Wilstorf. Zwei neue Nahversorgungszentren waren in Wilstorf geplant. Bei beiden kommt der Bau nicht voran.
„Wann geht es hier eigentlich mal weiter?“, fragen sich Harburgerinnen und Harburger, wenn sie an den großen Brachen ,neben dem Rewe-Markt an der Winsener Straße und dem Lidl an der Rönneburger Straße vorbeikommen. Die Antwort ist: „Erst einmal nicht.“
Beide Baustellen ruhen. Dabei sollten hier längst zwei Einkaufszentren stehen, welche die Nahversorgungslücken im Harburger Osten schließen. Denn zwar stehen auf den Geländen jeweils Supermärkte, an weiteren Angeboten fehlt es hingegen. Vor allem ein Drogeriemarkt fehlt. „Seit der Schlecker-Pleite gibt es hier keinen mehr“, sagt der Langenbeker Thomas Schröder, „davor hatten wir hier in Wilstorf, Rönneburg und Langenbek wenigstens die vier Schlecker-Filialen.
Die Pläne für die Nahversorgungszentren sind älter, als die Schlecker-Insolvenz: Der Bebauungsplan Wilstorf 37 liegt seit 2012 öffentlich aus. Erarbeitet wurde er schon länger In ihm geht es um das Projekt an der Winsener Straße. Doch was 2012 vorgestellt wurde, geht heute nicht mehr. „Das Bezirksamt verlangt jetzt, dass ich einen städtebaulichen Wettbewerb ausschreibe“, sagt Investor Karl Schulte Hubbert.
Gutachterverfahren soll bisherige Planung optimieren
Der ursprüngliche Plan sah vor, für den bestehenden Rewe-Markt einen Neubau zu errichten und nach dessen Fertigstellung den bestehenden Rewe-Markt abzureißen. Dann sollten rundum Neubauten entstehen, die im Erdgeschoss Einzelhandel – einen Discounter, einen Drogeriemarkt und einige kleine Geschäfte – beherbergen und darüber Wohnungen. Lediglich die Tankstelle sollte an Ort und Stelle bleiben.
Was gut und einfach klingt, ist allerdings mit diversen Tücken behaftet: Nicht alle Häuser, die Schulte Hubbert abreißen wollte, durfte er auch abreißen. Eines, Winsener Straße 32, steht unter Denkmalschutz und muss stehen bleiben. Die aktuellen Lärmschutzauflagen für Wohnungsbau machen das neue Wohnhaus direkt an der Winsener Straße so teuer, dass Schulte Hubbert bat, von der Pflicht, ein Drittel der Wohnungen als Sozialwohnungen zu errichten, befreit zu werden.
Die Lösungen des Investors für diese und ein paar kleinere Probleme überzeugten das Bezirksamt bislang nicht: „Jetzt soll ein Gutachterverfahren die bisherige Planung optimieren den inzwischen veränderten Randbedingungen Rechnung tragen“, sagt Bezirksamtssprecherin Bettina Zech. „ Unter anderem ist mehr Wohnen gewünscht. Im Anschluss daran wird das Bebauungsplanverfahren fortgesetzt.“
Lidl-Gruppe mit möglichen Investoren nicht einig
Das Verfahren soll im Spätsommer begonnen werden und könnte Anfang 2019 beendet sein. Bereits 2009 hatte Schulte Hubbert die Grundstücke für das Projekt zusammengekauft, im vergangenen Jahr wurden drei Altbauten an der Winsener Straße dafür abgebrochen. „Das ist das längste Bebauungsplanverfahren, das ich als Betzirkspolitiker kenne“, sagt Frank Richter (SPD), Vorsitzender des Stadtplanungsausschusses.
An der Rönneburger Straße hatte der Lidl-Konzern seine Filiale neu gebaut. Hier entstand eine Modellfiliale, an der sich seither alle neuen Lidl-Filialen orientieren. Der ebenfalls auf dem Grundstück befindliche Getränkemarkt wurde abgerissen und sollte ebenfalls durch eine Wohn- und Geschäftshauskombination mit Drogeriemarkt ersetzt werden. Auch hier gähnt die Brache.
In diesem Fall liegt es allerdings nicht an behördlichen Auflagen. Die Lidl-Gruppe wurde sich mit möglichen Investoren nicht einig. Jetzt plant Lidl, hier das Nahversorgungszentrum in Eigenregie zu errichten. „Wir können noch keine näheren Angaben machen, da wir uns noch in der Planungsphase befinden“, bedauert Lidl-Pressesprecher Mario Köhler.
"Verbesserung der Nahversorgung auf die lange Bank geschoben"
„Das ist für die Bürger, die hier seit Jahren auf einen Drogeriemarkt warten, natürlich enttäuschend“, sagt der Rönneburger CDU-Politiker Martin Hoschützky.
„Wir haben das an der Winsener Straße vor zehn Jahren angestoßen und jetzt geht es in die nächste Runde. Das ist schwer zu vermitteln“, sagt der Wilstorfer SPD-Abgeordnete Torsten Fuß
Die Sinstorfer Bürgerschaftsabgeordnete Birgit Stöver (CDU) ist ebenfalls sauer „Die überfällige Verbesserung der Nahversorgung der Menschen im Stadtteil wird wieder auf die lange Bank geschoben!“
Täglicher Bedarf
Nahversorgung ist ein Begriff aus der Stadtplanung, aber keiner mit einer scharfen Bedeutung. Der Freistaat Sachsen definiert Nahversorgung im engeren Sinne als das „Angebot von Gütern des täglichen Bedarfs, vor allem von Lebensmitteln, auch von Dienstleistungen, das zentral gelegen und fußläufig zu erreichen ist“, im weiteren Sinne kämen Dienstleister, Banken und Arztpraxen hinzu.