Winsen . Politiker im Landkreis Harburg fordern, die Kindertagespflege – wie die Kita-Betreuung – für Eltern kostenlos zu machen.

Die Tagesmütter und -väter im Landkreis Harburg stehen kurz vor einer großen Herausforderung. Von August an wird die Betreuung von Kindern ab drei Jahren in Kindertagesstätten für die Eltern in Niedersachsen kostenfrei sein (siehe Infokasten). Doch Eltern, die ihre Kinder von Tageseltern betreuen lassen, werden – so der derzeitige Stand – weiterhin dafür zahlen müssen.

Vor diesem Hintergrund sehen Politiker im Landkreis diese Art der Kinderbetreuung in Gefahr. In einem gemeinsamen Antrag fordern die Kreistagsfraktionen von CDU/WG und SPD deshalb, die Betreuung durch Kindertagespflegepersonen mit der durch Erzieher in Kitas gleichzustellen.

Der Antrag verfolgt das Ziel, die bisher erhobenen Elternbeiträge für Tagesmütter und –väter zum Stichtag 1. August 2018 abzuschaffen. Von diesem Zeitpunkt an gilt landesweit die neue Gebührenfreiheit für die Kinderbetreuung in Kitas. So soll vermieden werden, dass das bisher von Tageseltern erbrachte Betreuungsangebot durch die veränderte Beitragssituation nicht mehr nachgefragt wird und im schlimmsten Fall verschwindet.

Politiker sehen Risiko in Beitragsfreiheit

Die Beitragsfreiheit soll-- wie in Kitas – vom dritten Geburtstag bis zum Schuleintritt gelten. Die zusätzlichen Kosten, die eine solche Entscheidung mit sich brächte, sollen, so die Forderung in dem Antrag, zeitnah ebenfalls vom Land übernommen werden. „Der Landrat wird aufgefordert, sich für eine Kostenerstattung der wegfallenden Elternbeiträge auch dieser Betreuungsform durch das Land einzusetzen“, heißt es in dem Antrag. So sollen die Einnahmeausfälle des Landkreises ausgeglichen werden.

Sollten die bisherigen Elternbeiträge für die Kindertagespflege weiterhin fällig werden, sei davon auszugehen, „dass es allein aus finanziellen Gründen zu einem verstärkten Wechsel in die Kindertagesstätten kommen wird.“ Das würde das Aus für das alternative Betreuungsangebot, das Eltern oft flexiblere Möglichkeiten bietet, bedeuten, so die Befürchtung der Kreispolitiker. „Die Ungleichbehandlung hätte zur Folge, dass das Betreuungsangebot durch Tagesmütter und -väter voraussichtlich nicht mehr in bisherigem Umfang ausgenutzt würde.“

Zusätzliche Kita-Gruppen wären erforderlich

Der zu erwartende Wanderung in Richtung Kitas brächte einen weiteren Effekt mit sich: Die Städte und Gemeinden müssen zusätzliche Kindergartengruppen einrichten. Schon jetzt stoßen viele Einrichtungen an ihre Grenzen, die Wartelisten sind lang. Aus diesem Grund werden seit einigen Jahren verstärkt Qualifizierungskurse für künftige Tageseltern angeboten.

Durch den Ausbau dieser Betreuungsart sollen sowohl Eltern als auch die bestehenden Kitas entlastet werden. Erst im November 2017 hat der Landkreis Harburg eine Kampagne gestartet. Das Motto: Helden für die Tagesbetreuung gesucht.

Diese Kinderbetreuung berge den Vorteil, auf die individuellen Wünsche von Eltern eingehen zu können, meinte Olaf Muus, Bürgermeister der Samtgemeinde Hanstedt, zum Start der Kampagne: „Wir haben vermehrt Eltern, die ihr Kind zum Beispiel nur an zwei Tagen pro Woche betreut wissen wollen.“ Außerdem spielen und lernen Kinder bei Tageseltern in kleineren Gruppen.

„Tagespflege ist nicht mehr nur der Notnagel“, sagt Brigitta Wagner vom Verein Tagesmütter und -väter in Buchholz. Bei in etwa gleich hohen Kosten könnten Eltern die Erziehung ihrer Kleinen in der Tagespflege besser auf den eigenen Tagesplan abstimmen als in einer Kita.

Niedersachsen schafft Elternbeiträge ab

Die niedersächsische Regierungskoalition aus SPD und CDU hat angekündigt, die Elternbeiträge für die Kindergartenbetreuung zum 1. August 2018 abzuschaffen. Das Land hat zugesagt, künftig 55 Prozent der Personalkosten zu übernehmen.

Die Beitragsfreiheit soll für Kinder ab drei Jahren gelten, die in den sogenannten Elementargruppen betreut werden. Für Krippenkinder müssen weiterhin Elternbeiträge gezahlt werden. Das Land kalkuliert mit Kosten in Höhe von etwa 100 Millionen Euro.

Der Betreuungsumfang, für den der Anspruch auf Beitragsfreiheit gelten wird, beträgt bis zu acht Stunden pro Tag. Nur auf darüber hinaus gehende Betreuung werden Beiträge fällig.

Das letzte Kitajahr ist bereits seit dem 1. August 2007 beitragsfrei. Im Landkreis Harburg gibt es 137 Kindertagesstätten mit Elementargruppen. Dort wurden zu Beginn des vergangenen Kindergartenjahres 6907 Kinder zwischen drei und sechs Jahren betreut, etwa die Hälfte ganztags.