Winsen. Tiernahrung: Der Familienbetrieb Tackenberg wächst auch während der Corona-Pandemie. Erstmals Weihnachtskalender für Hunde.
Alles, was ein Hund braucht, gibt es am Stadtrand von Winsen im Gewerbegebiet Osterwiesen. Davon ist jedenfalls Dorian Hubertus Tackenberg überzeugt. Sein Umsatz wächst seit mehr als 15 Jahren schneller als der ergiebige Markt für Tiernahrung, versichert der Bürokaufmann, der mit 20 Jahren die Tackenberg Handelsgesellschaft von seinen Eltern übernommen hat. „Rote Zahlen kennen wir nicht.“ Daran hat auch die Corona-Pandemie nichts geändert.
Stetig steigende Zahl von Heimtieren
Die stete Aufwärtsentwicklung geht dabei nicht allein auf die steigende Zahl von Heimtieren zurück, ist Tackenberg sicher. Daneben halte der Trend bei den Haltern an, „gerade Hunde immer mehr als Familienmitglied zu sehen und sie ebenso gesund und hochwertig zu ernähren wie sich selbst. Damit übertragen die Menschen ihre Vorstellungen auf die Vierbeiner.“
Tackenberg empfängt an diesem frühen Nachmittag im Besprechungszimmer des Unternehmens, das nur wenige Schritte von der Hygieneschleuse am Eingang zur Produktion entfernt ist. In zwei Schichten werden drinnen vor allem Rinderviertel zerlegt und zudem Geflügel und Pferdefleisch verarbeitet.
Gute Umsätze auch im abgelaufenen Corona-Jahr
Im anschließenden Raum füllen Petro Loza und Heiko Huldack an einer Produktionsstraße 250-Gramm Formen mit Pansen, Rindfleisch, Erbsen und Wurzeln. Das Biologisch artgerechte rohe Fleisch (BARF) wird pflanzlich angereichert und danach in Folien vakuumverpackt bei minus 35 Grad schockgefroren. Die Doppelpackung reicht als Mahlzeit für einen ausgewachsen Schäferhund.
Dosen hingegen werden wie überall in der Nahrungsmittelindustrie unter Druck gekocht, etikettiert und landen schließlich eingeschweißt in handelsüblichen 6er Packs. „Pferd mit Kartoffeln“ wird gern gekauft. Bevor die Dosen im Lager landen, kontrolliert Uwe Krüger, ob keine eine Delle abbekommen hat.
Fünf Marken mit 850 Sorten
Die Produktpalette umfasst inzwischen 850 Sorten aus fünf Marken. Dazu gehören auch Snacks wie Würstchen oder getrocknete Rinderkehlköpfe, die Herrchen in einer Tüte bestellen kann. Donnerstags und freitags ist im Laden, der direkt an den Besprechungsraum angrenzt, die Fleischtheke geöffnet. Die Fleischerei-Fachverkäuferin Sylvia Düring, die selbst einen Golden Retriever hält, berät Hundehalter, die frisch einkaufen wollen. „Wir haben für unsere Abläufe auf kurze Wege geachtet“, erklärt Tackenberg.
Alles begann 1974 als Tackenbergs Eltern Corinna und Michael die Firma in Hamburg gründeten. Standorte waren zunächst der Hamburger Nagelsweg und bis in die 90er Jahre hinein der Hamburger Schlachthof. Der Sohn absolvierte seine Lehre im elterlichen Betrieb und übernahm 1998. Es folgten 2005 der erste Online-Shop, 2006 der Kauf einer Lagerhalle in Barum und 2012 der Bau eines Betriebs in Bardowick, der inzwischen verkauft ist. Wichtig für die Tackenbergs war 2016 die Übernahme der heutigen Gebäude vom Wursthersteller Massa in Winsen. „Wir haben mit dem Umbau die gesamte, jetzt ausschließlich eigene Produktion an einem Ort zusammengefasst“, sagt Tackenberg.
