Hamburg/Westerland. Weil Schienen abgeschliffen werden müssen, dürfen die Züge nur langsam fahren, und Reisende brauchen viel Geduld

    Sylt-Urlauber brauchen gute Nerven. Wer am Wochenende die Insel verlassen wollte, musste massive Einschränkungen im Bahnverkehr ertragen. Es gab Verspätungen und Ausfälle bei den Zügen des Regionalexpress. Reisende von Sylt Richtung Niebüll mussten mit zwei Stunden Wartezeit rechnen, bei der Autoverladung waren es sogar vier Stunden in der Spitze. Wie ein Sprecher der Deutschen Bahn dem Abendblatt sagte, könne man bislang nur sagen, dass die Einschränkungen über das Wochenende hinaus bestehen blieben. Am Montag werden 14 Verbindungen ausfallen.

    Der Grund für das neuerliche Chaos auf der immens wichtigen Strecke liegt in abgesackten Gleisen und in Rissen an den Schienen. Zwischen Bredstedt (Kreis Nordfriesland) und Morsum auf Sylt müssen mehrere Schienenteile ausgewechselt werden. Die Züge müssen die Geschwindigkeit drosseln und dürfen an mehreren Stellen höchsten Tempo 20 fahren. Bauarbeiter kümmern sich um die Defekte und schleifen die Schienen ab. Die meisten schadhaften Stellen zwischen der Insel und Niebüll seien beseitigt worden, sagte der Sprecher. Die Arbeiten sollten in der Nacht zum Montag abgeschlossen werden. Dann werde man die übrigen Bereiche bearbeiten. Eine Prognose zur Dauer der Reparaturen konnte der Sprecher am gestrigen Sonntag nicht abgeben.

    Zur Ursache der Beschädigungen machte der Bahnsprecher keine Angaben. Der Zugverkehr wird auch in dieser Woche noch gestört sein. Heute sollen laut Deutscher Bahn 14 Regionalexpress-Züge ausfallen, sieben in jeder Richtung, einer davon ab Altona. Am Sonntag waren es zehn Ausfälle. Normalerweise verkehren rund 30 Personenzüge pro Tag und Richtung.

    Das Ferienende in Nordrhein-Westfalen machte Probleme

    Wegen des Ferienendes in Nordrhein-Westfalen sei der Andrang am Wochenende besonders groß gewesen, sagte eine Sprecherin des privaten Autozug-Betreibers RCD. „Das ist verkehrstechnisch ein GAU.“ An sommerlichen Wochenenden wie diesem lockt die schleswig-holsteinische Nordseeinsel zusätzlich Tagesausflügler an.

    Angesichts der Lage kooperierten die beiden Autozugbetreiber Deutsche Bahn und RCD am Wochenende. So wurden die Kunden der privaten RCD vom Sylt-Shuttle der DB transportiert. Hintergrund sei die größere Kapazität des doppelstöckigen Sylt-Shuttles, erklärte die RCD-Sprecherin. Weil die Bahnstrecke teilweise eingleisig ist, können normalerweise nur vier Züge pro Stunde und Richtung den Hindenburgdamm passieren.

    Sylt ist sonst nur per Fähre vom dänischen Rømø oder per Flugzeug zu erreichen. Die Syltfähre war am Sonnabend komplett ausgebucht, wie eine Sprecherin sagte. Angesichts der Lage sollte das Schiff am Wochenende ohne Pause zwischen List auf Sylt und Havneby auf Rømø pendeln. „Wir sind vorbereitet und fahren im Zweifel auch bis Mitternacht“, sagte die Sprecherin. Die Fähre kann bis zu 90 Autos mitnehmen, etwa halb so viele wie ein Sylt-Shuttle der Bahn.

    Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) hatte schon am Freitag auf die neuen Pro­bleme bei der Bahn reagiert. Sein Sprecher erinnerte daran, dass die Bahn seit Monaten nicht die vertraglich festgelegte Leistung liefere. Der Minister erwäge, „wenn es sich nicht bessern sollte, gegebenenfalls die Vertragsstrafe, die im Moment 350.000 Euro monatlich beträgt, zu erhöhen“.

    Nach Angaben von Buchholz haben Pendler bereits 2300 Anträge auf Sonderentschädigung gestellt. Dies entspreche einer Summe von rund 102.000 Euro. Noch bis zum 10. Juni können Reisende, die regelmäßig zwischen Itzehoe und Westerland unterwegs sind, online einen Antrag auf Entschädigung stellen.

    Monatskarteninhaber erhalten in der zweiten Klasse 50 Euro und in der ersten Klasse 75 Euro. Das Geld stammt aus dem Sondermalus (Zahlungsabzug), den das Verkehrsministerium im Februar gegenüber der DB Regio verhängt hatte. Es hatte 250.000 Euro einbehalten. Das Geld soll laut Minister an diejenigen ausgezahlt werden, die unter den Problemen auf der Strecke am meisten gelitten haben und leiden. Dies hatte die Deutsche Bahn akzeptiert.