Hamburg/Hannover/Kiel. Gewerkschaften rufen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes im Norden zum Ausstand auf. Hamburg ab Freitag betroffen

In den kommenden Tagen werden die Bürger in Norddeutschland die Tarifauseinandersetzung im öffentlichen Dienst kräftig zu spüren bekommen. Ob Kitas und Müllabfuhr in Hamburg, Verkehrsbetriebe in Hannover oder Kliniken in Schleswig-Holstein – in vielen öffentlichen Einrichtungen muss mit Einschränkungen durch Warnstreiks gerechnet werden.

In Hamburg ruft die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di rund 20.000 Beschäftigte aus städtischen Betrieben und der Bundesverwaltung – darunter die Elbkinder-Kitas, die Stadtreinigung, die Hafenbehörde HPA, die öffentlichen Theater, die Bücherhallen und der Zoll – für diesen Freitag zum Warnstreik auf. „Obwohl die Beschäftigten jeden Tag ihr Bestes geben, haben die Arbeitgeber noch nicht einmal ein faires Einstiegsangebot für Verhandlungen vorgelegt. Dies ist nicht nur verantwortungslos, sondern leider auch ein Beleg für die mangelnde Wertschätzung gegenüber den Beschäftigten“, sagt Berthold Bose, Ver.di-Landesbezirksleiter Hamburg.

Die Gewerkschaft fordert sechs Prozent mehr Geld und eine Anhebung der Auszubildendenvergütung um 100 Euro sowie eine verbesserte Übernahmeregelung für Azubis. Die Arbeitgeber haben diese Forderung als überzogen zurückgewiesen und auf Mehrausgaben von 5,6 Milliarden Euro bundesweit verwiesen. Allein Hamburg würde eine Tarifsteigerung um sechs Prozent rund 60 Millionen Euro im Jahr kosten. Die Arbeitgeber bieten bislang drei Prozent mehr Lohn für zwei Jahre. Am 28. April gehen die Tarifverhandlungen in Potsdam weiter.

Hart treffen dürfte der Warnstreik unter anderem die Eltern der 25.000 Hamburger Kinder, die in den 183 städtischen Elbkinder-Kitas betreut werden. Wie Geschäftsführerin Katja Nienaber mitteilte, werden vermutlich „einzelne Kitas gänzlich wegen Streik geschlossen sein“. An diesen Standorten unterstütze man die Eltern, indem ihnen Räume in der Kita für eine Kinderbetreuung in Eigeninitiative bereitgestellt werden. Andere Kitas würden aus eigener Kraft eine Notbetreuung anbieten. Und bei wieder anderen gehe man davon aus, dass sie uneingeschränkt geöffnet haben werden. In jedem Fall gelte: „Die Geschäftsführung der Elbkinder ist bemüht, die nachteiligen Auswirkungen für Eltern so gering wie möglich zu halten.“

Die Stadtreinigung Hamburg rechnet sogar damit, dass sie am Freitag und am Sonnabend bestreikt wird. Betroffen wären Kunden, bei denen am Freitag regulär Müllabfuhr wäre, wobei davon nur Bio- und Restmülltonnen betroffen wären, aber nicht Papier- und Wertstofftonnen. „Wir gehen davon aus, dass nicht alle Mitarbeiter am Warnstreik teilnehmen werden, sodass, wenn auch stark eingeschränkt, Müllabfuhr stattfindet“, teilte Sprecher Reinhard Fiedler mit. Genaueres lasse sich erst am Streiktag selbst sagen. Auf jeden Fall würden ausgefallene Leerungen nachgeholt.

Die Stadtreinigung hofft, von ihren zwölf Recyclinghöfen wenigstens vier am Freitag und am Sonnabend öffnen zu können. Wer dort etwas abliefern wolle, solle sich kurz vorher über die Öffnung erkundigen. Kunden, die für Freitag eine Sperrmüllabholung bestellt haben, sollen telefonisch informiert worden sein, dass der Abholtermin nicht eingehalten werden kann.

Im Rahmen der Tarifverhandlungen zwischen Ver.di und dem Krankenhausarbeitgeberverband Hamburg (KAH) ruft die Gewerkschaft die Beschäftigten der Hamburger Krankenhäuser, die Mitglied im KAH sind, bereits für Donnerstag zu einem eintägigen Warnstreik auf. Betroffen sind die Asklepios-Kliniken, das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) sowie das Universitäre Herzzentrum (UHZ). Die Arbeitgeber nannten die Streikaktion angesichts der gerade erst begonnenen Tarifverhandlung „unangemessen“.

Auch die anderen Nord-Länder werden die Warnstreiks zu spüren bekommen. „Bis zum 28. April wollen wir in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern einen Gang raufschalten“, sagte Ver.di-Nord-Sprecher Frank Schieschefsky, nachdem es am Dienstag bereits unter anderem beim Kraftfahrtbundesamt in Flensburg sowie an den Helioskliniken und den Stadtwerken in Schleswig zu Warnstreiks gekommen war.

In Niedersachsen haben mehrere Gewerkschaften von Donnerstag an zu Warnstreiks aufgerufen. Schwerpunkte sollen unter anderem die Stadt und der Kreis Peine sowie Hannover sein. Die Landeshauptstadt trifft die Ankündigung mitten in den Vorbereitungen auf den Besuch des US-Präsidenten Barack Obama, der am Montag mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Hannover Messe eröffnen wird. Auch die Messe selbst wird vom Streik betroffen sein: Die Verkehrsbetriebe wollen den Betrieb einstellen.