Hamburg. FDP-Vize drückt bei Sondierung für Jamaika-Koalition aufs Tempo: „Wir müssen Verantwortung übernehmen.“

Wolfgang Kubicki, der stellvertretende Parteichef der FDP, hat Union, Grüne und FDP aufgerufen, sich schnell zu Sondierungsgesprächen für eine Jamaika-Koalition zusammenzusetzen. „Wir müssen allein wegen Deutschlands Rolle in Europa und der Welt Verantwortung übernehmen“, sagte Kubicki dem Abendblatt. Nun müsse es vorrangig darum gehen, Vertrauen zueinander zu fassen.

„Ich empfehle allen, aus den Schützengräben des Wahlkampfs herauskommen. Wer dort verharrt, kann nicht aufeinander zugehen. Wir müssen alle rhetorisch abrüsten.“ Er warnte die Partner davor, zu sehr auf parteiinterne Befindlichkeiten zu reagieren. CSU-Chef Horst Seehofer dränge derzeit nach rechts, einige Grüne hingegen nach links. „Das vergrößert die Distanz“, so Kubicki. Das Jamaika-Bündnis in Kiel könne Vorbild sein: „In Schleswig-Holstein haben wir in den Verhandlungen festgestellt, dass unsere Ziele gar nicht so unterschiedlich sind, aber die Wege dorthin.“

Unterdessen geht der Richtungsstreit in der Union weiter. Nach Seehofer hat nun der sächsische Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) die Union zu einem Kurswechsel aufgerufen. „Ich unterstütze seine Forderung nach einem Kurs ‚Mitte rechts‘“, sagte Tillich dem Abendblatt. Die Union müsse sich fragen, was wichtig sei für die Menschen im Land, sagte der Ministerpräsident. „Die Ehe für alle war es jedenfalls nicht.“ Die Union habe „Platz gelassen rechts von der Mitte“.

Auch die SPD kommt nach ihrer Wahlniederlage nicht zur Ruhe. Ihr gescheiterter Kanzlerkandidat Martin Schulz beklagt schwere Fehler seiner Partei in den vergangenen Jahren und will eine inhaltliche Erneuerung anstoßen. Der gerade abgelöste Fraktionschef Thomas Oppermann hält trotz der Absage an die Große Koalition ein Bündnis mit der Union zumindest theoretisch noch für denkbar. In der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“ bekräftigte Oppermann zwar, dass die SPD in die Opposition gehen wolle. Allerdings sagte er auf die Frage, ob die Sozialdemokraten im Fall eines Rückzugs von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu einer Großen Koalition bereit wären: „Das wäre in der Tat eine neue Situation.“