hamburg/kiel/Hannover. Der neue Bundesverkehrswegeplan trifft in Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen auf Zustimmung. Wirtschaft fordert rasche Umsetzung der Straßenbauprojekte

Mit großer Zustimmung haben gestern norddeutsche Politiker auf die Verabschiedung des Bundesverkehrswegeplans 2030 durch das Bundeskabinett reagiert. Hamburgs Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof (SPD) sagte: „Wir sind sehr zufrieden mit dem Beschluss.“ Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) sprach von einem „guten Tag für Niedersachsen“, der schleswig-holsteinische Staatssekretär für Verkehr, Frank Nägele, zeigte sich bei den Straßen und Wasserstraßen zufrieden.

Alle drei Bundesländer können zusammen mit fast 14 Milliarden Euro an Investitionen bis zum Ende des kommenden Jahrzehnts rechnen. Allein in Niedersachsen sind Verkehrsprojekte für fast 8,4 Milliarden Euro vorgesehen. In Hamburg sollen 2,5 Milliarden und in Schleswig-Holstein etwas mehr als drei Milliarden in die Ertüchtigung und den Neubau von Verkehrsinfrastruktur gesteckt werden.

Insgesamt will der Bund bis 2030 rund 270 Milliarden Euro in die Infrastruktur investieren. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) verteidigte den Plan gegen die Kritiker: „Der neue Bundesverkehrswegeplan ist das stärkste Programm für die Infrastruktur, das es je gab.“ Der Plan stärke die Schiene, Hauptachsen und Knotenpunkte. Zudem würden Engpässe in Ballungsgebieten beseitigt.

Während Umweltverbände grundsätzliche Kritik an dem Plan übten, zeigten sich norddeutsche Unternehmensverbände erfreut. „Mit der Aufnahme der für den Hamburger Hafen wichtigen Projekte in den ,vordringlichen Bedarf’ ist eine wesentliche Grundlage geschaffen worden“, erklärte Gunther Bonz, Präsident des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg. Jetzt sei eine Verkürzung der Verfahrensdauer von großen Infrastrukturprojekten erforderlich.

Die Unternehmerverbände Niedersachsen riefen die Landesregierung auf, die Planungsmittel und das Planungspersonal aufzustocken. „Der Bundesverkehrswegeplan kommt Niedersachsen und seinen wichtigen Projekten sehr entgegen“, sagte UVN-Hauptgeschäftsführer Volker Müller.

Das sind die wichtigsten Projekte:

Hamburg: Der Bau der Hafenquerspange (A 26-Ost) gilt als entscheidend für den Hafen. Sie wird rund 900 Millionen Euro kosten und steht schon seit Jahrzehnten auf der Wunschliste der Hamburger Hafenwirtschaft. Nach den zuletzt veröffentlichten Plänen soll die A 26 vom Autobahnkreuz Hamburg-Süderelbe nach Stillhorn führen und den Hafenverkehr deutlich entlasten.

Im nächsten Jahr könnte das Planfeststellungsverfahren beginnen, im Jahr 2019 die Bauarbeiten. Vordringlich soll zudem die A-7-Hochbrücke Elbmarsch (südlich des Elbtunnels) von sechs auf acht Spuren erweitert werden. Kostenpunkt: fast 370 Millionen Euro.

Die A 23 wird zwischen Eidelstedt und Tornesch für rund 18,2 Millionen Euro auf sechs Spuren ausgebaut. Im kommenden Jahrzehnt werden zudem die Erneuerungsarbeiten an der A 7 nördlich des Elbtunnel abgeschlossen sein. Dazu gehören drei Lärmschutztunnel. Besonders wichtig ist Hamburg, dass die S-Bahn-Linie 4 nach Ahrensburg im Bundesverkehrswegeplan als „potenzielle Entlastung“ erwähnt wird, obwohl es ein Nahverkehrsprojekt ist. Damit steigen allerdings erheblich die Chancen auf die Umsetzung.

Niedersachsen: Die Küstenautobahn A 20, die A 39 durch die Lüneburger Heide und auch neue Bahngleise in Niedersachsen sollen bis 2030 gebaut werden. Für die A 20 sind fast 2,6 Milliarden Euro vorgesehen, für die A 39 etwa 1,1 Milliarden Euro. Neben den Autobahnen ist der für das Emsland und die Niederlande wichtige vierspurige Ausbau der Europastraße 233 von der Grenze bei Meppen Richtung Cloppenburg in die Ausbauplanung aufgenommen. Bei der Bahn sollen zusätzliche Gleise für Güterzüge von Hannover Richtung Hamburg und Bremen geschaffen werden. Für den ICE-Verkehr sind zusätzliche Gleise von Hannover nach Bielefeld eingeplant. Hier hat der Bund es offen- gelassen, ob es einen Ausbau oder den Neubau einer Schnellfahrtrasse gibt. Am Elbe-Seiten-Kanal soll die wichtige Schleuse Scharnebeck erneuert werden.

Schleswig-Holstein: Viel Bundesgeld für Straßen und Kanäle im Norden, weniger als erhofft für die Schiene – die Infrastruktur in Schleswig-Holstein profitiert unterschiedlich vom neuen Bundesverkehrswegeplan. Im sogenannten vordringlichen Bedarf sind mehrere Autobahnen ebenso enthalten wie der Nord-Ostsee-Kanal und der Elbe-Lübeck-Kanal. Mit Enttäuschung quittierte Verkehrsstaatssekretär Nägele das Fehlen von Schienenprojekten. So fehlt das erhoffte dritte Gleis für die Strecke Hamburg-Elmshorn, nachdem es im alten Bundesverkehrswegeplan im vordringlichen Bedarf gestanden hatte. Auch ein Ausbau der Marschenbahn (Hamburg-Westerland/Sylt) und eine Elektrifizierung des Hindenburgdamms nach Sylt sind nicht enthalten.

Zu den vorrangigen Projekten im Norden gehören der Weiterbau der A 20 samt Elbquerung, der vierspurige Ausbau der A 21 von Bargteheide bis Schwarzenbek. Auch Ortsumgehungen wurden in diese Kategorie aufgenommen, zum Beispiel in Geesthacht, Lauenburg, Handewitt, Kiel, Itzehoe, Ratzeburg und Glückstadt. Im Gegensatz zum Entwurf vom März rückte auch noch die Ortsumgehung von Tating im Zuge der B 202 auf Eiderstedt in den vordringlichen Bedarf. Überraschend war schon im März auch der Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals (790 Millionen Euro) in den vordringlichen Bedarf aufgenommen worden, obwohl das Nutzen-Kosten-Verhältnis relativ niedrig ist. Die Vertiefung des Nord-Ostsee-Kanals ist mit 263,4 Millionen Euro veranschlagt.