Lüneburg . Der Innenminister hatte den Rockerclub verboten. Der Verein wehrte sich vor Gericht dagegen – und erzielten einen Teilerfolg.
Das niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat das Verbot der Göttinger Hells Angels bestätigt. Zweck und Tätigkeit des Clubs liefen den Strafgesetzen zuwider, begründeten die Richter in Lüneburg am Mittwoch ihre Entscheidung. Anders als Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) sah der 11. Senat aber keine gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichteten Ziele. Eine Revision ließ das Gericht nicht zu (Az.: 11 KS 272/14).
Pistorius begründete das Verbot mit Straftaten
Pistorius hatte den Verein „Hells Angels MC Charter Göttingen“ im Oktober 2014 als ersten Rockerclub in Niedersachsen mit sofortiger Wirkung verboten. Einzelne Mitglieder hätten Straftaten begangen, die dem Verein zuzurechnen seien, hieß es zur Begründung unter anderem. Die Straftaten ließen eine bewusste Absage an das Gewaltmonopol des Staates erkennen. Aus Sicht des Ministeriums gehe es den Hells Angels vor allem um eine gewalttätige Gebiets- und Machtentfaltung, für die der Verein entsprechende finanzielle Mittel benötige.
Gegen das Verbot reichten die Göttinger Hells Angels Klage ein. Nach eigener Darstellung verbindet sie vor allem die Freude am Motorradfahren. Ihr Anwalt berief sich am Mittwoch vor Gericht auch auf die Vereinsfreiheit des Grundgesetzes. Bei nach dem Verbot rechtskräftig abgeurteilten Straftaten von Mitgliedern des Charters habe es sich um eine „private Erpressung“ gehandelt, nicht um ein Vorgehen des Vereins. Das Verbot sei nicht verhältnismäßig und genüge auch nicht europäischem Recht, argumentierte er.
Das Gericht sah das bei den Straftaten anders
Der 11. Senat folgte der Ansicht des Innenministeriums, dass die begangenen Taten dem Verein zuzurechnen seien und ihn prägten. Die Richter sahen darin aber „keine kämpferisch-aggressive Untergrabung der verfassungsmäßigen Ordnung“. Das Ministerium hatte das Verbot zusätzlich damit begründet, dass der Verein Straftaten als Selbstjustiz sowie zur Wahrung von Macht und Vereinsehre begehe. Dadurch etabliere er eine eigene Rechtsordnung, hieß es 2014.
Der Göttinger Club mit Sitz in Adelebsen war bereits im vergangenen April am Oberverwaltungsgericht gescheitert. Damals wiesen die Richter einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen das Verbot zurück. Anders als am Mittwoch gab es da aber nur formale Gründe. Die Rocker müssen nun drei Viertel der Prozesskosten tragen, das Ministerium den Rest.
Eine „gute Nachricht“ nannte Pistorius die Entscheidung. „Gegen die Rockerkriminalität im Süden Niedersachsens ist damit ein bedeutsamer Schlag gelungen“, sagte er. „Ich möchte mich bei den beteiligten Behörden ausdrücklich bedanken.“ Das Vermögen des Vereins, darunter mehrere Motorräder, bleibe damit eingezogen.
Seit 1983 sind mehrere Ortsclubs der Hells Angels verboten worden, etwa in Hamburg, Flensburg, Kiel oder Bremen. Eine ganze Reihe von Ablegern lösten sich wie in Hannover selbst auf. Auch Ortsgruppen anderer Rocker-Organisationen wurden in den vergangenen Jahren mancherorts aufgelöst. In Niedersachsen haben die Hells Angels nach Angaben des Landeskriminalamtes derzeit rund 165 Mitglieder, die sich in zehn sogenannten Chartern organisiert haben.