Rosengarten. Überarbeitete Pläne der Verkehrsbehörde zum Ehestorfer Heuweg sollten eine Verbesserung darstellen – allerdings nicht für alle.
Sie fühlen sich von der Verwaltung gegängelt, von der Behörde veräppelt und doppelt bestraft. Die Bürger der Gemeinde Rosengarten, insbesondere der Dörfer Ehestorf, Vahrendorf und Alvesen rund um den Kiekeberg kritisieren die neuen Pläne für die Modernisierung des Ehestorfer Heuwegs scharf. „Wir werden die für 2019 und 2020 geplanten Sperrungen der wichtigen Verkehrsader zwischen der Gemeinde Rosengarten und der B 73 so nicht hinnehmen, prüfen nun rechtliche Schritte, um den Beginn der Arbeiten zu stoppen“, sagt Klaus Meyer-Greve, SPD-Ortsratsmitglied und Mitbegründer der Bürgerinitiative „Verkehrsnotstand Rosengarten“.
Wie berichtet, soll die Straße zwischen Ehestorf und der B 73, die täglich von rund 9000 Autos befahren wird, modernisiert werden. Für die Bauarbeiten sollte die Route im kommenden Jahr neun Monate lang voll gesperrt werden. Nach Protesten von Anwohnern, Gastronomen und der dort ansässigen Rudolf-Steiner-Schule änderte der Landesbetrieb für Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) in der vergangenen Woche die Planungen. Statt einer Vollsperrung soll die Straße nun in zwei Bauabschnitten — von März bis September 2019 und von März bis November 2020 — saniert werden und jeweils bis zur Hälfte befahrbar sein.
Durchfahrt soll 16 statt neun Monate gekappt werden
Allerdings: Die Ziele im Rosengarten lassen sich auch bei dieser Variante von der B 73 aus nicht direkt anfahren. Für Pendler zwischen dem Landkreis Harburg und Süderelbe heißt das: Statt neun Monate wird die Durchfahrt durch den Ehestorfer Heuweg nun sogar 16 Monate gekappt.
„Uns Rosengärtnern hat die Behörde damit noch mehr aufgebürdet“, sagt Klaus Meyer-Greve. „Wir werden diese Lösung so nicht akzeptieren.“ Bereits im August, hatten sich Anwohner aus Ehestorf, Vahrendorf und Alvesen zur Bürgerinitiative „Verkehrsnotstand Rosengarten“ zusammengeschlossen, nachdem klar war, dass die Stadt Hamburg auf dem Ehestorfer Heuweg bis zur Landesgrenze umfassende Umbauen durchführen und die Verkehrsader dafür komplett sperren will. Auch der Landkreis kündigte Widerstand an, mahnte eine dringend notwendige Verbesserung der Baustellen-Koordinierung über die Landesgrenze hinweg an.
