Neu Wulmstorf/Böklund. Alle 550 Mitarbeiter des Schinken- und Wurstproduzenten aus Neu Wulmstorf werden übernommen. Käufer ist die zur Mühlen Gruppe aus Böklund.

Der Schinken und Wurstwarenproduzent Schwarz Cranz in Neu Wulmstorf ist verkauft. Übernehmer ist die zur Mühlen Gruppe aus Böklund im Kreis Schleswig-Flensburg. „Alle rund 550 Mitarbeiter werden übernommen. Ich gehe davon aus, dass ich die Führung des Unternehmens im Frühjahr 2021 übergeben kann. Kunden und Mitarbeiter haben damit nun Gewissheit, dass es weitergeht und mit wem“, sagte der Insolvenzverwalter, Friedrich Kraft von Kaltenborn-Stachau, am Freitag dem Abendblatt. Über den Kaufpreis für das Unternehmen wurde Stillschweigen vereinbart.

Den Rechtsanwalt der Hamburger Kanzler BRL Boege, Rohde, Luebbehuesen hatte das zuständige Amtsgericht Tostedt zum Insolvenzverwalter bestellt. Zuvor hatte sich die Liquidität des Unternehmens verschlechtert und ein Kredit in zweistelliger Millionenhöhe von einer deutschen Bank wurde schließlich nicht ausgezahlt (Abendblatt berichtete).

.„Das Unternehmen ist aufgrund des schwierigen Marktumfeldes und dem stetig gestiegenen Kostendruck in eine wirtschaftliche Schieflage geraten“, sagt Maximilian Tönnies, Geschäftsführer der zur Mühlen Gruppe. „Es ist eine Herkulesaufgabe es zukunftssicher zu machen, doch aufgrund der Traditionsmarke Schwarz Cranz und ihren Qualitätsprodukten gehen wir diese Aufgabe optimistisch an.“

Schwarz Cranz hatte mit Kostensteigerungen zu kämpfen

„Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten haben an einem Strang gezogen. Nur so war es möglich, in so kurzer Zeit ein positives Ergebnis für Schwarz Cranz und dessen Mitarbeiter zu erreichen“, sagte von Kaltenborn-Stachau. Die Übernahme steht zwar noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch die Kartellbehörde. „Das halte ich aber derzeit für eine Formalität“, so der Sanierungsexperte. Den Vertrag hatte der Insolvenzverwalter und die Gruppe am 5. November abgeschlossen – deutlich eher als von Kaltenborn-Stachau erwartet hatte.

Insolvenzverwalter von Schwarz-Cranz ist der Hamburger Rechtsanwalt Friedrich Kraft von Kaltenborn-Stachau.
Insolvenzverwalter von Schwarz-Cranz ist der Hamburger Rechtsanwalt Friedrich Kraft von Kaltenborn-Stachau. © Unbekannt | Rolf Zamponi


„Als Familienunternehmen sind wir froh, vielen Mitarbeitern eine Zukunft in der zur Mühlen Gruppe anzubieten“, sagt Senior Paul Otto Schwarz, wie die Gruppe aus Schleswig-Holstein weiter mitteilte. Zur Mühlen Geschäftsführer Axel Knau verweist vor allem auf die Spezialisierung von Schwarz Cranz auf das Produkt Bacon. Dies sei neben den klassischen Produkten wie Salami und Lachsschinken von Bedeutung. „Das Bacon-Know-how ist eine Erweiterung des Sortiments der zur Mühlen Gruppe.“

Schwarz Cranz hatte zuletzt mit deutlichen Kostensteigerungen zu kämpfen, die nicht an die Kunden weitergegeben werden konnten. Hinzu kamen die Corona-Pandemie, die zu finanziellen Mehraufwand durch höhere Sicherheits- und Kontrollmaßnahmen führte sowie höhere Energie- und Logistikkosten. Auch die im Februar gestiegenen Einkaufspreise für Schweinefleisch konnten im Verkauf nicht kompensiert werden. Vor diesem Hintergrund hatte das Unternehmen zunächst eine Sanierung in Eigenverwaltung beim Amtsgericht Tostedt erwirkt.

Nächster Termin ist die Gläubigerversammlung

Doch diese Form der Sanierung, bei der die Geschäftsführung handlungsbefugt geblieben wäre, kam letztlich nicht zustande. Denn für diesen Fall hätte entweder die Geschäftsführung selbst über eine Expertise für die Regeln der Insolvenzordnung verfügen oder aber einen Sanierungsexperten hinzuziehen müssen. Zwar war zunächst Jan Ockelmann von der Hamburger Kanzlei SGP Schneider Geiwitz Nord mit im Boot. Das Unternehmen kündigte dann aber den Vertrag mit der Kanzlei.

Damit lagen die Voraussetzungen für die Eigenverwaltung nicht mehr vor. Als Folge bestellte das Tostedter Gericht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 19. Oktober den bis dahin als Sachwalter, also quasi als Kontrolleur, arbeitenden von Kaltenborn-Stachau zum Insolvenzverwalter.

Bereits nach dem Insolvenzantrag hatten Gespräche mit möglichen Investoren begonnen. Die Angebote der Interessenten für die Fleischwarenfabrik kamen aus der gesamten Bundesrepublik.

Nächster Termin für den künftigen Kurs von Schwarz Cranz ist die Gläubigerversammlung, die für Dienstag, 5. Januar, im Gericht im Tostedt im Sitzungssaal I anberaumt ist. Dann sollen die Forderungen der einschließlich der Belegschaft mehr als 700 Gläubiger geprüft werden. Der Insolvenzverwalter wird zudem einen Bericht über den Stand des Verfahren erstatten. Wie hoch die Insolvenzquote für die Gläubiger ausfallen wird, lässt sich jedoch derzeit noch nicht absehen.


Die zur Mühlen Gruppe aus Böklund


Die zur Mühlen Gruppe ist ein deutscher Hersteller von Fleisch und Fleischerzeugnissen und gilt als Marktführer bei SB-Wurst und Wurstkonserven. Mutterunternehmen ist die Zur Mühlen ApS & Co. KG mit Sitz in Böklund.


Zur Gruppe gehören die Marken Böklunder, Könecke, Redlefsen (darunter Jensen’s und Heine’s), Schulte, Zerbster Original, Plumrose und Nölke (Gutfried).


In der Produktion sind nach Unternehmensangaben saisonabhängig 4000 Mitarbeiter in Deutschland, Dänemark und Polen tätig. Die Einigung zwischen der Gruppe und dem Insolvenzverwalter zur Übernahme von Schwarz-Cranz gelang in weniger als drei Wochen.