Helgoland. Die Hochseeinsel will mit Veranstaltungen und großen Investitionen punkten. Moderne Schiffe und neue Flugverbindung.

Der Tourismusdirektor von Helgoland hofft auf eine ruhige See und viele Sonnenstunden in diesem Jahr. Denn wenn das Meer gar zu stürmisch ist, fällt die Fahrt zur Hochseeinsel aus. 2019 war das häufiger der Fall – und das machte sich bei den Gästezahlen bemerkbar. „Wir hatten neun Prozent weniger Gäste als im Jahrhundertsommer 2018“, sagt Lars Johannson. Insgesamt kamen 355.783 Gäste. Davon blieben 88.000 Gäste über Nacht – immerhin die Zahl der Übernachtungen ist mit 330.000 leicht gestiegen.

Lars Johannson, seit zweieinhalb Jahren im Amt, sieht noch viel Potenzial für die Insel, er möchte die Marke von 400.000 Besuchern in diesem Jahr gern knacken. „Wir haben ganz viel vor“, sagt er, eine Reihe von Infrastrukturmaßnahmen sei geplant oder kurz vor dem Abschluss. Der Umzug der Touristeninformation hat sich als Erfolg entpuppt. Seit sie an zentraler Stelle am Lung Wai im Rondeel des ehemaligen Hotels Atoll untergebracht ist, wird sie deutlich stärker frequentiert. „Wir haben dort 30 Prozent mehr Gäste“, sagt der Tourismuschef. Nun wolle man als Nächstes das digitale Gästeinformationssystem ausbauen.

Wikkelhouses sind ein Renner

Die zwei Wikkelhouses, die im vergangenen Jahr auf der Helgoländer Düne errichtet wurden, sind ebenfalls ein Renner. Als die Buchungsmöglichkeit für 2020 freigegeben wurde, „waren wir innerhalb von zwölf Stunden für die ganze Saison ausverkauft“, sagt Johannson. „Wir wollen gern weitere 13 bis 15 aufstellen“, kündigt er an, dafür bedürfe es aber noch einer Bebauungsplanänderung und der politischen Zustimmung. Die stylischen Häuser einer niederländischen Manufaktur bestehen aus 24 Wellpappeschichten, die zu 100 Prozent recycelbar sind, Außen- und Innenwände sind mit Holz verkleidet.

Auch wenn die kleinen Häuschen kein Bad haben, sind sie ansonsten voll ausgestattet – mit einer kleinen Küchenzeile samt Geräten, Sitzgelegenheiten, Betten und Heizung, außerdem gibt es Bettwäsche und Handtücher für die Gäste. Die Sanitäranlagen müssen die Mieter auf dem Campingplatz nutzen. Auch die 57 Bungalows am Südstrand, die noch mehr Komfort bieten, vermieten sich laut Johannson gut.

Pläne für Hotelneubau sind ins Stocken geraten

Seit das 1999 eröffnete Designhotel Atoll in bester lange vor einigen Jahren komplett an ein Energieunternehmen dauervermietet wurde, weil dieses die Zimmer für Mitarbeiter benötigt, fehlen der Insel Hotelbetten. Die Pläne für einen Hotelneubau mit etwa 120 Zimmern am Nordosthafen, den die Inselgemeinde ausgeschrieben hatte, sind aber ins Stocken geraten. Peter Eesmann, Geschäftsführer der Reederei Cassen Eils, die Cuxhaven ganzjährig mit Helgoland verbindet, hat sich an der Ausschreibung beteiligt: „Wir sind bereit, unsere Investoren auch.“ Doch die Entscheidung steht noch aus, der Baugrund muss zuvor noch untersucht werden.

Den Wikkelhouses sollen weitere folgen.
Den Wikkelhouses sollen weitere folgen. © Helgoland Tourismus Service

Das Schwimmbad Mare Frisicum in der Nachbarschaft des möglichen Hotelstandorts bekommt derzeit eine Frischzellenkur. Das große Schwimmbecken wird noch saniert, das kleine Becken ist bereits fertig. Auch die Pläne für das Blue House am Nordosthafen sind bereits weit gediehen. Der Tourismusdirektor sagt, „wir gehen davon aus, dass wir in diesem Jahr anfangen zu bauen“. Es wird ein Großaquarium beherbergen sowie eine Veranstaltungsfläche. Nachdem das frühere Aquarium geschlossen wurde, soll das Blue House, das sich der Nordsee widmet, eine neue Attraktion werden. Das denkmalgeschützte Aquarium ist baufällig und soll bis 2022 in gleicher Kubatur an derselben Stelle wieder aufgebaut werden. Der Abriss des bestehenden Baus ist für das dritte Quartal geplant, die Neueröffnung für Ostern 2022.

