Lübeck. Wem es ums Reisen, nicht ums Ankommen geht, für den hätten wir da ein paar Tipps – gleich um die Ecke.
Der Weg ist das Ziel: Wenn Deutschland in die Ferien startet, geht es meist mit hohem Tempo in die Urlaubsorte. Ganz anders auf einigen der schönsten Straßen in Norddeutschland: Wer auf Alleen unter grünen Dächern unterwegs ist oder auf der Märchenstraße bei Buxtehude Hase und Igel begegnet, will vor allem eines: diese Fahrt genießen. „Ich lasse lieber überholen“, sagt Erwin Pfeiffer, „mir pressiert es da nicht.“ Der Tourismus-Experte beim ADAC macht zahlreiche Zwischenstopps und lässt die Atmosphäre auf sich wirken. „Das ist für mich Entschleunigung.“ Das Abendblatt stellt vier der schönsten Ferienstraßen vor.
Deutsche Alleenstraße
Die längste unter den 150 Ferienstraßen führt von Rügen bis zur Insel Reichenau auf den Bodensee. Das grüne Band erstreckt sich fast 3000 Kilometer lang und beginnt am Kap Arkona (Mecklenburg-Vorpommern). Bereits die Tour im Norden – an der Boddenlandschaft vorbei bis nach Stralsund und Demmin – wird zu einem Erlebnis, das zur Entschleunigung beiträgt. „Die durchschnittliche Geschwindigkeit liegt bei 60 bis 70 Kilometern pro Stunde“, sagt ADAC-Experte Pfeiffer. Linden, Kastanien, Eichen und Pappeln säumen die Bundesstraßen. „Alleen sind Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten, die selten noch ein Zuhause finden. Fledermaus, Käutzchen und Hohltaube sind auf die alten Bäume mit ihren Höhlen angewiesen“, sagt Christoph Rullmann von Arge Deutsche Alleenstraße.
Auf jeden Fall sollten Besucher einen Abstecher in die alte Hansestadt Demmin machen, die am Schnittpunkt der Alleenstraße B 110 und B 1942 liegt. Demmin befindet sich zudem am Peenetal, einem der letzten Niedermoorgebiete Deutschlands. Außerdem fließen hier gleich drei Flüsse zusammen – Peene, Trebel und Tollense.
Weitere Informationen: Arbeitsgemeinschaft Deutsche Alleenstraße c/o Schutzgemeinschaft Deutscher Wald – Bundesverband, Tel.efon 0228/945 98 30. www.deutsche-alleenstrasse.de. Stadtinformation Demmin:
Telefon 03998/22 50 77.
Die Straße der Megalithkultur
Weiter zurück in die Vergangenheit kann man wohl kaum fahren: Schließlich führen 330 Kilometer zwischen Osnabrück und Oldenburg in Niedersachsen direkt in die Epoche der Jungsteinzeit vor rund 5000 Jahren. Geheimnisvolle, alte Steine und Großsteingräber prägen das Antlitz von Auen, Geest, Heide und Wäldern. Die 2013 vom Europarat als europäischer „Kulturweg“ anerkannte Straße verbindet 33 archäologische Stationen der Megalithkultur mit mehr als 70 Megalithanlagen aus der mittleren Phase der Jungsteinzeit (3500–2800 vor Chr.) in Niedersachsen. Besonders sehenswert ist der Naturpark Wildeshauser Geest mit der „Glaner Braut“ und dem 40 Tonnen schweren „Heidenopfertisch“. Geplant ist es, den Kulturweg in Richtung Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein zu verlängern. Ein weiterer Abschnitt soll demnächst in die Niederlande führen, wo es 53 solcher Megalithanlagen gibt.
Weitere Informationen: Arbeitsgemeinschaft „Straße der Megalithkultur“, Tourismusverband Osnabrücker Land 0541/323 45 64
Deutsche Märchenstraße
Zur Deutschen Märchenstraße, die auch bei Touristen aus Asien und den USA beliebt ist, gehören mehr als 50 Orte zwischen Hanau und Bremerhaven. Jährlich begibt sich rund eine Million Touristen auf die Spuren von „Hase und Igel“ (das Märchen spielt in Buxtehude) und „Aschenputtel“ (Holzminden). „Die Sagen haben einen besonderen Charme wegen ihres konkreten historisch-räumlichen Bezugs“, sagt der Geschäftsführer der Deutschen Märchenstraße, Benjamin Schäfer.
Wer die 1975 eingeweihte, rund 600 Kilometer lange Route nutzt, befindet sich auf den Spuren der Brüder Jakob und Wilhelm Grimm. In Hanau (Hessen) wurden sie geboren, in Bremen grüßen die „Bremer Stadtmusikanten“ und in Bremerhaven „Der Klabautermann“. Zum Besuchsprogramm sollte unbedingt Hameln, die Rattenfängerstadt, gehören. Die Brüder Grimm hatten diese Sage 1816 in ihre Sammlung aufgenommen.
Weitere Informationen: Deutsche Märchenstraße, Telefon 0561/92 04 79 10.
Hameln Marketing: Telefon 05151 / 95 78 23.
Route der Backsteingotik
Was so erhaben klingt, kann auch auf dem Küstenradweg und dem Mecklenburgischer-Seen-Radweg auf zwei Rädern zurückgelegt werden. Zwar führt die große „Europäische Route der Backsteingotik“ von Polen über Deutschland bis nach Dänemark. Aber selbst die Radwege an den Mecklenburgischen Seen vorbei bis nach Wismar und Lüneburg sind von so erhabener Architektur geprägt, dass schon 100 Kilometer zum Staunen und Genießen genügen. Der einheitliche Baustil der Backsteingotik verbindet das nordöstliche Polen genauso wie Wismar mit seinen drei Hauptkirchen. In der alten Hansestadt kann man zur Stärkung in einen der Restaurants typisch mecklenburgische Küche genießen. Mit Aal, Sanddorntorte und – wenn der Sommer in höchster Blüte steht – Birnen, Bohnen und Speck.
Weitere Informationen: Europäische Route der Backsteingotik, Telefon 030/206 13 25 55. Tourist-Info Wismar: Telefon 03841/194 33.