Kiel. Der neue Ministerpräsident Schleswig-Holsteins spricht im Interview über die A 20, Hamburgs Hafen und seine Urlaubspläne.

Herr Ministerpräsident, in Ihrer Regierungserklärung haben Sie gesagt, Schleswig-Holstein müsse sexy werden. Wir dachten, das sei es schon ...

Daniel Günther: Es ist jedenfalls noch nicht so, wie ich mir das wünsche. Schleswig-Holstein hat da noch viel Luft nach oben, etwa um Unternehmen ins Land zu holen. Da war Schleswig-Holstein in den vergangenen Jahren nicht so gut wie andere Bundesländer. Ein Grund dafür ist sicher auch unsere schlecht ausgebaute Infrastruktur.

Da ist es gewiss nicht sexy, dass sich der Bau der A 20 jetzt noch weiter verzögert ...

Nein, ist es nicht. Wir setzen deshalb alles daran, dass es schneller geht. Wir haben eine furchtbare Eröffnungsbilanz ziehen müssen. Das, was unser Verkehrsminister Bernd Buchholz innerhalb von wenigen Tagen analysiert hat, hat die Vorgängerregierung offenkundig in fünf Jahren nicht geschafft. Das ist eine bittere Situation.

"Parlament falsch informiert"

Die Sache ist schon ein bisschen dramatischer. Sie haben nach gerade mal 14 Tagen im Amt Ihr erstes Wahlversprechen gebrochen.

Ich habe vor der Wahl gesagt, dass ich in dieser Wahlperiode alle A-20-Abschnitte auf schleswig-holsteinischem Gebiet gebaut haben will. Diese Aussage bezog sich allerdings auf den Kenntnisstand, den wir damals gehabt haben – auf das, was die Vorgängerregierung der Öffentlichkeit offenbart hat. Jetzt ist klar, dass Parlament und Öffentlichkeit falsch informiert worden sind. Und das räumen inzwischen sogar Vertreter der alten Regierung ein. Das ist nicht nur überaus ärgerlich, das ist auch dramatisch für die Planungen bei der A 20. Unser Ziel heißt nun: Wir wollen so viel wie möglich in dieser Legislaturperiode gebaut haben. Wie weit wir damit kommen, ist derzeit nicht abzuschätzen.

War es nicht fahrlässig, dieses Versprechen überhaupt zu geben? Fachleute haben schon vor der Wahl gesagt, dass es nicht einzuhalten sei.

Ich habe auch damals gesagt, dass dies ein ehrgeiziges Ziel ist. Und ich bleibe dabei: Wenn wir Verkehrsinfrastrukturprojekte nicht mit sportlichen Zielen versehen, dann kommen wir am Ende gar nicht an. So war das, wie wir alle wissen, in der vergangenen Legislaturperiode. Es ist und bleibt darüber hinaus eine überaus blöde Situation, dass die Regierung uns hinter die Fichte geführt hat.

Es erschwert vor allem auch Ihr Bemühen, mehr Unternehmen anzusiedeln.

Ja. Insbesondere mit Blick auf Hamburg ist die Situation nicht einfacher geworden. Eigentlich hätte der Ausbau der A 7 erst in Angriff genommen werden dürfen, wenn die A 20 fertig ist. Über Jahrzehnte ist da viel zu wenig passiert. Wir wollen endlich aufs Gaspedal drücken, denn der Koalition ist klar, dass wir nun auch liefern müssen.

"Keine fertigen Lösungen"

Sie wollten die Personalbeschaffung für die Straßenbauplanung zur Chefsache machen. Hat sich da schon etwas getan?

Daran arbeiten wir bereits. Wir prüfen alle Möglichkeiten, wie wir uns personell möglichst schnell besser aufstellen können. Aber ich bitte um Verständnis: Nach zwei Wochen kann hier ich noch keine fertige Lösung präsentieren.

