Hamburg. Der Hamburger Sebastian H. täuschte Frauen die große Liebe vor – und kaufte im Internet auf ihre Kosten ein

Sie fanden ihn an der Alsterperle, das nächste Opfer wohl schon an der Angel. Gern ging Sebastian H. zu dem Bistro in bester Lage, gab sich steinreich, gut erzogen und verliebt – alles Lügen. So auch am 26. Februar: Der 34-Jährige traf sich dort mit einer jüngeren Frau zum Kaffee. Doch diesmal kamen Polizisten und nahmen Sebastian H. fest. Die Begleiterin ahnte nichts, der Zugriff ersparte ihr aber möglicherweise viel Geld und ein gebrochenes Herz.

Sebastian H. soll seit Sommer des vergangenen Jahres sechs Frauen getäuscht und finanziell ausgenommen haben. „Es liegen weitere Anzeigen gegen ihn vor“, so eine Polizeisprecherin. Offenbar ging Sebastian H. häufig nach demselben Schema vor: Über die Dating-App Tinder lernte er die Frauen kennen und ging mit ihnen eine Beziehung ein, bis er Haus- oder Wohnungsschlüssel von ihnen bekam. Dann bestellte er hochwertige Elektroartikel – meist teure Smartphones – an ihre Wohnadresse und auf ihren Namen.

Während die Frauen langsam Vertrauen zu ihm fassten, soll der 34-Jährige bereits persönliche Angaben und Kontodetails seiner Opfer gesichtet haben. Seine Masche war, sich wie ein Lebemann zu inszenieren. Anfangs lud er die Frauen zum Essen in gehobene Restaurants ein und machte ihnen kleine Geschenke. Er sei erfolgreich im Job und könne sich längst einen Porsche leisten. Dass nichts davon stimmte und Sebastian H. nicht einmal einen festen Wohnsitz hat, konnte er offenbar mit Lügen überspielen. Der Porsche sei momentan in der Werkstatt, es gebe da komplizierte Anpassungen. Und in seine Wohnung könne man auch nicht, da seien die Handwerker, und es werde renoviert. Die Opfer kauften ihm das offenbar ab, jedenfalls lange genug.

Wenn die Frauen ihn in ihr Bett ließen, brachte Sebastian H. sie unter Vorwänden bald auch dazu, ihm einen Schlüssel für die Wohnung auszuhändigen. „Er hat morgens mit den Frauen noch gemeinsam das Haus verlassen“, sagt eine Polizeisprecherin. Einige Frauen fuhren Sebastian H. sogar noch zu seinem angeblichen Arbeitsplatz.

Aber nach dem Abschiedskuss kehrte der 34-Jährige den Ermittlern zufolge schnurstracks zurück in die Wohnung seiner Opfer – um die Lieferungen von Handys, Laptops, Tablets und anderen elektronischen Geräten entgegenzunehmen, die er im Internet mit der Identität der Frauen bestellt hatte. Er verkaufte die Sachen in der Regel weiter und nutzte das jeweils ergaunerte Geld auch dafür, vor der nächsten Dame wieder solvent zu erscheinen. Im Vier-Wochen-Rhythmus soll Sebastian H. zuletzt jeweils eine neue Frau gesucht haben, bei der er wohnen und sich bereichern konnte.

Auch hohe Geldbeträge ließ sich der Mann aushändigen

Wie weit der mutmaßliche Betrüger dabei ging, entschied er offenbar von Fall zu Fall. Erschien ihm eine Frau vertrauensselig genug, bat er offenbar auch noch um Bargeld, manchmal mehr als 1000 Euro. Auch Möbel der Frauen soll Sebastian H. teilweise verkauft haben. Spätestens nach einigen Monaten brach Sebastian H. den Kontakt zu seinen Opfern jeweils ab. Keines seiner Opfer ahnte, dass Sebastian H. schon als Betrüger in Erscheinung getreten ist. Er hat eine Ausbildung im IT-Bereich absolviert und bei mehreren Unternehmen gearbeitet. Dabei soll er vom Jahr 2015 an im Namen der Firmen jeweils Elektrogeräte bestellt und für sich selbst behalten sowie Dienstgeräte unterschlagen haben.

Im Januar verurteilte das Amtsgericht Altona Sebastian H. deshalb zu zwei Jahren Gefängnis – das Urteil war jedoch noch nicht rechtskräftig, der 34-Jährige hatte Berufung eingelegt. Bei einem Verhandlungstermin vor Gericht fehlte Sebastian H. jedoch unentschuldigt, er wurde deshalb nun per Haftbefehl gesucht. Nach der Festnahme soll bereits am Freitag die Berufungsverhandlung vor dem Landgericht beginnen.

Der mutmaßliche Betrug an den Frauen wird offenbar in einem weiteren Verfahren münden. Es liegen noch weitere Anzeigen gegen den Mann vor. „Sein Tatverhalten ist sehr exotisch“, heißt es dazu von Polizisten. In der Regel käme es bei Betrug über Dating-Apps heutzutage gar nicht erst zu einem realen Treffen.

Nach Abendblatt-Informationen haben sich die betrogenen Frauen in einer Gruppe beim Chatdienst Whats­App zusammengeschlossen. Sie wollen im Zuschauerraum sitzen, wenn der Mann, in den sie sich verliebten, als Angeklagter vor Gericht geführt wird.