Pinneberg. Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig demonstrieren in Pinneberg Harmonie.

Zwei Regierungschefs, ein Wahlkampf: Was den Zuschauern an diesem Montagabend in Pinneberg geboten wird, ist schon ungewöhnlich. Ein eher konservativer und ein eher linker Sozialdemokrat, Olaf Scholz und Torsten Albig, tun sich zusammen, um gemeinsam zu gewinnen. Albig, Ministerpräsident in Schleswig-Holstein, stellt sich am 7. Mai dem Votum der Wähler.

Der Auftaktveranstaltung in Pinneberg sollen viele weitere im Hamburger Umland folgen. Einige wird Scholz sogar allein bestreiten. Hamburgs Bürgermeister, so scheint es, will die Wahl in Schleswig-Holstein unbedingt für Albig und die SPD entscheiden.

Der Auftritt der Regierungschefs zieht

Klar ist: Der Auftritt der beiden Regierungschefs zieht. Rund 150 Zuschauer sind ins Restaurant „Cap Polonio“ gekommen, in dieses Flaggschiff Pinneberger Gutbürgerlichkeit. Im Festsaal macht Torsten Albig den Anheizer. Von der Journalistin Simone von Stosch befragt, erzählt er, dass sein Vater Helmut-Kohl-Wähler gewesen sei, dass er sich aber den „komischen Verein“ SPD ausgewählt habe.

Früh sei er in die Kommunalpolitik eingestiegen. „Mein erstes großes Projekt war ein Brunnen für Lütjenburg“, sagt er. „Da habe ich gemerkt, dass man etwas bewirken kann. Es ist eine große Freude, das tun zu können.“ Dann kommt Scholz und beschreibt die große „Verwobenheit“ der beiden Bundesländer. „Schleswig-Holstein und Hamburg sind in Wahrheit ein Raum, und die beiden Länder gehen seit einiger Zeit auf vielen Politikfelder in dieselbe Richtung“, sagt er.

Aufgabe der Länder sei es, den Menschen in dieser Region das Leben zu erreichen. Für die Zusammenarbeit von Schleswig-Holstein und Hamburg gelte: „Wir müssen, aber wir wollen auch.“ Im Pinneberger Festsaal sind zwei Sozialdemokraten zu besichtigen, die trotz aller Unterschiede offenbar gut miteinander können. Scholz (58), der fünf Jahre älter ist als Albig, gilt als ein nüchterner Aktenfresser, der nichts dem Zufall überlässt. Er ist ein Schwergewicht seiner Partei. Er war mal ihr Generalsekretär, er ist Mitglied im Bundesvorstand, er war bis zuletzt noch als Kanzlerkandidat im Gespräch.

Was für Scholz und Albig Gerechtigkeit ist

Albig (53) ist bundespolitisch nicht so stark vernetzt. Als Scholz Generalsekretär war, war Albig Stadtkämmerer in Kiel. Von 2007 bis 2009 überschnitten sich ihre Kreise in Berlin. Der Hamburger war Bundesarbeitsminister, der Kieler arbeitete als Pressesprecher für den Bundesfinanzminister Peer Steinbrück. „Da sind wir uns über den Weg gelaufen“, erzählt Albig. „Wir sind beides Menschen, die eher pragmatisch arbeiten.“

Was für sie Gerechtigkeit sei, werden Albig und Scholz im Festsaal des „Cap Polonio“ gefragt. Scholz legt los - erst mit einem Scherz, dann klingt er plötzlich sehr ernst. „Ich weiß nicht mehr ganz genau, warum ich 1975 in die SPD eingetreten bin. Ich hatte ein paar merkwürdige Ansichten, die nicht zusammenpassten. Aber dass es um Gerechtigkeit ging, das weiß ich noch. Wenn einer alles richtig macht, dann soll er ein ordentliches Leben führen: Das ist mein Gerechtigkeitskonzept.“ Albig klatscht und nickt. „Ich könnte es jetzt mit anderen Worten noch einmal sagen“, sagt er.

Scholz und Albig seien „gut befreundet“

Scholz ist seit 2011 Hamburgs Bürgermeister, Albig wurde im Jahr darauf Ministerpräsident in Schleswig-Holstein. Nach anfänglichen Problemen läuft die Zusammenarbeit ganz gut. „Wir sind gut befreundet“, sagt Scholz in Pinneberg - für den zurückhaltenden Hanseaten fast schon eine Liebeserklärung. Beim geplanten Bau der S-Bahn S 4 ziehen die Länder an einem Strang. Der Ausbau der A 7, die die Nachbarn miteinander verbindet, geht voran. Beim Ablagern des Hamburger Hafenschlicks, lange ein Streitpunkt, haben die Länder einen Kompromiss gefunden. Ebenso beim Gastschulabkommen.

Für den Ministerpräsidenten ist die Schützenhilfe von Scholz wichtig. Schleswig-Holsteins Sozialdemokraten kamen bei der letzten Wahlumfrage im Dezember nur auf 26 Prozent. Das würde nicht reichen, um die derzeitige Regierungskoalition aus SPD, Grünen und SSW zu bestätigen. Die SPD, die bei der Landtagswahl 2012 auf 30,4 Prozent kam, muss also nachlegen. Vielleicht profitiert sie nun von Schulz und Scholz: Von der Nominierung von Martin Schulz und von den Auftritten von Olaf Scholz. Albig ist jedenfalls voll des Lobes: „Olaf Scholz ist der bestmögliche Wahlkämpfer.“