Kampen/Sylt. Bäder an Nord- und Ostsee kämpfen nach der Pfingstbilanz um maßvollen Tourismus. Erneutes Betretungsverbot für Sylt und andere Inseln?

Die erste Coronavirus-Welle ebbt kaum ab, drängen sich an den Stränden von Nordsee und Ostsee schon wieder Tausende Touristen: Allein am vergangenen Pfingstsonnabend kamen 3000 Besucher an den Strand von Kampen auf Sylt - drängten sich dort auf engstem Raum.

"Eine Situation wie diese wird sich nicht wiederholen", sagt Bürgermeisterin Stefanie Böhm dem Hamburger Abendblatt. "Wir haben am Sonnabendnachmittag die Strandzugänge gesperrt und am Sonntag dann den Zugang beschränkt, indem wir keine Tageskurkarten mehr verkauft haben, so dass nur Menschen an den Strand konnten, die eine Kurkarte und eine Strandkorbkarte hatten. Dann war alles in Ordnung", so Böhm weiter.

Sollte es im Sommer erneut zu größeren Ansammlungen kommen, werde man ähnlich verfahren. "Aber eigentlich gibt es diese Treffen so nur zu Pfingsten", sagt sie. "Viele junge Leute verabreden sich dann an der Buhne 16", sagt sie. "Diesmal waren es zu viele."

Polizei: "Abstandsregeln an Stränden wurden nicht eingehalten"

Die Kampener Bürgermeisterin  Stefanie Böhm vor dem Strandrestaurant
Die Kampener Bürgermeisterin Stefanie Böhm vor dem Strandrestaurant "Buhne 16".Die Kampener Bürgermeisterin Stefanie Böhm vor dem Strandrestaurant "Buhne 16". © HA | Andreas Laible

Anders als die Hamburger hatten sich die Sylter an jenem Sonnabend über allerbestes Wetter freuen können. "Es war hochsommerlich", berichtet die Kampener Bürgermeisterin. Das mag dazu beigetragen haben, dass sich am Strandrestaurant "Buhne 16" (Werbeslogan: "Wo die Seele das Meer trifft") viele Sylter trafen. Schließlich wurde die Polizei alarmiert.

"Die Abstandsregeln wurden nicht eingehalten", sagt Sandra Otte, Sprecherin der Polizeidirektion Flensburg. "Aber die Leute waren einsichtig." Die Polizisten hätten keine Anzeigen schreiben müssen.

Insgesamt habe man am Pfingstwochenende zwar gut zu tun gehabt, aber es sei "nicht übermäßig" gewesen, so Otte: "Unsere Erfahrung ist nach wie vor: Die meisten Bürger sind kooperativ und halten sich an die Regeln."

Tagestourismus: Ostsee-Konzept geht zunächst auf

An Nord- und Ostsee, aber auch in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt Kiel wurde am Dienstag Bilanz gezogen: Ist das Tourismuskonzept aufgegangen oder muss es nachjustiert werden? Die beiden zurückliegenden Wochenenden, Himmelfahrt und Pfingsten, galten als Prüfstein für die unterschiedlichen Beschränkungen, die in den Bäderorten und auf den Inseln galten.

An der Nordsee waren für beide Wochenenden Betretungsverbote für Tagestouristen verhängt worden. An der Ostsee hielt man solche Verbote für rechtlich nicht haltbar, deshalb gab es dort unter anderem Parkzeitbeschränkungen und Informationskampagnen. Das scheint im Wesentlichen erfolgreich gewesen zu sein – vielleicht auch deshalb, weil zumindest am Sonnabend und Sonntag das Wetter nicht unbedingt zu einem Tagesausflug an die See einlud.

Scharbeutzer Appell mit Vorbildcharakter?

Am Pfingstmontag dann allerdings schon. Und prompt bildete sich auch der Autobahn zwischen Hamburg und Lübeck ein Stau. In der Gemeinde Scharbeutz, zu der auch Haffkrug gehört, appellierte Bürgermeisterin Bettina Schäfer via Internet und Rundfunk an die Touristen, ihren Ort nicht anzusteuern. Zu viele Menschen wollten an den Strand. "Gegen halb eins waren unsere Parkplätze schon zu 70 Prozent ausgelastet", sagte die Bürgermeisterin.

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Schleswig-Holsteins Tourismusminister Bernd Buchholz hält das für eine richtige Maßnahme. "In Schleswig-Holstein gibt es Strände mit einer Länge von insgesamt 1129 Kilometern", sagt er. "Ich verstehe angesichts dieser Zahl nicht, warum man an einem schönen Tag unbedingt dahin gehen muss, wo alle anderen hingehen." Scharbeutz habe genau richtig reagiert. "Und das ist auch die Maßnahme, die in den kommenden Wochen ergriffen werden muss, falls erneut zu viele Touristen kommen", so der Minister.

Ticketsystem für Ostseestrände in Arbeit

Allerdings arbeitet gerade die Gemeinde Scharbeutz derzeit daran, ein via Internet funktionierendes Ticketsystem aufzubauen, das für die gesamte Lübecker Bucht einschließlich Travemünde gelten soll. Buchholz hatte schon mehrfach auf die Vorzüge eines solchen Systems hingewiesen. Mit Strandtickets, die vor dem Ausflug zu buchen sind, weiß jeder Tagestourist genau, an welchem Tag er zu welcher Zeit an den Strand darf.

Alle anderen wissen, dass sie keine Chance haben und bleiben – so die Hoffnung – von vornherein zu Hause. Wann ein solches Ticketsystem einsatzbereit sein könnte, ist allerdings unklar. Zunächst muss die Finanzierung geklärt werden, dann folgt die Ausschreibung.

Büsum: Unternehmer klagt gegen Betretungsverbot

An der Nordseeküste sind die Betretungsverbote für Tagestouristen mittlerweile ausgelaufen. Ob sie an kommenden Sommerwochenenden erneuert werden, war am Dienstag nicht zu erfahren.

Ein erster Widerspruch gegen die Allgemeinverfügung, mit der ein Betretungsverbot für Büsum ausgesprochen wurde, hat das Verwaltungsgericht Schleswig abgewiesen. Kläger war eine Unternehmer aus dem Kreis Dithmarschen. Er betreibt eine Kartbahn und sah sich durch die Verhängung des Verbots benachteiligt. Tagesausflügler gehören zu seiner Kundschaft, ihnen war der Weg versperrt.

"Der vom Antragsteller lediglich geltend gemachte Rechtsreflex der Allgemeinverfügung, der in einer Verringerung der potenziellen Kundenzahl durch Ausbleiben von Tagestouristen besteht, begründet keine Klagebefugnis", heißt es in der Entscheidung. Klagen von Tagestouristen gegen die Verbote sind beim Verwaltungsgericht bislang nicht eingegangen, so Gerichtssprecher Fabian Scheffczyk.