Harburg/Landkreis. 22 Schulen in Harburg melden akut Covid-Infizierte. Im Landkreis gibt es an 20 Schulen Quarantänemaßnahmen

Die Zahl ist gigantisch: 30.000 Masken, und damit die wohl größte Einzelspende an Mund-Nasen-Bedeckungen in Norddeutschland, geht an die weiterführenden Schulen im Bezirk Harburg. Spender ist der Rotary Club Hamburg-Harburg, der mit dieser Geste seinen Teil dazu beitragen möchte, das Infektionsrisiko für Schülerinnen und Schüler so gering wie möglich zu halten. Denn trotz weitgehend geltender Maskenpflicht im Unterricht melden die Schulen in Harburg Stadt und Land fast täglich neue Fälle.

Im Bezirk Harburg gibt es nach Angaben der Schulbehörde aktuell 22 Schulen mit akut Covid-19-Infizierten. Neun Klassen sind in Quarantäne. 21 Schulen haben noch gar keinen Fall gemeldet. Größere Zahlen von Infizierten meldeten bislang die Goethe Schule Harburg (12), die Grundschule Am Kiefernberg (6), das Helmut Schmidt Gymnasium (9), die Schule Auf der Veddel (8) und die Stadtteilschule Wilhelmsburg (6).

„Die Schulen haben umsichtig gehandelt, kümmern sich präzise um die Kontaktnachverfolgung und können so die Anzahl der in Quarantäne gehenden Klassen sehr gering halten“, sagt Behördensprecher Peter Albrecht. „Das ist jeweils mit einem hohen Aufwand verbunden, oft am Abend und am Wochenende.“

An 20 Schulen andauernde Quarantänemaßnahmen

Auch im Landkreis gibt es aktuell an 20 Schulen andauernde Quarantänemaßnahmen. Insgesamt ist es bisher an knapp der Hälfte der 80 Schulen im Kreis zu Infektionsschutzmaßnahmen, also Quarantäne von Klassen bzw. Jahrgängen gekommen. „Lokale Schwerpunkte sind nicht festzustellen“, sagt Landkreis-Sprecher Andres Wulfes. „Betroffen sind gleichmäßig der gesamte Landkreis und alle Schulformen.“

Trotz steigender Fallzahlen gelten die Schulen laut Kreisverwaltung nicht als „Hotspots“. „Bisher haben wir an den Schulen im Landkreis vereinzelte Fälle festgestellt“, so Wulfes. „Infektionen innerhalb der Schulen sind uns nur in wenigen Fällen bekannt.“

Vicky-Marina Schmidt, Schulleiterin der Goethe-Schule-Harburg, hat für das Sekretariat extra eine Schutzwand bauen lassen und überall in der Schule Desinfektionsmittel bereit gestellt.
Vicky-Marina Schmidt, Schulleiterin der Goethe-Schule-Harburg, hat für das Sekretariat extra eine Schutzwand bauen lassen und überall in der Schule Desinfektionsmittel bereit gestellt. © HA | Hanna Kastendieck (FMG)

Die jüngsten Coronainfektionen meldeten am Dienstag und Mittwoch das Gymnasium Hittfeld in der Gemeinde Seevetal und die Halepaghen-Schule in Buxtehude. Auch an der IGS Buchholz gibt es einen aktuellen Fall im Abiturjahrgang. In Hittfeld befinden sich bis auf Weiteres zwei zehnte Klassen sowie fünf Lehrkräfte vorsorglich zum Lernen zu Hause. In Buxtehude wurde ein Schüler des 13. Jahrgangs positiv auf das Coronavirus getestet und zeigt leichte Symptome. Das Gesundheitsamt hat verfügt, dass 15 Schüler in Quarantäne und der Abi-Jahrgang mit rund 95 Schülern ins Homeschooling versetzt werden.

„Das ist eine Vorsichtsmaßnahme des Gesundheitsamtes, um zu schauen, ob es noch weitere Fälle bei uns geben könnte“, sagt Schulleiterin Bettina Fees-McCue, die aus Erfahrung weiß, mit welchem Aufwand die Bearbeitung einer einzelnen Infektion an der Schule verbunden ist. Bereits im September hatte es einen Fall an ihrer Schule gegeben. Damals waren Geschwister aus der zehnten und zwölften Jahrgangsstufe betroffen. Das Gesundheitsamt musste mit sämtlichen Kontaktdaten beliefert, Lehrkräfte, Schüler und Elternvertreter informiert werden. Ein Corona-Fall an einer Schule bedeutet einen 14-Stunden-Tag.

