Buchholz. Sie ist ein Unikat, das deutsche Geschichte geschrieben hat. Eine Hochleistungsmaschine, die nicht nur Eisenbahnerherzen höher schlagen lässt

Sie ist ein Unikat, das deutsche Geschichte geschrieben hat. Eine Hochleistungsmaschine, die nicht nur Eisenbahnerherzen höher schlagen lässt. Die Dampflokomotive 528077 ist nicht nur die letzte komplett erhaltene dieser Baureihe, sie hat auch einen Rekord geschrieben. Noch steht das historische Fahrzeug in Crailsheim in Baden-Württemberg. Doch schon in wenigen Wochen wird die historische Dampflok nach Buchholz einfahren und mit ihrer Historie die einstige Bahnerstadt in der Nordheide um eine Attraktion reicher machen.

Für das stählerne Highlight sorgt der Bauunternehmer Steffen Lücking. Dieser, Fan historischer Maschinen und Fahrzeuge und „Sammler“ alter Lokomotiven, hat die 528077 jüngst erworben und wird sie im Oktober nach Buchholz transportieren lassen. „Diese Lokomotive ist nicht irgendeine“, schwärmt der Bauunternehmer aus Langenrehm. „Es handelt sich bei der 528077 um eine Maschine, die einen Rekord geschrieben hat. Innerhalb von 27 Einsatztagen legte sie 12.073 Kilometer zurück. Soviel, wie keine zweite.“

Bahnfan spendiert das Unikat

Die im Jahr 1943 von der Maschinenfabrik Esslingen unter der Fabriknummer 4640 gebaute Lokomotive wird auf einem Areal zwischen Wiesenstraße, Hermannstraße und Rüttgerstraße nahe der Buchholzer Innenstadt stehen. Das 2,4 Hektar große Areal ist im Besitz des Bauunternehmers. Dieser möchte das ehemalige Bahnerviertel zu neuem Leben erwecken.

Steffen Lücking ist Fan alter Dampflokomotiven. Jetzt spendet er eine an die Stadt Buchholz. 
Steffen Lücking ist Fan alter Dampflokomotiven. Jetzt spendet er eine an die Stadt Buchholz.  © HA | Hanna Kastendieck

Seine Idee: Ein Wohnquartier mit bezahlbarem Wohnraum und Wohnungen sowie einem Seniorenheim zu schaffen. Mittelpunkt des neuen Quartiers soll die alte Dampflokomotive sein, die nicht nur auf die Historie des Geländes hinweisen soll, sondern auch ein Hingucker für Heimbewohner und Anlieger wäre.

„Von der Dachterrasse des Pflegeheims könnten die Bewohner und Besucher dann sowohl den modernen Bahnhofsbetrieb als auch das historische Pendant in Form der 528077 beobachten“, schwärmt Lücking, der für das noch zu planende Heim schon einen Namen hätte: „Lokliebe“.

Genau vom dieser Liebe ist auch Lücking selbst erfasst. Seine erste Lok erwarb 43-Jährige vor drei Jahren in Magdeburg. Sie steht auf seinem Privatgrundstück. Seitdem sind weitere hinzugekommen. 100.000 Euro wird der Bauunternehmer in den Bau, Transport und die Restaurierung der alten Dampflokomotive stecken. Alle Anbauteile müssen vor Ort montiert werden. Als Ersatzteillager hat er vorsorglich eine zweite Lok der gleichen Baureihe gekauft. „Die 528165 war bereits zerlegt, weil sie keiner haben wollte“, sagt er. „Wir können die Teile jetzt gut gebrauchen.“

100 Tonnen schweres Gefährt

Denn neben der 528077 soll noch eine weitere historische Lokomotive nach Buchholz geholt werden. Sie hat die Nummer 528064 und steht derzeit in Krefeld. „Auch sie sollte geschlachtet werden“, sagt Steffen Lücking. „Aber das lasse ich nicht zu.“ Stattdessen soll das alte Stück wieder betriebsfähig gemacht werden und in ein paar Jahren auf den Nebenstrecken von Buchholz bis nach Hamburg oder München fahren.

Den Anfang in Buchholz aber soll die 528077 machen, die Lücking nicht nur wegen ihres Rekords gekauft hat, sondern auch, weil die 77 sein Geburtsjahr ist - und er diese Zahl grundsätzlich für ein gutes Omen hält. Anfang Oktober wird das 100 Tonnen schwere Gefährt mit einem Sondertransport nach Buchholz gebracht. Sie wird dann wie ein Kessel in den mehrachsigen Transporter eingehängt.

Zwei Kräne müssen die Lok anschließend an ihren Platz heben, der zunächst auf einem unbebauten Grundstück am Rande des Areals liegen wird. Dort soll die Lokomotive dann restauriert werden, bevor sie im Zuge der Bauarbeiten auf dem neuen Quartiersplatz ihren endgültigen Standort bezieht. Die Stadt Buchholz hat für die Lokomotiven eine Duldung ausgesprochen. Bis Ende 2021 dürfen die Fahrzeuge dort stehen. Dann muss neu entschieden werden.

Im Rathaus der Stadt Buchholz freut man sich über das Engagement

Damit sich an dem Erlebnis historische Eisenbahn möglichst viele Menschen in der Region erfreuen können, plant Steffen Lücking, einen Verein zu gründen. Gemeinsam mit den Brüdern Jonas, Tim und Stephan Krantz aus Klecken, die den historischen Dampfeisbrecher „Elbe“ betreiben und Erfahrungen in der Restaurierung alter Dampfmaschinen haben, sollen die alten Maschinen überarbeitet und wieder betriebsfähig gemacht werden.

Im Rathaus der Stadt Buchholz freut man sich über das Engagement des Bauunternehmers. „Wir begrüßen die Initiative von Herrn Lücking. Aus unserer Sicht ist es im Grundsatz eine interessante Idee, das Areal mit einer Dampflok zu verbinden“, sagt Baudezernent Stefan Niemöller. „Wir haben deshalb zunächst eine zeitlich befristetet Duldung bis Ende 2021 ausgesprochen. Ob und wenn ja, wo die Lokomotive langfristig in dem Gebiet bleiben kann, wird sich zeigen, wenn die Planungen des Investors für das Gebiet vorliegen.“