Kiel. Paukenschlag in Kiel: Nach der Rockeraffäre um mögliche Pannen und Fehlverhalten gibt es personelle Konsequenzen.

Im Zuge der Affäre um mögliche Pannen und Fehlverhalten bei Ermittlungen gegen Rocker muss Schleswig-Holsteins Polizeiführung ihre Posten räumen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sollen sowohl Landespolizeidirektor Ralf Höhs als auch Jörg Muhlack, Leiter der Polizeiabteilung im Innenministerium, abgelöst werden. Landeskriminalamts-Chef Thorsten Kramer geht demnach freiwillig. Das Trio war in den vergangenen Monaten in die Kritik geraten.

Ein Sprecher des Innenministeriums sagte der dpa, „beide sind im Amt“. Lebenszeitbeamte könnten nicht zurücktreten. Es habe am Mittwoch zunächst ein Gespräch zwischen Innenstaatssekretär Torsten Geerdts (CDU) mit Höhs und Muhlack und einige Stunden später ein Gespräch zwischen Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) und Muhlack gegeben. Zum Inhalt der Unterredungen wollte sich der Sprecher nicht äußern. „Es wird aber weitere Gespräche geben.“

Gewerkschaft der Polizei reagiert erstaunt

Die Gewerkschaft der Polizei reagierte mit Erstaunen. „Wir sind sehr überrascht und ein Stück weit befremdet“, sagte der geschäftsführende GdP-Landesvorsitzende Torsten Jäger am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur zu den Entwicklungen.

Laut den „Lübecker Nachrichten“ hat Muhlack die Politik erst kürzlich nicht über große Ermittlungsvorgänge im Land informiert. Nach dpa-Informationen gab es Kritik an der Informationspraxis Muhlacks.

Haben Vorgesetze Polizisten an der Arbeit gehindert?

Die SPD hatte bereits einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu der seit Mai schwelenden Affäre angekündigt. Im Raum stehen Vorwürfe wie mögliche Aktenmanipulation, Unterdrückung von Beweismittel, Mobbing durch zwei LKA-Ermittler und Dienstvergehen im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen Rocker wegen einer Messerstecherei in Neumünster im Jahr 2010.

Zwei Polizisten gaben an, ihr Vorgesetzter habe sie gehindert, entlastende Aussage eines Informanten aus der Rockerszene vollständig zu protokollieren. Sie seien gemobbt und gegen ihren Willen versetzt worden.

Es geht aber auch um den Hintergrund der mutmaßlichen Führung eines langjährigen Informanten des LKA und um Zusammenhänge mit dem Verbotsverfahren gegen das „Bandidos Probationary Chapter“ Neumünster im Jahr 2010. Ende September hatte das Innenministerium dem dem Innen- und Rechtsausschuss des Landtags Dokumente im Umfang von rund 80 Aktenordnern übergeben.

Der SPD-Innenpolitiker Kai Dolgner hatte im August angekündigt, in einem Untersuchungsausschuss auch Vorwürfe zu thematisieren, es gebe ein Netzwerk innerhalb der Polizeiführung, das für ein „Klima der Angst“ verantwortlich sei. Die „Kieler Nachrichten“ hatten von einem „Netzwerk der Polizeiführer“ rund um Landespolizeidirektor Höhs berichtet, dem auch Muhlack und Kramer angehörten.

SPD-Fraktionschef Ralf Stegner sagte am Donnerstag, die Aufklärungsarbeit Dolgners habe erste Früchte getragen. „Denn offenbar sieht sich der Innenminister durch die bloße Ankündigung eines Untersuchungsausschusses schon so unter Zugzwang gesetzt, dass er bereits jetzt personelle Konsequenzen zieht. Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die erhobenen Vorwürfe nicht substanzlos sind und eine Aufklärung geboten war und ist.“ Hauptaufgabe in den kommenden Wochen bleibe die Aufklärung in der Sache. „Dabei geht es der SPD nach wie vor darum ob die jeweiligen Führungsebenen richtig mit kritischen Beamten umgehen oder nicht.“