Gewaltige Arbeitsbelastung

„Als Schulleiter ist man neuerdings auch Corona-Manager“, sagt Hans-Christian Höhne vom Gymnasium Meckelfeld. „Das Thema kommt einfach on Top und bedeutet eine gewaltige Arbeitsbelastung.“ Erst vergangene Woche musste der Schulleiter 120 Personen in Quarantäne schicken.

Drei Klassen, zwei Lerngruppen und 13 Kollegen sind nun zu Hause. „Bei einer Gesamtzahl von 61 Lehrkräften ein enormer Einschnitt und für die Kollegen eindeutig eine Mehrbelastung“, sagt Höhne. „Viele Lehrer arbeiten aktuell bis zu neun Stunden am Stück.“ Das halte man ein bis zwei Wochen durch, aber nicht länger.

Was ein einzelner Coronafall an Mehrarbeit für die Schulleiter auch in Harburg bedeutet, schildert Schulleiter Tobias Langer von der Stadtteilschule Ehestorfer Weg, an der es seit den Sommerferien insgesamt sieben Infektionen gegeben hat. „Das Corona-Krisenmanagement erfordert viel Zeit“, sagt er. „Wir müssen den Fall dem Gesundheitsamt, der Schulbehörde und Schulaufsicht melden und anschließend bei der Kontaktverfolgung helfen."

Präsenzunterrichts? Ja, aber mit Einschränkungen

Dabei geht es darum, mit welchen Kindern der Schüler in den vergangenen drei Tagen Kontakt hatte, in welchen Kursen und Wahlpflichtfächern er teilgenommen hat und an welchem Platz er gesessen hat. Klassenlisten müssen ans Amt geschickt werden und wenn das Amt überlastet ist, übernehmen wir auch noch die Information der Schüler und Eltern.“

Tobias Langer, Leiter der Stadtteilschule Ehestorfer Weg, wünscht sich für die Schulen in der Corona-Pandemie mehr individuellen Handlungsspielraum.
Tobias Langer, Leiter der Stadtteilschule Ehestorfer Weg, wünscht sich für die Schulen in der Corona-Pandemie mehr individuellen Handlungsspielraum. © HA | Hanna Kastendieck

Trotz der Belastung plädiert Schulleiter Langer für eine Fortführung des Präsenzunterrichts - allerdings mit Einschränkungen. „Wir brauchen als Schule mehr Handlungsspielraum und klarere Strukturen“, so Langer. „Die Belastung für die Kollegen, die bei einem Quarantänefall einen Teil der Klasse vor Ort, einen anderen Teil per Fernunterricht beschulen müssen, ist enorm.“ Langer plädiert daher für eine Teilung der Klassen und die weitere Beschulung im Hybrid-Modell. „Wir hätten damit ganz bestimmt weniger Quarantänefälle an den Schulen.“ Es sei doch besser, die Schüler kämen jeden zweiten Tag in die Schule als gar nicht mehr.

Für die Fortführung des Präsenzunterrichts plädiert auch Vicky Marina Schmidt. Die Schulleiterin der Goethe-Schule Harburg hatte bisher sieben betroffene Klassen, in denen Quarantänemaßnahmen getroffen wurden. „Wir erleben hier, dass es für die Kinder wichtig ist, dass sie jeden Tag zur Schule kommen können“, sagt Schmidt. Es sei eine lange Zeit, in der die Kinder große Einschränkungen erleben und belastet sind. „An Stellen, an denen es möglich ist, sollten wir daher versuchen, für Normalität zu sorgen.“

Lehrerverband hofft, dass generelle Schulschließungen ausbleiben

Wie lange diese vermeintliche Normalität noch anhalten wird, darüber können die Schulleiter nur spekulieren. „Wir können momentan nichts anderes tun, als situationsangemessen zu reagieren und dafür sorgen, dass die Corona-Schutzmaßnahmen eingehalten werden“, sagt Meckelfelds Schulleiter Hans-Christian Höhne.

Auch der Deutsche Lehrerverband hofft, dass generelle Schulschließungen ausbleiben, befürchtet aber, dass die Corona-Maßnahmen dafür an den Schulen nicht weit genug gehen. Den Schätzungen des Verbandes nach sind bundesweit mittlerweile mehr als 300.000 Schüler in Quarantäne. Zum Vergleich: Ende September waren es bundesweit rund 50.000 Schüler.

Auch immer mehr Lehrer bleiben zu Hause. Derzeit sind es laut Verband bis zu 30.000. Die Folge seien, so Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger, immer mehr Schulschließungen. Eine solche gibt es inzwischen auch in Hamburg. Dort ist die Ida-Ehre-Schule im Stadtteil Harvestehude für zehn Tage geschlossen, nachdem nach einem Corona-Reihentest 55 der 1200 Schülern und Schulbeschäftigten positiv auf Corona getestet worden waren.