Offenbar ohne großen Erfolg. „Die nunmehr vorliegende Planung wurde mal wieder nicht mit uns kommuniziert“, sagt Rosengartens Bürgermeister Dirk Seidler (parteilos). Gespräche mit der Gemeinde habe es nicht gegeben. „Wenn man die Informationen aus Hamburg genau liest, dann stellt man fest, dass die Bereiche südlich der Landesgrenze gar nicht vorkommen. In den Karten ist Niedersachsen nur ein weißer Fleck. Dies lässt viel erahnen.“ Seidler kann den Unmut der Anwohner sehr gut verstehen, steht jedoch genauso fassungslos da. Von einer „Verdummung der Anwohner“ spricht der Harburger CDU-Fraktionsvorsitzende Ralf-Dieter Fischer. „Das Ganze ist völlig unbefriedigend. Diese Planungen sind reine Willkür, weil man weiß, dass es anders gehen kann.“
Behörde lehnt einspurige Durchfahrt ab
Fischer und seine Fraktion hatten bereits 2016, als klar war, dass die LSBG den Ehestorfer Weg zeitweise komplett für Bauarbeiten sperren will, für eine einspurige Durchfahrt mit Beampelung plädiert. „Das sollte auch jetzt möglich sein“, so Fischer. „Die Arbeiten können alle bei einseitigem Verkehr gemacht werden.“ Genau das forderte auch die Bezirksversammlung in Harburg in ihrem Dringlichkeitsantrag vom 30. Oktober. Jedoch ohne Erfolg. Die Verkehrsbehörde lehnt das ab. „Die Einrichtung eines Blockverkehrs oder einer Ampelschaltung wird nur durch einen noch deutlich längeren Bauzeitraum möglich“, sagt deren Sprecher Christian Füldner. „Ampelschaltungen oder auch Blockverkehr bedingen eine kurze Strecke, damit der Verkehr über die Ampel auch abgewickelt werden kann.“
Demzufolge seien die Bereiche, in denen gearbeitet werden könne, ebenso kurz und müssten zeitlich hintereinander geplant werden, so Füldner. „Was die Kosten in die Höhe treiben würde“, ergänzt Ralf-Dieter Fischer, der das Handeln der Behörde als Affront gegen die Metropolregion sieht und weiterhin darauf bestehen will, dass die Durchfahrt während der gesamten Bauzeit einspurig möglich bleibt.
Dafür wollen auch die betroffenen Bürger der Gemeinde Rosengarten kämpfen. Bürger wie Friedrich Matthies, dessen Frau schwer an Krebs erkrankt ist und seit Monaten nicht mehr von ihrer Ärztin aus Hausbruch betreut werden kann. Oder Malte Dubowski, der in Ehestorf die Raststätte „Zum Dorfplatz“ betreibt und seit der Sperrung im August bis zu 50 Prozent Umsatzeinbußen hinnehmen musste. „Ich kann meinen Betrieb dicht machen, wenn die Pläne der Behörde so umgesetzt werden“, sagt er. Bürger wie Klaus Meyer-Greve, dessen Schwiegereltern beide an Alzheimer leiden und in Neugraben im Pflegeheim wohnen. Und deren Besuch nun einen Fahrtweg von einer Stunde statt zehn Minuten in Anspruch nimmt. Und Menschen wie Elke Enzmann-Gericke, Steuerberaterin, die für Dutzende Mandanten spricht, die am Ehestorfer Heuweg ansässig sind und infolge der Sperrung Umsatzbußen bis zu 20 Prozent hinnehmen müssen. Sie ist es auch, die eine Klage anschieben will, sollte die Behörde nicht einlenken. Darüber hinaus wollen die Bürger ihren Protest verstärken. „Notfalls legen wir uns in die Flure der Behörde, damit die Mitarbeiter Umwege zu ihrem Arbeitsplatz in Kauf nehmen müssen, so, wie viele Pendler es künftig auch werden tun müssen“, sagt Klaus Meyer-Greve. „Oder wir setzten uns einfach auf die Straße.“
Einer, der genau das bereits seit Wochen tut, ist Kurt Staudt. Der Rentner hat sich einen Gartenstuhl vor die Absperrung Höhe der Straße „Am Bergwerk“ gestellt, um Autofahrer über die Schikane der Hamburger Behörde zu informieren. Auf seiner Internetseite schreibt er: „Der Grenzübergang Ehestorf-Hausbruch, der das Land Niedersachsen und den Stadtstaat Hamburg verbindet, wird in Kürze für Personenkraftwagen, Autobusse und Lastkraftwagen geschlossen.“
Weitere Aktionen will die Bürgerinitiative am 22. November planen. Treffpunkt ist um 19 Uhr im Gasthaus Kiekeberg, das erstmals seit August wieder über den Ehestorfer Heuweg angefahren werden kann. Die Polizei hat die Vollsperrung nämlich gestern wieder aufgehoben und festgestellt, dass „die weiteren Arbeiten unter halbseitiger Fahrbahnsperrung mit Regelung einer Baustellenlichtsignalanlage durchgeführt werden kann“.