Kiel. Schüler ab 12 Jahren können sich ab Mitte August gegen Corona impfen lassen. Die Maskenpflicht in Außenbereichen fällt weg.
Mit Maskenpflicht im Unterricht und einer Impfoffensive geht Schleswig-Holstein in das neue Schuljahr. Ab 19. August können sich an den 250 Standorten von Gemeinschaftsschulen und Gymnasien die Schülerinnen und Schüler ab zwölf Jahren sowie alle Beschäftigten von mobilen Teams der Kassenärztlichen Vereinigung gegen das Coronavirus impfen lassen. Dies kündigte Bildungsministerin Karin Prien (CDU) in Kiel an. Geimpft wird das Präparat von Biontech/Pfizer.
In Schleswig-Holstein beginnt das Schuljahr wie in Mecklenburg-Vorpommern am kommenden Montag. Sie sind die ersten beiden Bundesländer, in denen jetzt die Sommerferien enden. Die Erstimpfungen sollen Prien zufolge zwei Wochen dauern. Jeweils nach drei Wochen sollen die Zweitimpfungen folgen, auch an den Schulen. „Jeder geimpfte Mensch kann eine Infektionskette durchbrechen“, sagte Prien. „Je höher die Impfquote, desto sicherer kann Präsenzunterricht stattfinden.“
Prien: Schulen in Schleswig-Holstein bleiben geöffnet
Prien bekräftigte den hohen Rang geöffneter Schulen auch in der Pandemie: „Es kann auf keinen Fall sein, dass noch einmal Schulen geschlossen werden, um das öffentliche Leben zu entlasten“, sagte sie. Darin sei sich die Koalition von CDU, Grünen und FDP einig. Prien verwies auf intensive Beratungen zwischen Ministerpräsidenten, Gesundheits- und Kultusministern sowie wissenschaftlichen Experten über mögliche neue Schwellenwerte.
„Der Inzidenzwert allein wird sicherlich auf Dauer kein ausreichender Indikator sein können.“ Der Wert ist mittlerweile im Norden auf 18,1 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen gestiegen, nachdem er Anfang des Monats noch knapp über 3 gelegen hatte. Die Zahl der Covid-19-Patienten in Krankenhäusern ist mit 25 noch relativ niedrig, stieg zuletzt aber ebenfalls. Acht schwer erkrankte Infizierte lagen am Dienstag auf Intensivstationen in Schleswig-Holstein.
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Auf den Schulhöfen fällt die Maskenpflicht weg
Die Startchancen für das neue Schuljahr seien deutlich besser als 2020, sagte Prien. Allerdings sei das Infektionsgeschehen auch mit Blick auf die Delta-Variante sehr dynamisch. Um allen Beteiligten ein sicheres Ankommen im Schuljahr zu gewährleisten, bleibe es bei der vor den Ferien angekündigten Maskenpflicht in den Innenräumen in den ersten drei Wochen des Schuljahres. Wer nicht geimpft oder genesen ist, müsse sich zweimal pro Woche selbst testen.
Auf den Schulhöfen müssen keine Masken mehr getragen werden. Die Schüler dürfen sich künftig auch draußen wieder in beliebigen Gruppen aufhalten - die „Kohortenregelung“ fällt weg. „Die Schülerinnen und Schüler in Deutschland haben in den vergangenen anderthalb Jahren einen wesentlichen Beitrag in der Pandemiebekämpfung geleistet“, betonte Prien. Keine gesellschaftliche Gruppe sei so in ihrem Leben beeinträchtigt gewesen wie junge Menschen. Diese bräuchten jetzt die Solidarität der Erwachsenen.
Gew fürchtet Ärger mit Impfgegnern
Die Schulen gingen gut ausgestattet in das Schuljahr, sagte Prien. Mit Mitteln von Bund und Land seien fast 70.000 Endgeräte für Schüler angeschafft worden, die kein solches hatten. Die Schulen bekämen 100 zusätzliche FSJ-Stellen, mehr Aushilfslehrkräfte, Schulassistenten und Unterstützungskräfte. Die Schulsozialarbeit werde aufgestockt.
Die Lehrergewerkschaft GEW unterstützte die Impfkampagne an Schulen grundsätzlich. Schulleitungen bräuchten möglicherweise aber Hilfe des Ministeriums bei Ärger mit Impfgegnern. Die Schulen seien nicht gut für das Schuljahr gewappnet, sagte Landesgeschäftsführer Bernd Schauer. „Es fehlt an Personal, ausreichender technischer Ausstattung - Stichworte Luftfilter sowie digitale Geräte – und einem konkreten Plan, wie die Schulen mit wahrscheinlich steigenden Infektionszahlen umgehen sollen.“
Die wichtigsten Varianten des Coronavirus im Überblick
Nach Anregung der Weltgesundheitsorganisation WHO werden die Varianten des Coronavirus seit Mai 2021 nicht mehr nach den Staaten benannt, in denen sie zuerst nachgewiesen wurden, sondern nach den Buchstaben des griechischen Alphabets. So soll eine Stigmatisierung beispielsweise von Ländern verhindert werden, in denen besonders ansteckende Virusmutationen zuerst nachgewiesen wurden.
Derzeit gelten fünf Formen des Coronavirus als besorgniserregend ("Variants of Concern"):
- Alpha: Die im September 2020 zuerst in Großbritannien nachgewiesene Variante B.1.1.7, die das ursprüngliche Coronavirus fast vollständig verdrängt hatte, bevor sie ihrerseits von der Delta-Variante verdrängt wurde
- Beta: Eine Form des Coronavirus, die im Mai 2020 in Südafrika entdeckt wurde, wissenschaftliche Bezeichung: B.1.351, B.1.351.2, B.1.351.3
- Gamma: Die zunächst in Brasilien im November 2020 nachgewiesene Mutation P.1 und ihre Subformen P.1.1 und P.1.2
- Delta: Die Corona-Variante B.1.617.2 (und ihre Subformen AY.1, AY.2, AY.3), zuerst im Oktober 2020 in Indien gefunden
- Omikron: Die Corona-Variante B.1.1.529 wurde im November 2021 in mehreren afrikanischen Ländern nachgewiesen und verbreitet sich
Außerdem beobachtet die WHO weitere vier Mutationen als bedeutsame "Variants of Interest" :
- Lambda: C.37, im Dezember 2020 in Peru entdeckt
- Mu: B.1.621, im Januar 2021 erstmals in Kolumbien nachgewiesen
Grüne und FDP begrüßen Impfaktionen an Schulen im Norden
Aus Sicht der SPD-Bildungsexperten Martin Habersaat hängen die Startbedingungen an den Schulen stark vom Zufall ab. Dass Impfaktionen für Schüler erst jetzt organisiert würden, sei unverständlich. Habersaat forderte klare Aussagen Priens, vorauf sich Eltern und Kinder jetzt verlassen können.
Auch die Grünen begrüßten die Impfkampagne. Die Landesvorsitzende Anna Tranziska forderte darüber hinaus Luftfilter oder andere Belüftungssysteme für die Klassen 1 bis 6, am besten aber auch für höhere Klassen. Zudem sollte es auch im weiteren Verlauf des Schuljahres regelmäßige und kostenfreie PCR-Tests für Schüler geben. Die FDP unterstützte Priens Kurs. Ziel sei ein Schuljahr in Präsenzunterricht für alle Schüler, sagte Fraktionsvize Anita Klahn. Erst nach Fortschritten bei der Impfquote könne über Lockerungen bei Schutzmaßnahmen diskutiert werden.