen Spuren aus der Vergangenheit sei der Ort zudem identitätsstiftend für die Menschen in Stelle. „An ihm findet sich ein einzigartiges Ensemble aus Natur- und Kulturdenkmalen, dessen Existenz als Ganzes mit der Realisierung des Bauvorhabens direkt vernichtet würde.“

Um den Ort zu erhalten, sollte er für Touristen aufgewertet werden. Als Vorbild könnte der Hallonen-Rundweg in Maschen dienen, so der Vorschlag Möllers. Dort sei es in vorbildlicher Weise gelungen, nachhaltigen und sanften Tourismus mit dem Erfahren der lokalen Geschichte zu verbinden. Voraussetzung sei ein ansprechend und professionell gestaltetes Informationssystem. Auch die ähnlichen Informationstafeln an zahlreichen Kulturdenkmälern in Ashausen seien vorbildlich. In Stelle sieht der Archäologe ebenfalls Potenzial für eine solche Aufwertung. „Man könnte hier ein tragfähiges und nachhaltiges Konzept für eine alternative Nutzung als Natur- und Kultur-Erlebnisort entwickeln.“

BUND unterstützt Online-Petition zur Rettung des Hügelgrabs von Stelle
 

Historischer Hohlweg Stelle
Historischer Hohlweg Stelle © Jakob Möller | Unbekannt

Der Landkreis hatte für das Bauvorhaben eine Befreiung von naturschutzrechtlichen Auflagen erteilt. Dagegen hat der BUND Widerspruch eingelegt. Es gebe keine vernünftigen Gründe, den Plan zuzustimmen, sagt Thomas Rieckmann von der Ortsgruppe Stelle. „Schützen und erhalten wir die wertvolle Natur und landwirtschaftliche Fläche, die anders wesentlich sinnvoller genutzt werden kann.“ Der BUND unterstützt auch eine Online-Petition zur Rettung des Hügelgrabs von Stelle auf www.change.org. Die Unterschriften sollen dem Bürgermeister bei der Sitzung des Gemeinderats überreicht werden.

Kritik gibt es auch daran, dass die Ratssitzung trotz der derzeitigen Ausnahmesituation stattfinden soll. „Während alle sonstigen politischen Veranstaltungen verschoben werden oder digital stattfinden, geht Stelle hier einen Sonderweg. Es drängt sich die Frage auf, ob möglichst schnell eine Entscheidung getroffen werden soll“, sagt Lars Möhrke, Kreistagsabgeordneter der Grünen und im Kreisvorstand Harburg-Land. Der Ortsentwicklungsausschuss hat sich bereits für eine Zustimmung zu den Aldi-Plänen ausgesprochen und wird dies auch den Mitgliedern des Gemeinderats empfehlen.