65 Mitarbeiter produzieren für 10.000 Kunden
Heute beschäftigt das Unternehmen 65 Mitarbeiter und hat 10.000 Kunden auf seiner Liste. Für 80 Prozent des Umsatzes stehen Privatkunden, die online bestellen. Im Durchschnitt kaufen sie für rund 80 Euro ein. Dazu kommen Lieferungen an den Zoofach- und den Lebensmittel-Einzelhandel. Die Beziehungen zu den Fleischlieferanten im Umkreis von 250 Kilometern sind über Jahre gewachsen. „Wir sehen uns als bundesweiter Qualitätsführer“, versichert der Chef, hält sich dabei aber mit absoluten Umsatzzahlen zurück.
Die Tierliebe der Deutschen ist offensichtlich ein Garant für die seit Jahren wachsende Branche. Im vergangenen Jahr erreicht der Umsatz allein mit Futter für Heimtiere gut 3,3 Milliarden Euro, ein Plus von 2,5 Prozent (siehe auch Infokasten). „Die Halter übertragen ihre Bedürfnisse auf ihre Tiere. Wenn sie auf Farb- oder Konservierungsstoffe verzichten und Biolebensmittel essen, sollen das auch ihre Lieblinge tun“, sagt Antje Schreiber, die Sprecherin des Zentralverbandes Zoologischer Fachbetriebe (ZZF). „Wenn man sich selbst etwas Gutes tut, soll das für Hunde oder Katzen ebenso gelten.“
Schreiber ist sicher, dass der Markt auch in diesem Jahr zugelegt hat. Um wie viel lässt sie offen. Denn die Ergebnisse der im November in Kooperation mit dem Industrieverband Heimtierbedarf (IVH) gestarteten Erhebung werden erst im Frühjahr vorliegen. Brancheninsider halten jedoch sogar ein zweistelliges Umsatzplus für wahrscheinlich. Mehr Zeit zu Hause habe die Lust am Heimtier gefördert und der ausgefallene Urlaub dürfte zudem Finanzmittel in den Haushalten freigesetzt haben.
Dabei rücken die BARF-Mahlzeiten stärker in den Fokus, obwohl sie weiter kritisch gesehen werden. Vereinfacht gesagt gelten sie meist nur als Ergänzungsfutter, weil die genaue Mischung der Zutaten mit dem Fleisch bislang umstritten ist. „Wir wollen aber mehr Halter von diesem Futter überzeugen, weil es durch das Einfrieren besonders frisch ist“, argumentiert Tackenberg.
In Kurzarbeit musste bei Tackenberg niemand
Mit ihrer Umfrage wollen die beiden Verbände nun auch die Auswirkungen der Corona-Krise abfragen. Die hielten sich bei Tackenberg in Grenzen. Es blieb bei einem geregelten Zutritt zum Laden, getrennten Gruppen bei der Arbeit und Homeoffice für Beschäftigte im Büro. Aufgrund der anhaltenden Nachfrage musste niemand in Kurzarbeit. „Problematisch war zeitweise die auf 20 Prozent gesunkene Zahl der Schlachtungen, so dass Fleisch knapp und der Einkauf teurer wurde“, so Tackenberg. „Wir konnten jedoch die Verkaufspreise bislang konstant halten.“
Brachte das Weihnachtsgeschäft einen zusätzlichen Schub? „Eigentlich haben wir kein Weihnachtsgeschäft“, so der Unternehmenschef. Nur der Versand der Pakete wird umgestellt. So verschicken die Winsener seit dem 14. Dezember ihre BARF-Pakete nur noch per Express, damit sie zwischen den Millionen Weihnachtspaketen noch rechtzeitig ankommen. Doch reagiert hat der Eigner eines Border Terriers doch auf die Festtage. Schon um den dem Trend nachzukommen, zum Nikolaus oder zum Heiligabend die Heimtiere zu beschenken.
Adventskalender für Hunde
So gab es in diesem Jahr zum ersten Mal einen Weihnachtskalender mit Leckerlis, Dosen und Gutscheinen zum Preis von 59 Euro. „Einige hundert haben wir online oder im Laden verkauft“, rechnet Tackenberg vor. „Nächstes Jahr machen wir das wieder.“