Bremen/Düsseldorf/Hannover. Tausend Beamte im Einsatz. Luxusautos und Gold sichergestellt. Terror in Syrien soll mit Hawala-Geschäften finanziert worden sein.

Der Polizei ist ein Schlag gegen die Organisierte Kriminalität in Deutschland gelungen. Am Mittwochmorgen durchsuchten mehr als tausend Beamte von Zoll und Polizei 80 Wohnungen in 25 Städten in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen. Auch Spezialeinheiten waren bei der Razzia beteiligt, bei der elf Verdächtige verhaftet wurden.

Bereits seit fünf Jahren beobachten die Ermittler die Geschäfte der Kriminellen, bei denen es um Geldwäsche, sogenannte Hawala-Geschäfte, und sogar die Finanzierung des Terrors in Syrien geht.

Razzia gegen Geldwäsche: Geldhahn der Terrorfinanzierung abgedreht

„Das war ein verdammt dickes Ding heute, an dem lange und unter strenger Geheimhaltung gearbeitet wurde“, sagt NRW-Innenminister Herbert Ruel (CDU). Der Terrorfinanzierung sei mit dem Einsatz „ein extrem ergiebiger Geldhahn abgedreht“ worden.

Laut Polizei wird gegen 67 mutmaßliche Mitglieder eines seit 2016 international agierenden Netzwerks ermittelt. "Im Rahmen eines weit verzweigten Geflechts von Waren- und Geldflüssen sollen sie unerlaubte Zahlungsdienste erbracht und Gelder aus Straftaten gewaschen haben", erklärt ein Sprecher der federführenden Ermittlungsbehörde in Düsseldorf.

Polizisten stehen vor einer Wohnung in Wuppertal, die durchsucht wurde. Bei der Großrazzia gegen Geldwäsche und Organisierte Kriminalität haben die Beamten am Mittwochmorgen in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen Wohnungen und Büros durchsucht.
Polizisten stehen vor einer Wohnung in Wuppertal, die durchsucht wurde. Bei der Großrazzia gegen Geldwäsche und Organisierte Kriminalität haben die Beamten am Mittwochmorgen in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen Wohnungen und Büros durchsucht. © dpa | Christoph Petersen

Bei den 67 Verdächtigen handle es sich mehrheitlich um syrische Staatsbürger. Die übrigen Beschuldigten haben laut Innenminister entweder die deutsche, jordanische, libanesische, türkische oder ukrainische Staatsbürgerschaft. Ein Beschuldigter sei Palästinenser. Zwei der festgenommenen Tatverdächtigen seien zuvor als islamistische Gefährder eingestuft worden.

Hawala: So funktioniert das Geschäft mit Geldtransporten

Nach einer vorläufigen Schätzung betrage das Transaktionsvolumen im Ermittlungszeitraum etwa 140 Millionen Euro. „Allein durch die Hände der zwei Hauptbeschuldigten gingen jeweils mehr als 60 Millionen Euro“, sagte Reul. Das gewaschene Geld sei überwiegend in die Türkei und nach Syrien transferiert worden.

Eine Art des illegalen Geldflusses ist das Hawala-Banking. Per Kurier wird Geld entweder ins Ausland oder nach Deutschland gebracht. Hierzulande dienen beispielsweise Gemüseläden oder Juweliere als sogenannte "Wechselstuben".

Dorthin wird das Geld geliefert und der Empfänger holt es ab. Kurier und Laden kassieren eine Provision. Die Geldfluss bleibt damit für den Fiskus unsichtbar. Es gibt keine Konten, keine Quittungen oder Buchungen.

Verdächtige sollen für Geiselnahme verantwortlich sein

Neben den kriminellen Machenschaften rund um illegale Geldtransfers sollen die Verdächtigen auch den Staat betrogen haben. "Den Beschuldigten wird zudem vorgeworfen, zu Unrecht Sozialleistungen zu beziehen, sozialversicherungsrechtlichen und steuerlichen Pflichten nicht nachzukommen und sich bei der Verschleierung dessen gegenseitig zu helfen", so ein Polizeisprecher.

Ferner wird gegen die Beschuldigten auch wegen Gewalttaten ermittelt. Dabei geht es um bewaffneten Raub und Geiselnahme, "die zur Eintreibung von bestehenden und vermeintlichen Forderungen begangen wurden", sagt der Polizeisprecher.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU, r.) und Justizminister Peter Biesenbach (CDU) berichten bei einer Pressekonferenz über die Ermittlungen gegen das Hawala-Netzwerk.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU, r.) und Justizminister Peter Biesenbach (CDU) berichten bei einer Pressekonferenz über die Ermittlungen gegen das Hawala-Netzwerk. © dpa | Roberto Pfeil

Polizei stellt Luxusautos und Gold bei Razzia sicher

Gegen einen Verdächtigen aus Nordrhein-Westfalen wurde zudem ein Haftbefehl wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland vollstreckt. Der 39 Jahre alte Syrer steht im Verdacht, sich 2013 in Syrien der ausländischen terroristischen Vereinigung „Jabhat al-Nusra“ (JaN) angeschlossen und in der Folge einen Kampfverband angeführt zu haben.

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Bei der Razzia am Mittwochmorgen waren auch Drogen- und Geldspürhunde beteiligt. Umfangreiches Beweismittel konnte laut Ermittlungsbehörde sichergestellt werden. Zudem beschlagnahmte die Polizei Vermögenswerte im Gesamtwert von über 2 Millionen Euro – darunter Luxusautos, hochwertige Uhren, Gold und Schmuck. Bei einem Beschuldigten sei eine Stereoanlage im Wert von hunderttausend Euro gefunden worden, sagt Innenminister Reul.

Zufallsfund bringt Ermittler auf die Spur der Verdächtigen

Ausgangspunkt für die Ermittlungen gegen das international agierende Netzwerk war laut Sicherheitskreisen ein Zufallsfund der Polizei. Beamte hatten bei einer Kontrolle auf der A61 300.000 Euro Bargeld versteckt in einem Turnbeutel gefunden.