Lüneburg. „Wassersport für alle“, heißt das Projekt, bei dem ein Team aus Lüneburg ein spezielles Board auch für Menschen mit Handicap entwickelt hat.

Ein Jahrzehnt hatte sich die Volksbank Lüneburger Heide intensiv für die Sterne des Sports engagiert. Ein Projekt, bei dem Sportvereine nicht für sportliche Höchstleistungen, sondern für gesellschaftliches Engagement mit Preisgeldern und öffentlicher Darstellung belohnt werden. Prominente Sportler wie Skispringer Dieter Thoma, Handballer Christian Schwarzer und Biathletin Kati Wilhelm kamen zu den Siegerehrungen in die Region. Der Todtglüsinger SV nahm mehrfach an der Bundessiegerehrung in Berlin teil. Mittlerweile setzt die Volksbank vor allem auf ihre Crowdfunding-Aktion „Viele schaffen mehr“, unterstützt die Projektarbeit von Vereinen durch kräftige Zuschüsse zu Kleinspenden.

Sportvereine in den Landkreisen Harburg, Lüneburg und im Heidekreis, dem Geschäftsgebiet der Volksbank Lüneburger Heide, haben seitdem keine betreuende Bank mehr zur Seite. Das bedeutet allerdings nicht, dass sie sich nicht um die Sterne des Sports bewerben könnten. Mitglieder im sogenannten „Topf der Findelkinder“, wie es ein Sprecher vom Landessportbund Niedersachsen ausdrückte, können ihre Unterlagen über das SdS-Onlineportal einreichen. Diesen Weg beschritt auch der SUP & Outdoor Verein (SOV) Lüneburg – mit Erfolg.

Zum ersten Mal gemeinsam am Geburtstag aktiv. Der zehn Jahre alte Paul Wenzel und seine Familie aus Lüneburg gingen im Juli auf das Wasser der Ilmenau. In dieser Szene hilft ihm Adrian Wachendorf vom neu gebauten Steg auf das Mega-Board.
Zum ersten Mal gemeinsam am Geburtstag aktiv. Der zehn Jahre alte Paul Wenzel und seine Familie aus Lüneburg gingen im Juli auf das Wasser der Ilmenau. In dieser Szene hilft ihm Adrian Wachendorf vom neu gebauten Steg auf das Mega-Board. © phs-foto.de | Philipp Schulze

Projekt begeistert die Jury von „Sterne des Sports“

Schon auf lokaler Ebene war die Jury vom Projekt „Wassersport für alle“ begeistert. Mit dem Großen Stern des Sports in Bronze ist ein Preisgeld von 1500 Euro und die Qualifikation für den Landesentscheid verbunden. Bei der Bewertung der besten niedersächsischen Projekte landeten die innovativen Lüneburger Wassersportler erneut weit vorn. Als Zweitplatzierte blieb ihnen zwar der Sprung zur Bundessiegerehrung und damit bundesweite Aufmerksamkeit verwehrt, dafür gab es abermals 1500 Euro Preisgeld und eine Trophäe, den „Kleinen Stern des Sports in Silber“.

Höher bewertet wurde nur der Verein „I can Do“ aus Hannover, der mit seiner Initiative „IcanDo@School“ Grundschulen in der Corona-Krise unkompliziert und schnell hilft. „Die ausgezeichneten Vereine stehen mit ihren kreativen und vorbildlichen Projekten stellvertretend für unsere vielfältige Sportlandschaft in Niedersachsen“, sagte Innen- und Sportminister Boris Pistorius bei der virtuellen Siegerehrung.

Beim Landesentscheid den „Silbernen Stern“ geholt

Im preisgekrönten Projekt „Wassersport für alle“ bietet der SUP & Outdoor Verein Lüneburg inklusives Stand-Up-Paddling (SUP) an. Speziell für Rollstuhlfahrer entwickelten die Mitglieder ein sehr viel breiteres und aufblasbares Board, das trotzdem einfach zu lagern und leicht zu handhaben ist. Mit Spanngurten, Schlaufen und Ösen kann jede Art von Rollstuhl auf dem Board befestigt und ohne großen Kraftaufwand ins Wasser gelassen werden. Es kommt auf die richtige Technik an. Darüber hinaus trägt der Lüneburger Verein sein Know-how und seine Erfahrungen in die Welt hinaus, bietet Schulungen für Vereine an, die sich ebenfalls dem inklusiven Wassersport widmen wollen.

