Hamburg/Kiel. Autofahrer meiden die A 7. Hamburgs meistbefahrener Streckenabschnitt liegt im Süden

Wie viele Autos ziehen auf den bundesdeutschen Autobahnen eigentlich ihre Bahnen? Alle fünf Jahre bilanziert die Bundesanstalt für Straßenwesen, was auf den großen Magistralen dieses Landes passiert. Die Ergebnisse dieser manuellen Straßenverkehrszählung liegen jetzt vor. Und sie verändern die Verkehrspolitik. Angesichts des überraschend stark gewachsenen Verkehrs auf der Rader Hochbrücke, die im Verlauf der A 7 den Nord-Ostsee-Kanal überspannt, hat Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) jetzt gefordert, den geplanten Neubau nicht vierspurig, sondern sechsspurig auszulegen. „Wir müssen, wenn wir für die Zukunft gerüstet sein wollen, sechsspurig planen“, sagte er.

Auch in Hamburg hat sich in den Jahren zwischen 2010 und 2015 einiges verändert. Zum Beispiel haben sich angesichts der Bauarbeiten im Elbtunnel und auf der A 7 offenbar immer mehr Autofahrer entschieden, die A 1 zu benutzen. 2010 war das A-7-Teilstück zwischen dem Dreieck Hamburg-Nordwest und der Anschlussstelle Stellingen Hamburgs meistbefahrener Autobahnabschnitt. 134.000 Fahrzeuge waren dort durchschnittlich am Tag unterwegs. 2015 dann der deutliche Rückgang: Die Zähler der Bundesanstalt für Straßenwesen kamen dort nur noch auf 101.300 Fahrzeuge – etwa 25 Prozent weniger 2010.

Die Bauarbeiten in diesem Abschnitt dürften diesen Rückgang wenigstens zum Teil erklären. Zwar gibt es dort weiterhin drei Fahrstreifen pro Richtung. Aber Staus und verringerte Geschwindigkeiten begrenzen das Leistungsvermögen der A 7. Dennoch scheinen nicht wenige Autofahrer Umwege in Kauf zu nehmen, um die befürchteten Staus zu umfahren. 2015 stand nämlich die neben der A 7 zweite Nord-Süd-Autobahn in Hamburg im Brennpunkt – die A 1. Nun lag dort Hamburgs meistbefahrener Autobahnabschnitt. 114.200 Fahrzeuge wurden zwischen dem Autobahndreieck Hamburg-Süd und der Anschlussstelle Stillhorn gemessen.

Die Entwicklung der Verkehrsströme ist von entscheidender Bedeutung für die Verkehrspolitik. Darauf weist auch die Bundesanstalt für Straßenwesen in Bergisch Gladbach hin. „Unsere Daten bilden die Basis für Straßen- und Verkehrsplanungen“, sagt Iris Schneidermann, Sprecherin der Behörde. Die manuellen Zählungen werden alle fünf Jahre vorgenommen. Sie gelten als präziser als die Daten der automatischen Zählstellen. Sie können zum Beispiel keine Daten sammeln, sobald in dem entsprechenden Bereich gebaut wird.

Von April bis Oktober 2015 waren die Zähler an den Autobahnen unterwegs. „Sie haben an sechs bis acht ausgewählten Tagen an jeweils drei Nachmittagsstunden gezählt“, sagt Schneidermann. Die Hamburger Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Im Vergleich mit den Werten aus dem Jahr 2010 gibt es eine deutliche Zunahme des Verkehrs auf der A 1 und einen deutlichen Rückgang auf der A 7. Den Elbtunnel passierten 113.300 Fahrzeuge in 2010, 2015 waren es nur noch 107.600.

Ein Rückgang um sogar rund 25 Prozent war im A-7-Abschnitt zwischen Schnelsen und dem Dreieck Nordwest zu beobachten. 102.500 Fahrzeuge waren es 2010, fünf Jahre später waren dort nur noch täglich 75.300 Fahrzeuge unterwegs.

Die entgegengesetzte Entwicklung hat die A 1 genommen. Der Abschnitt zwischen Stapelfeld und Barsbüttel verzeichnet gar einen Zuwachs von rund 30 Prozent: von 72.800 Fahrzeugen (2010) auf 93.200 (2015).

Beeindruckend ist auch die Entwicklung des Verkehrs auf der Rader Hochbrücke. 2010 wurden dort 42.600 Fahrzeuge gezählt, 2015 waren es schon 54.200. „Ein solcher Zuwachs war bislang erst für 2030 prognostiziert worden“, sagt der schleswig-holsteinische Verkehrsminister Meyer. Die Neubaupläne für die marode Brücke hätten derzeit noch die veralteten Zahlen von 2010 zur Grundlage. Demnach wolle der Bund eine Brücke mit zwei Spuren pro Fahrtrichtung bauen, hinzu komme ein Standstreifen, der etwas breiter als üblich sei. Schon bei täglich 62.000 Fahrzeugen müsse aber laut Meyer nach den Vorgaben des Bundes eine dreispurige Querung gebaut werden.

Ob es dazu kommt, ist unklar. Will man es, muss es jetzt jedenfalls schnell gehen: Die marode Brücke hält nur noch bis zum Jahr 2026.