Kiel. Stegner für die SPD, Habeck für die Grünen: Prominente Schleswig-Holsteiner zieht es in den Bundestag. Ein neuer Konkurrent mischt mit.
Sie wollen mehr, und sie versuchen es mit Prominenz: SPD und Grüne in Schleswig-Holstein haben am Wochenende ihre Landesliste für die Bundestagswahl aufgestellt. Schleswig-Holsteins bundesweit bekanntester Grüner, Robert Habeck, wurde am Sonnabend in Kiel auf den zweiten Listenplatz gewählt. Ralf Stegner, Schleswig-Holsteins bundesweit bekanntester Sozialdemokrat, landete am Freitag bei einem Parteitag in Neumünster auf dem dritten Platz.
Mit den teilweise in Präsenz durchgeführten Parteitagen beginnt in Schleswig-Holstein eine Wahl- und Wahlkampfphase, die es in dieser Form noch nicht gegeben hat. Neben der CDU, die bislang in der Regel nahezu alle schleswig-holsteinischen Bundestagswahlkreise direkt gewinnen konnte, haben nun erstmals auch die Grünen Chancen – jedenfalls legen das die bundesweiten Umfrageergebnisse nahe.
SPD will Abwärtstrend bei Bundestagswahl stoppen
Die SPD wiederum hofft, bei der Bundestagswahl den Abwärtstrend der vergangenen Jahre stoppen zu können. Beide Parteien haben dabei nicht nur den Wahltermin im September im Blick, sondern auch den im kommenden Frühjahr: die Bundestagswahl kann Auftrieb geben, kann aber auch zum Ballast werden für die Landtagswahl, die wohl im April oder Mai stattfinden wird.
Für die Bundestagswahl dürfte wohl gelten: So, wie es war, wird es nicht werden. 2017 war in Schleswig-Holstein die CDU klar vor. Sie bekam 34 Prozent der Zweitstimmen. Die SPD landete bei 23,3 Prozent, die FDP kam auf 12,6 Prozent, die Grünen auf 12. AfD (8,2) und Linke (7,3) folgten.
SSW ist neuer Konkurrent für CDU im Norden
Ob die CDU an dieses Ergebnis anknüpfen kann, dürfte angesichts der Zahlen aus den bundesweiten Umfragen fraglich sein. Zudem mischt gerade im Norden von Schleswig-Holstein, wo die Christdemokraten stark sind, ein neuer Konkurrent mit. Erstmals seit seinem Bestehen tritt auch der SSW, die Partei der dänischen und friesischen Minderheit, bei einer Bundestagswahl an.
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Die Grünen, das wurde auf dem Parteitag in Neumünster deutlich, hoffen auf einen Stimmenzuwachs. Die Bundestagsabgeordnete Luise Amtsberg, die auf den Listenplatz 1 gewählt wurde, sagte: „Bei dieser Wahl geht es nicht um Schwarz-Grün, wie manche es behaupten. Bei dieser Wahl geht es um Grün gegen Schwarz. Wir kämpfen um die Eins!“ Der grüne Bundesvorsitzende und Philosoph Robert Habeck formulierte es poetischer: „Führung heißt, das Beste und das Kreativste, das Stärkste und das Mutigste in anderen zu wecken und groß werden zu lassen. Dann ist alles drin. Und dafür treten wir an“.
Generationenwechsel bei Nord-SPD
Hinter Habeck rangieren auf der Liste die Bundestagsabgeordneten Ingrid Nestle und Konstantin von Notz. Bei der Bundestagswahl 2017 ergatterten Schleswig-Holsteins Grüne drei Mandate.
Die Sozialdemokraten waren damals auf sechs gekommen. Mathias Stein hatte im Wahlkreis Kiel das einzige Direktmandat gewonnen. Ralf Stegner (61) tritt nun im Wahlkreis Pinneberg an und will dort gewinnen, hat zugleich aber auch einen sicheren Listenplatz. Die Kandidatur für den Bundestag markiert das Ende einer Ära. Stegner hat die Landespartei lange dominiert. Zwölf Jahre lang war er Landeschef, seit 2008 ist er Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag. Mit seinem Wechsel in den Bundestag vollzieht sich in der Nord-SPD ein Generationenwechsel.
Stegner setzt auf Regierungswechsel in Berlin
Das drückt sich auch in der Landesliste für die Bundestagswahl aus, die die neue Landesvorsitzende Serpil Midyatli zusammengestellt hat. Nach den Bundestagsabgeordneten Sönke Rix (Platz 1), Nina Scheer (2) und Bettina Hagedorn (4) folgen mit dem Lübecker Tim Klüssendorf (29, Platz 5) und der Flensburgerin Franziska Brzezicha (28, Platz 6) junge Nachwuchspolitiker.
Ralf Stegner setzt, so wurde es in seiner Parteitagsrede deutlich, auf einen Regierungswechsel in Berlin. „Verdammt noch mal, es muss doch auch andere Mehrheiten geben als ‘ne große Koalition.“ Er forderte seine Partei auf, selbstbewusst in allen Wahlkreisen um Stimmen zu kämpfen.
Stegner spricht Probleme beim Impfen und Masken-Affäre an
Stegner sprach mit Blick auf die Probleme beim Impfen und Testen in der Corona-Pandemie und der Masken-Affäre der Union von einem „richtigen Giftcocktail für die parlamentarische Demokratie“. Seine Partei rief er zu mehr Geschlossenheit auf. Andere Parteien hätten in der Sache viel weniger zu bieten, „aber sind geschlossen“, sagte er und gab ein Versprechen ab: „Ihr kennt mich, bei mir steht nicht nur SPD drauf. Da ist auch SPD drin und 100 Prozent Leidenschaft auch.“