Hamburg. Renaturierung der Flächen senkt Kohlendioxid-Ausstoß – wie sich am Himmelsmoor nördlich von Hamburg zeigen lässt.
Moore bedecken drei Prozent der globalen Landfläche, speichern aber doppelt so viel Kohlenstoff wie alle Wälder weltweit. Doch wird der Torf abgebaut und die Moorböden trockengelegt, können sie sich zu einer regelrechten Kohlendioxid-Schleuder entwickeln.
In Deutschland nahmen natürliche Moore einst eine Fläche so groß wie Schleswig-Holstein und Hamburg ein. Vielerorts wurde der Torf jedoch zum Heizen abgebaut und ganze Moore entwässert, um Flächen für die Land- und Forstwirtschaft zu gewinnen. Noch heute ist Torf ein begehrter Rohstoff für den Gartenbau und so ist im gesamten Bundesgebiet nur noch etwa ein Prozent der ursprünglichen Moore intakt. Wäre es nicht ein großer Schritt Richtung Klimaschutz, wenn wir Moore wieder in einen naturnahen Zustand zurückversetzen, also renaturieren würden?
Mikroorganismen produzieren das Treibhausgas Methan
Im Himmelmoor, nördlich von Hamburg, erforsche ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen vom Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg, wie sich der Ausstoß von Treibhausgasen aus dem Torfboden verändert, wenn ein Moor renaturiert wird. Bereits seit den 1980er-Jahren werden Teile des Himmelmoores schrittweise wiedervernässt.
In solch einem nassen Torfboden bleiben Pflanzenreste weitgehend erhalten, denn die Zersetzung durch Kleinstlebewesen ist gehemmt. Dadurch wird der in den Pflanzen gespeicherte Kohlenstoff im Boden größtenteils konserviert. Es sind jedoch andere Mikroorganismen am Werk, die das Treibhausgas Methan produzieren. Methan auszustoßen ist für natürliche Moore völlig normal. Der Methanausstoß versiegt jedoch, sobald ein Moor entwässert ist. Für das Klima ist das grundsätzlich erst einmal positiv. Doch in den trockenen Boden kann jetzt Sauerstoff eindringen und der gespeicherte Kohlenstoff wird nun in Kohlendioxid (CO2) umgewandelt.
Erhebliche Mengen an CO-Emissionen lassen sich einsparen
Einerseits entweicht also Methan aus einem nassen Torfboden. Andererseits gibt der Boden Kohlendioxid ab, sobald er entwässert wird. Uns interessiert, welche Mengen dieser Gase jeweils freigesetzt werden. Ist ein nasser oder ein trockener Torfboden klimafreundlicher?
Im Himmelmoor finden wir beste Bedingungen, um das zu vergleichen. Für unsere Untersuchungen haben wir eine 1,4 Quadratkilometer große Fläche im Zentrum des Moores ausgewählt. Zur Hälfte ist der Boden dort bereits wiedervernässt. Zwischen beiden Flächen bauten wir einen sechs Meter hohen Turm mit Messgeräten auf. Über zwei Jahre zeichneten die Geräte auf, wie viel CO2 und wie viel Methan aus dem Boden in die Luft entweicht. So konnten wir einen direkten Vergleich zwischen vernässter und entwässerter Fläche ziehen.
Die Daten zeigen uns deutlich: Sobald der Wasserstand angehoben wird, wird bis zu 40 Prozent weniger CO2 freigesetzt. Gleichzeitig steigen jedoch die Methanemissionen – um bis zu 80 Prozent. Doch obwohl Methan viel klimaschädlicher wirkt als CO2, war die Treibhausgas-Bilanz der renaturierten Fläche schon im zweiten Jahr positiver als auf der genutzten Vergleichsfläche – denn die CO2-Emissionen sind weiter gesunken. Allerdings setzt das Himmelmoor insgesamt weiterhin viele Treibhausgase frei. Doch meine Messungen belegen, dass sich erhebliche Mengen an CO2-Emissionen einsparen lassen, wenn Moore renaturiert werden. Sollen diese ein effektiver Kohlenstoffspeicher werden, kann das jedoch viele Jahrzehnte dauern.
Die Klimaforschung in Hamburg genießt internationales Renommee. Das Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit der Uni Hamburg (CEN), das Max-Planck-Institut für Meteorologie, das Institut für Küstenforschung des Helmholtz-Zentrums Geesthacht und das Deutsche Klimarechenzentrum bilden den Exzellenzcluster für Klimaforschung CLICCS. Einmal im Monat präsentieren Forschende von CEN oder CLICCS im Abendblatt Ergebnisse aus ihren Gebieten. Heute: Dr. David Holl. Er ist Bodenkundler und Moorexperte am Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit der Universität Hamburg.