In Ihrem vor der Wahl veröffentlichten 100-Tage-Programm war zu lesen, dass Sie in Ihrer ersten Kabinettssitzung beschließen wollen, die Bundesmittel für die Kommunen künftig auch vollständig an diese weiterzuleiten. Hat es diesen Beschluss gegeben?

Wir haben im Koalitionsvertrag festgelegt, dass Bundesmittel im Rahmen der vom Bund festgelegten Kriterien an die Kommunen weitergegeben werden. Wir haben es also noch früher gelöst, als ich es angekündigt habe.

Einen Kabinettsbeschluss gab es nicht?

Nein.

Außerdem wollten Sie, so hieß es vor der Wahl, unverzüglich eine Lehrerbedarfsanalyse in Auftrag geben.

Sie können jetzt mein ganzes 100-Tage-Programm durchgehen ... Natürlich werden wir auch dieser Regierung ein 100-Tage-Programm geben, und da werden ganz viele der Punkte, die wir vorher angekündigt haben, wiederzufinden sein. Die Frage, wie wir Lehrkräfte gewinnen können, wird dazugehören. Aber wir sind eine Koalition, die CDU regiert nicht allein.

"Wir stehen nicht auf der Bremse"

Im Koalitionsvertrag steht etwas, was dem Hamburger Hafen nicht guttut. Danach soll weiterer Hafenschlick erst dann bei Helgoland verklappt werden dürfen, wenn Hamburg andere „Verbringungsmöglichkeiten“ geprüft hat. Gefährdet das nicht den Hafen, Schleswig-Holsteins größten Arbeitgeber?

Ich kann Ihnen fest zusagen, dass wir den Ausbau des Hamburger Hafens unterstützen und fördern. Wir stehen da nicht auf der Bremse. Wir wollen Lösungen finden, die auch für Schleswig-Holstein akzeptabel sind.

Haben Sie darüber schon mit Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz gesprochen?

Wir suchen gerade nach einem zeitnahen Termin. Ich habe ihn aber schon in Lübeck getroffen, bei der Eröffnung des Schleswig-Holstein Musik Festivals. Ich habe ihm gesagt, dass ich meinen ersten offiziellen Länderbesuch in Hamburg bei Olaf Scholz machen will.

Wie haben Sie die Ereignisse am Gipfelwochenende in Hamburg wahrgenommen?

Wir haben die ganze Zeit Kontakt zur Polizei gehalten. Wir hatten fast 1800 Beamte im Einsatz. Das war auch für uns in Schleswig-Holstein ein dramatisches Ereignis. 25 unserer Polizisten wurden verletzt, zum Teil erheblich. Ich will mich nächste Woche zusammen mit dem Innenminister mit Beamten treffen, die im Einsatz waren.

"Wir sind gut im Plan"

In Ihrer Koalition hat es schon erste Spannungen gegeben. Ihre grüne Finanzministerin Monika Heinold hat den FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki ins Gebet genommen, weil der sich mal wieder zur HSH Nordbank geäußert hat.

Das muss sich am Anfang alles noch ein bisschen einspielen. Wenn sich Wolfgang Kubicki als Vorsitzender einer der regierungstragenden Fraktionen jetzt öffentlich zur Bank äußert, dann hat das eine andere Wirkung als zu Oppositionszeiten. Es war deshalb richtig, dass die Regierung noch einmal deutlich gemacht hat, dass wir an dem Verfahren zum Verkauf der HSH festhalten. Wir sind da gut im Plan.

Die parlamentarischen Sommerferien beginnen bald. Machen Sie Urlaub?

Ja, wir fahren nach Österreich. Wenn man am Wasser lebt, sind Berge ein schöner Ausgleich.

Waren Sie schon mal in Jamaika?

Nein, noch nie.

Angeblich pflegt man dort die Tradition des Kiffens. Haben Sie schon mal?

Nein, ich habe in meinem Leben noch nicht einmal eine Zigarette geraucht.