Binnenhafen und Promenade werden neu gestaltet

Der neue Binnenhafen und die Promenade werden ebenfalls neu gestaltet – sie sollen 2021 fertiggestellt werden. Johannson hofft, dass sich beides zum neuen touristischen Magneten entwickelt. Das neue Südhafenterminal, sozusagen der „Eingang“ zur Hochseeinsel, ist bereits in Betrieb. In dem modernen Gebäude finden wartende Passagiere nun ausreichend Platz, und es gibt eine Kaffeerösterei, „die gut angenommen wird“, sagt Johannson.

Helgoland profitiert aber in den Wintermonaten bislang weniger vom Trend zur kurzen Auszeit als viele andere Küstenorte an Nord- und Ostsee. Dabei ist es besonders für Naturliebhaber eine ideale Zeit, um beispielsweise Kegelrobben zu beobachten. „Die Robbengeburten sind auf über 500 gestiegen“, sagt Johannson. Weil sie zwar faszinierend anzuschauen sind, es sich aber dennoch um Raubtiere handelt, zu denen man einen Sicherheitsabstand einhalten sollte, gibt es seit zwei Jahren einen Panoramaweg, der auch noch erweitert werden soll. „Wir wollen auf keinen Fall die Düne sperren“, versichert Johannson, doch das Zusammenspiel von Mensch und Tier durch die Vielzahl der Robben sei eine Herausforderung.

Zusätzliche Bunkerstollen zur Besichtigung

Mit den Trottellummen, die an der Langen Anna ihre Brutplätze haben, bietet Helgoland ein weiteres Naturschauspiel. Der Lummensprung, bei dem die Jungtiere in die Tiefe springen, zieht viele Gäste an. Entsprechend werden die Lummentage in diesem Jahr verlängert – vom 10. bis 25. Juni gibt es ein umfangreiches Programm mit Vorträgen und Führungen von Fachleuten. Zu den Besuchermagneten zählen auf der Insel auch die Bunkerführungen. Die Gemeinde plant, im Unterland zusätzliche Bunkerstollen zur Besichtigung zu öffnen und selbsterklärende Informationen anzubringen. Dann könnten auch Tagesgäste diese unterirdische Helgoländer Welt erkunden, denn die Führungen seien ständig ausgebucht, sagt Johannson.

Ebenfalls unterirdisch wird die Kunstausstellung „Anna’s Art Affair“ in Zusammenarbeit mit der Hamburger Galerie popstreet.shop. Vom 2. Juli bis 2. August zeigen Street-Art-Künstler ihre Werke im historischen Bunker unter dem Hotel Rickmers Insulaner an den Hummerbuden. Ausgewählte Künstler werden vorher die Insel besuchen und an ihren Bildern und Skulpturen arbeiten. „Wir freuen uns darauf, die Kunst im Bunker zu präsentieren“, sagt der Hotelier Detlev Rickmers. „Dort haben wir 260 Meter Wände, aber die werden wir wohl nicht ganz vollkriegen.“

„Halunder Jet“ startet am 14. März in die Saison

Ein Thema auf Helgoland ist wie vielerorts Nachhaltigkeit. Durch die Kampagne „De green steer“ (Der grüne Stern), die die Meeresbiologin Rebecca Ball­staedt initiiert hat, sollen Umweltschutz und Nachhaltigkeit noch stärker ins Bewusstsein rücken. „Wir konnten bereits 40 Betriebe finden, die mitmachen“, sagt Tourismusdirektor Johannson. Man habe es geschafft, den Verbrauch von Einwegplastiktüten deutlich zu reduzieren.

Auf diesem Gebiet hat sich auch die Reederei FRS viel vorgenommen. „Wir verzichten auf Plastikflaschen und benutzen nur noch Glasflaschen“, sagt Birte Dettmers von der Reederei FRS Helgoline, die den „Halunder Jet“ ab Hamburg betreibt. Und sollte sich jemand über das braune Spülwasser auf den Bordtoiletten wundern: „Um die Trinkwasservorräte zu schonen, benutzen wir Elb- bzw. Nordseewasser zum Spülen“, sagt Dettmers. Eine moderne Abwasserbehandlungsanlage sei ebenfalls auf dem Schiff verbaut.

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Die Reedereien sind jedenfalls wieder startklar. Die moderne MS „Helgoland“, die mit Flüssiggas (LNG) betrieben wird, fährt das ganze Jahr über von Cuxhaven nach Helgoland. Ab dem
14. März nimmt auch der „Halunder Jet“ wieder täglich seine Ausflugsfahrten vom Hamburger Hafen über Cuxhaven auf die Hochseeinsel auf. Von Büsum aus startet die „Funny Girl“ vom 9. April an wieder.

Neu ist das Angebot der OFD Ostfriesischer-Flug-Dienst GmbH, die erstmals auch Flüge ab Uetersen anbietet. Ab dem 1. April fliegt die OFD an drei Tagen pro Woche nach Helgoland. Das Angebot ergänzt künftig die Flüge ab Heide und Nordholz.