Kiel/Lübeck. Landesregierung will 2019 in Kiel feiern. Lübeck ist empört – und facht den alten Städtestreit wieder an

Zwei Städte wie Hund und Katze: Lübeck und Kiel, die beiden größten Städte Schleswig-Holsteins, gehen schon seit Jahrzehnten keinem Streit aus dem Weg. Mal geht es um die Uni-Klinik, mal um Hafensubventionen, mal auch nur um die Frage, welche Woche die schönere ist: die Travemünder oder die Kieler. Jetzt ist es mal wieder so weit: Die Einheitsfeier im Jahr 2019 nährt neu die Kiel-Lübecker Zwietracht.

Und das kommt so. Der neue Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hatte in einer seiner ersten Amtshandlungen entschieden, die Feier zur deutschen Einheit im Jahr 2019 in Kiel auszurichten. Schleswig-Holstein ist in jenem Jahr turnusgemäß der Veranstalter des jährlich von Bundesland zu Bundesland wechselnden Festes. Nur in Kiel, so hieß es in der Pressemitteilung der Kieler (!) Staatskanzlei, gebe es geeignete Veranstaltungsräume für den Festakt, ausreichend große Flächen für das Bürgerfest, genügend Hotelkapazitäten und eine „für den ökumenischen Gottesdienst geeignete Kirche“.

Doch so kann man mit Lübeck nicht umspringen. Flugs meldete sich Bernd Saxe zu Wort, der Lübecker Bürgermeister. Zu einem Zeitpunkt, als die meisten Lübecker noch gar nicht wussten, dass ihnen 2019 ein Einheitsfest ins Haus stehen könnte, sagte Saxe: „Ich bin in den letzten 17 Jahren selten auf ein Thema so häufig auf der Straße angesprochen worden.“ „Empört“ sei man über diese Entscheidung.

Lübeck hat ja recht. Die Königin der Hanse, deren Reich einst halb Europa umspannte, zu klein für eine Einheitsfeier? Auf diese Idee konnte auch nur Daniel Günther kommen, ein Eckernförder, der den größten Teil seines Studien- und Berufslebens wo zugebracht hat? In Kiel, natürlich.

Und hält dieser Günther wirklich an der ungeheuerlichen Einschätzung fest, dass es dem weithin wegen seiner gotischen Kirchen gerühmten Lübeck an einem geeigneten Gotteshaus für den „ökumenischen Gottesdienst“ fehle? „Der Ministerpräsident schwieg sich dazu aus, schickte seinen Regierungssprecher vor“, reportierten die co-empörten „Lübecker Nachrichten“.

Überhaupt spricht man in Lübeck den Kielern jegliches moralisches Recht ab, eine Einheitsfeier austragen zu dürfen. Wer habe denn die innerdeutsche Grenze ständig im Blick gehabt? Wer habe denn am Priwallstrand auf Stacheldraht gesehen, wenn er gen Osten geschaut habe? Lübeck natürlich.

Frontstadt Lübeck gewissermaßen, Kiel war eben nur Etappe. „Die Grenze ist hier gefallen und nicht in Kiel“, sagt Saxe bündig.

Ja, am 3. Oktober 2019 wird in Kiel der Tag der Deutschen Einheit gefeiert werden. Es wird, so scheint es, zugleich ein Tag der Kiel-Lübecker Zwietracht werden.