Kiel. CDU, Grüne und FDP in Schleswig-Holstein räumen letzte Streitpunkte aus
Gegen 19 Uhr am Dienstag war es so weit: Die erste Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein einigte sich auf einen Koalitionsvertrag. Am Freitag soll er unterzeichnet und veröffentlicht werden. Danach hat die Basis das Wort - zumindest bei Grünen und FDP. Sollte es auch da eine Zustimmung zu der rund 100-seitigen Vertragsgrundlage geben, könnte der CDU-Landesvorsitzende Daniel Günther am 28. Juni zum neuen Ministerpräsidenten des Landes Schleswig-Holstein gewählt werden.
Am Ende ging es relativ zügig. Ja, CDU, Grüne und FDP verhandelten noch einmal insgesamt neun Stunden über strittige Punkte. Aber in jener Schlussrunde musste eben auch geklärt werden, worüber vorher in kleineren Gesprächskreisen keine Einigung hatte erzielt werden können. Mit anderen Worten: Die „Jamaika“-Partner mussten das eventuell toxische Problemkondensat dieser Koalitionskonstellation abbauen. Und da hatte sich zuletzt einiges angehäuft. Daniel Günther, der CDU-Spitzenkandidat und designierte Ministerpräsident, sprach am Mittag von Streitfällen im Umfang von etwa fünf Seiten. „Das werden schon spannende Verhandlungen heute, aber das kriegen wir gemeinsam hin“, sagte Günther.
Was auf dieser Giftliste stand, war ungefähr bekannt. Ganz oben: die Abstände zwischen Wohnbebauung und Windanlagen. Die CDU wollte sie vergrößern, die Grünen nicht. Sie sahen die Energiewende in Gefahr. Derzeit müssen Anlagen einen Abstand von 800 Metern zu Siedlungen einhalten. Die CDU wollte das auf 1200 Meter hochschrauben.
Rückkehr zum Langsam-Abi war bis zuletzt umstritten
Der Kompromiss sieht nun vor, dass bei Neugenehmigungen die Größe der Windmühle eine Rolle spielt. Der Abstand zu Siedlungen soll das Fünffache der Anlagenhöhe betragen. Bei einer Höhe von 200 Metern bis zur Rotorblattspitze sind also 1000 Meter Abstand einzuhalten.
Ungeklärt war auch die Frage, ob die Gymnasien wieder zum Langsam-Abi G9 zurückkehren. Mit dieser Forderung hatte die CDU massiv Wahlkampf gemacht. Deshalb fiel es ihr schwer, sich mit einer Verwässerung abzufinden. Die Grünen wollten bei G8 bleiben. Die FDP-Position hatte das Zeug zum Kompromiss: Gymnasien sollen selbst entscheiden dürfen, ob sie Turbo- oder Langsam-Abi anbieten. Darauf haben sich die Koalitionäre nun auch geeignet. G9 soll Vom Schuljahr 2019/20 an eingeführt werden. Die Schulkonferenzen der Gymnasien können allerdings einmalig entscheiden, von diesem Weg abzuweichen – also G8 oder beides anzubieten. Dazu bedarf es allerdings einer Zweidrittelmehrheit.
Am Ende dürfte es in den Verhandlungen auch um Personalien gegangen sein. Wer wird Minister im Kabinett des Ministerpräsidenten Daniel Günther? Das wahrscheinlichste Tableau sieht so aus: Monika Heinold (Grüne) bleibt Finanzministerin, Robert Habeck (Grüne) bleibt Landwirtschafts-, Umwelt- und Energieminister. Heiner Garg (FDP) übernimmt das Sozialministerium, verliert aber die Zuständigkeit für Gleichstellung ans Justizressort. Bernd Buchholz (FDP) leitet das Verkehrs- und Wirtschaftsministerium. Karin Prien (CDU) wird Bildungsministerin, der Norderstedter Bürgermeister Hans-Joachim Grote (CDU) Innenminister. Die Flensburger Bundestagsabgeordnete Sabine Sütterlin-Waack (CDU) ist fürs Justizressort vorgesehen.