Die Idee entstand vor vier Jahren am Maschsee

Die Idee geht auf das Jahr 2016 zurück. Der Zweite Vorsitzende Adrian Wachendorf, zugleich Geschäftsführer eines Unternehmens für SUP-Events in Lüneburg, war beruflich am Maschsee, als er mit dem damaligen Vorstand der Rollstuhlsportgemeinschaft (RSG) Hannover, Detlef Zinke, ins Gespräch kam. Warum sollte Stand-Up-Paddling nur Fußgängern vorbehalten sein, war die Frage. Kurzerhand rollten sie den passionierten Segler Zinke auf ein Board und paddelten los.

Aufgeblasen ist das Mega-Board 5,5 Meter lang und zwei Meter breit. Dennoch ist es vergleichsweise leicht zu handhaben.
Aufgeblasen ist das Mega-Board 5,5 Meter lang und zwei Meter breit. Dennoch ist es vergleichsweise leicht zu handhaben. © phs-foto.de | Philipp Schulze

Seitdem entwickelte der Maschinenbauingenieur Wachendorf die Idee und das breite Board immer weiter. Es folgten viele Testfahrten, unter anderem auf der Alster, bevor im Frühjahr 2020 das momentan größte und auf dem Weltmarkt einzige Inklusions-SUP-Brett auf den Markt kam. Natur Guides, so heißt Wachendorfs Unternehmen, entwickelte das Mega-Brett in Kooperation mit dem SUP-Hersteller Siren aus Oldenburg.

Eine Riesenboard namens „Manta“

Das Rollstuhl-SUP namens „Manta“ ist ein aufblasbares Riesenboard mit Maßen von 5,5 Meter mal 2,0 Meter und einem Volumen von 1650 Litern Luft. Es kann bis zu 800 Kilogramm befördern und kostet 3600 Euro. Im Unterschied zum klassischen Ein-Personen-SUP können auf dem Mega-SUP bis zu zehn Personen gleichzeitig paddeln, dank der Sicherungssysteme ist Platz für bis zu vier Rollstühle. „Meistens fahren wir mit zwei Rollstühlen und zwei bis vier Fußgängern“, sagt Adrian Wachendorf. „Wir möchten möglichst vielen Menschen den Zugang zum Wasser und einen damit verbundenen Perspektivwechsel bieten.“

Neuer barrierefreier Steg an der Ilmenau

Das Rollstuhl-SUP ist überall dort einsetzbar, wo ein geeigneter Zugang zum Wasser existiert. Das kann ein barrierefreier Steg oder ein flaches Ufer sein. In Lüneburg konnte der SUP & Outdoor Verein die DLRG-Ortsgruppe als Partner gewinnen. „Auf dessen Gelände an der Ilmenau haben wir mit finanzieller Unterstützung der Aktion Mensch und mit freiwilliger Arbeit unserer Mitglieder einen barrierefreien Steg gebaut“, so der Zweite Vorsitzende. Der Verein rief eigens eine Inklusionsabteilung ins Leben, um regelmäßiges Training anbieten zu können. Die neuen Mitglieder sind teils körperlich, teils geistig beeinträchtigt.

Anfängliche Unsicherheit weicht Begeisterung

Die Reaktionen von Neulingen sind häufig die gleichen – zuerst schwingt eine gewisse Portion Respekt, teilweise auch Angst vor dem Wasser mit. „Nach ein paar Worten der Erklärung, spätestens aber beim Paddeln oder Beobachten, wechselt der Respekt in Spaß und Motivation“, so Wachendorf. Das Inklusions-Paddeln biete Fördermöglichkeiten im Bereich Mut, Gleichgewichtssinn und Selbstbewusstsein. Ohne Frage ein leuchtender Stern in der vielfältigen Sportlandschaft.