Kiel . Der Norden bleibt im Tourismus-Hoch. Die neue Marketingchefin des Landes sieht dennoch weitere Reserven.

Schleswig-Holstein wird ein großes Ziel im Tourismus – 30 Millionen Übernachtungsgäste im Jahr – wahrscheinlich viel früher erreichen als geplant. „Es zeichnet sich ab, dass wir dieses für 2025 angepeilte Ziel schon vorher schaffen werden“, sagt die neue Geschäftsführerin der Tourismus-Agentur, Bettina Bunge. 2016 hatte das nördlichste Bundesland erstmals mehr als 28 Millionen Übernachtungen von Touristen verbucht.

Da die Statistik nur Beherbergungsstätten mit mindestens zehn Betten erfasst, liegt die Gesamtzahl noch weit höher. 2017 wird Schleswig-Holstein mit einem Plus von etwa fünf Prozent abschließen. „Trotz der positiven Entwicklung haben wir weiterhin wichtige Aufgaben im Tourismusmarketing“, sagt Bunge (50), die seit 1. November im Amt ist. Die Marketing- und Tourismusexpertin leitete vorher acht Jahre lang die Dachmarketingorganisation in Dresden.

Dänen auf dänisch ansprechen

Für den Norden nennt die Diplom-Kauffrau als Schwerpunkte: Mehr Auslandsmarketing, mehr digitales Marketing, mehr Kongressakquise, mehr Kooperation im Land und darüber hinaus. Bunge möchte mehr ausländische Touristen anlocken. Bisher kommen nur 6,5 Prozent der Übernachtungsgäste aus anderen Ländern. Obwohl die Dänen klar vorn liegen (671 000 Übernachtungen 2016), sieht Bunge gerade bei den Nachbarn Reserven. „Wir könnten sie noch besser in ihrer Landessprache auf Veranstaltungen, Shoppingmöglichkeiten und Kulinarikangebote hinweisen“, sagt Bunge. Einen Facebook-Kanal in dänischer Sprache hat die Tourismus-Agentur mittlerweile und eine Online-Kampagne gemeinsam mit norddeutschen Partnern ist gestartet.

Auslandsmarketing macht die TASH auch in der Schweiz und in Österreich, Aktivitäten in anderen Märkten sind geplant. Bunge will auch mit regionalen und lokalen Tourismusgesellschaften intensiver zusammenarbeiten, um sich im Marketing besser zu ergänzen und gezielter Gäste anzusprechen. Gleiches gelte für die länderübergreifende Werbegemeinschaft Deutsches Küstenland. „Den Namen Schleswig-Holstein kennen im Ausland bei weitem nicht alle, schon die Aussprache ist international eine Herausforderung.“

Tagungsgäste sollen angeworben werden

Sie wolle Schleswig-Holstein auch als Tagungs- und Veranstaltungsort bekannter machen, sagt Bunge. Bisher stellten Geschäftsreisende nur geschätzt 10 bis 15 Prozent der Übernachtungsgäste. Gerade für Veranstaltungen mit bis zu 500 Teilnehmern habe das Land viel zu bieten, auch mit Messehallen und Schlössern. Zudem seien Firmenevents am Strand attraktive Alternativen zu Angeboten in Großstädten. Mit der anfangs umstrittenen Landesdachmarke „Der echte Norden“ hat sich die gebürtige Lüneburgerin schnell angefreundet. „Der Slogan ist mutig, weil er polarisiert, aber sehr authentisch und glaubwürdig“, sagt Bunge. Sie lobt auch, wie konsequent die Marke für das ganze Land umgesetzt werde.

Höheres Budget

Dass Schleswig-Holstein seine Spitzenstellung im Glücksatlas der Deutschen auch mit einer Glückskampagne für Tourismuswerbung nutzt, ist für Bunge nur konsequent. „Die Menschen wollen auf Reisen ja glücklich sein und auf glückliche Menschen treffen.“ Bunge ist glücklich darüber, dass die Agentur mit ihren 14 Beschäftigten vom Land ein höheres Budget bekommt. Es soll 2018 um eine halbe Million auf 2,3 Millionen Euro wachsen.

Obwohl sie ihr bisheriges Berufsleben in Hessen, Hamburg und Sachsen verbracht hat, ist Schleswig-Holstein für Bunge kein Neuland. „Als kleines Kind war ich auf Amrum und in Scharbeutz, und von Hamburg aus bin ich oft hierher gefahren, ob nach Sylt, an den Plöner See, Schloss Gottorf oder nach St. Peter-Ording“, sagt Bunge. „Ein paar Orte und Inseln kenne ich noch gar nicht – und die erste Wattwanderung auf die Halligen steht auch noch aus.“ Fremd fühle sie sich gar nicht. „Ich mag die Menschen hier, das Freundliche, Nette und sehr Herzliche“, sagt Bunge. „Ich hoffe, hier so lange wie möglich zu bleiben.“ Zunächst hat sie einen Vertrag über drei Jahre.