Brunsbüttel. Zwischen Cuxhaven und Brunsbüttel fahren keine Schiffe mehr. Ermittlungen wegen Insolvenzverschleppung

Die Fährverbindung zwischen dem schleswig-holsteinischen Brunsbüttel und Cuxhaven in Niedersachsen ist vorläufig eingestellt worden. Grund: Die Elb-Link Reederei ist in finanzielle Schieflage geraten. „Offensichtlich hat die estnische Mutter-Reederei bei der finanzierenden Bank die Charter für die Fährschiffe nicht beglichen“, teilte das niedersächsische Wirtschaftsministerium mit.

Am Dienstag, um 21.17 Uhr, hatte die Elb-Link Reederei auf ihrer Facebook-Seite verkündet: „Leider fallen bis auf Weiteres zumindest in den kommenden Tagen alle Fahrten aus.“ Man sei „mit Hochdruck um eine schnelle Lösung bemüht“. Am Mittwoch verkehrte dann dennoch die Fähre „Anne-Marie“ – möglicherweise die Aktion eines eigenwilligen Kapitäns. Die Reederei, die seit Sommer 2015 in der Elbmündung aktiv ist, war für Anfragen nicht zu erreichen. Das niedersächsische Wirtschaftsministerium teilte mit, es handele sich wohl um eine vorübergehende Einstellung. Genaue­res wisse man auch nicht, sagte die Ministeriumssprecherin Sabine Schlemmer-Kaune: „Wir versuchen – ebenso wie die Journalisten – die Sachlage zu klären. Aber noch ist vieles unklar.“ Die Reederei, die zum estnischen Unternehmen Saaremaa Ferry gehört, ist offenbar schon seit Längerem in schwierigem Fahrwasser. Die Staatsanwaltschaft Stade ermittelt seit dem Sommer 2016 gegen den Reederei-Geschäftsführer Christian Schulz wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung. Oberstaatsanwalt Burkhard Vonnahme sagte: „Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen.“

Die Reederei war im August 2015 gestartet. In Niedersachsen wie in Schleswig-Holstein freute man sich darüber, dass die traditionsreiche Verbindung wieder belebt wurde. Besonders die niedersächsischen Landespolitiker taten alles, was möglich war, um die Linie zu einem Erfolg werden zu lassen. Eine direkte Subventionierung gab es allerdings nicht, sie ist aus wettbewerbsrechtlichen Gründen unmöglich.

Stattdessen richtete das Land Niedersachsen den Fähranleger Steubenhöft in Cuxhaven für 1,4 Millionen Euro her. Er musste an die Abmessungen der beiden Elb-Link-Fährschiffe „Grete“ und „Anne-Marie“ angepasst werden. Ein geldwerter Vorteil, der der Reederei aber offenbar nicht wirklich half.

Eine Jahresbilanz für 2016 legte sie zwar nicht vor. Aber Zahlen aus der Mitte des vergangenen Jahres zeigen, dass die Decks der Fähren nicht sonderlich gut gefüllt waren. Nach zehn Monaten Fährbetrieb hatte Elb-Link 12.000 Lastwagen, 66.000 Pkw und 320.000 Passagiere transportiert. Laut einem Gutachten, das die niedersächsische Landesregierung in Auftrag gegeben hatte, war man damit weit entfernt von der Wirtschaftlichkeit. Nach Ansicht der Experten müssten die Fähren jährlich mindestens 48.000 Lastwagen, 265.000 Autos und 625.000 Passagiere über die Elbe bringen.

Brunsbüttels Bürgermeister Stefan Mohrdieck sieht dennoch Chancen für eine Fortführung der Fährverbindung. „Meines Wissens haben sich die Zahlen zuletzt verbessert, im Schnitt sollen 90 Lkw pro Tag transportiert worden sein“, sagt er. „Wichtig ist nun, dass wir einen Notbetrieb aufrechterhalten können, um Zeit für eine Nachfolge­lösung zu finden.“

Allerdings schrumpft nun auch das Zeitfenster für einen lohnenden Fährbetrieb. Denn ein ganz wesentliches Argument für die Nutzung der Verbindung sind laut Gutachter die zeitraubenden Staus im Elbtunnel. Vereinfacht gesprochen: Kostet das Passieren des Elbtunnels absehbar viele Stunden, lohnt sich auch der Umweg zum Fähranleger in Cuxhaven oder Brunsbüttel. Die Staus dürften sich allerdings reduzieren, sobald der geplante Elbtunnel im Verlauf der A 20 bei Glückstadt fertiggestellt ist. Zwar lässt sich derzeit noch kein verlässliches Eröffnungsdatum für den Tunnel nennen. Klar ist dennoch: Jahr für Jahr verringert sich die Zeitspanne, in der man mit einem Fährbetrieb zwischen Brunsbüttel und Cuxhaven noch Gewinn machen kann.

Brunsbüttels Bürgermeister will dennoch nicht aufgeben. „Die Schiffe sind gut, und das Angebot ist auch gut“, sagt Stefan Mohrdieck. „Gefahrguttransporte dürfen nachts zum Beispiel den Elbtunnel nicht passieren, aber unsere Fähre nimmt sie mit“, sagt er.

50 Beschäftigte hat die Elb-Link Reederei. Was aus ihnen wird, ist unklar. Sollte ein Notbetrieb installiert werden können, hätten wenigstens einige Mitarbeiter Arbeit und Lohn. Diesen Notbetrieb müsste die „Anne-Marie“ übernehmen. Denn die zweite der beiden sieben Jahre alten Doppelend-Fähren, die „Grete“, liegt derzeit in Cuxhaven in der Werft.