Friedrichskoog . Am 28. April entscheidet das Gericht, ob die Schließung rechtens war. Die unsichere Situation bremst den Tourismus.

Das Wasserbecken liegt ruhig da, die Oberfläche kräuselt sich nur ganz leicht. Doch in Friedrichskoog brodelt es, seit das Land Schleswig-Holstein vor Jahren beschlossen hat, den Hafen zu schließen. Bereits im vergangenen Frühsommer mussten alle Krabbenkutter und alle Sportboote das Hafenbecken verlassen. Der Kampf der Nordseegemeinde im Kreis Dithmarschen gegen die Landesregierung in Kiel ist aber noch nicht beendet: Am 28. April entscheidet das Oberverwaltungsgericht in Schleswig, ob die Einziehung (so heißt es im Amtsdeutsch), also die Entwidmung als Landeshafen, rechtens ist oder nicht. In erster Instanz war die Klage der Gemeinde sowie eines betroffenen Werftbesitzers abgewiesen worden.

„Wir haben es mit der Situation zu tun, dass wir in Friedrichskoog eine sehr kräftige Bürgerinitiative haben“, sagt Harald Haase, Sprecher des Wirtschaftsministeriums in Kiel. Schon die Vorgängerregierung von Peter Harry Carstensen (CDU) wollte den Hafen nach 160 Jahren schließen, um Geld zu sparen, und auch die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und SSW hält an der Entscheidung fest. „Wir können nicht gegen die Natur anarbeiten, die Rinne treibt immer wieder zu. Durch die Klagen verlängert sich nur das Elend“, sagt Haase. Die Krabbenfischer hätten den Hafen kaum noch genutzt, sondern ihren Fang in Büsum angelandet, „zuletzt waren es in Friedrichskoog nur noch 50 Tonnen Krabben im Jahr“.

120.000 Euro pro Monat für den Wasserpegel

Das Ministerium hat laut Haase errechnet, dass jeder Kutteranlauf mit 10.000 Euro subventioniert wurde, weil die Hafenunterhaltungskosten so hoch waren. Die Flut brachte mehr Sedimente mit als bei Ebbe wieder abfließen konnten. „Kosten und Nutzen stehen in einem irrsinnigen Missverhältnis“, sagt Haase. Die Wartungsarbeiten am Sperrwerk wurden ausgesetzt, die Sperrwerkstore seit dem Herbst 2015 nicht mehr geöffnet. Pumpen sorgen seither dafür, dass der Wasserpegel im Hafenbecken stabil bleibt und die Entwässerung des Hinterlandes funktioniert. Kosten laut Wirtschafts-ministerium: 120.000 Euro pro Monat. „Wir verbrennen da viel Geld“, sagt Haase. Der Bau eines Schöpfwerks, das auf Landeskosten gebaut werden soll, beginnt nicht, solange der Kampf um den Hafen läuft.

Der Friedrichskooger Bürgermeister Roland Geiger sagt in Hinblick auf den Gerichtstermin Ende April: „Die Hoffnung ist nicht sehr groß, wenn man ehrlich ist.“ Die Gemeinde werde nach dem Urteil nicht weiterkämpfen: Weitere Klagen würden bedeuten, „dass dann wieder drei Jahre rumgehen, in denen nichts passiert.“ Denn in Friedrichskoog müsse der Tourismus dringend weiter entwickelt werden. „Wenn wir hier nichts machen und die Gäste sehen, dass hier nichts passiert, ist es für sie nicht mehr interessant. Dann kommen sie nicht mehr.“

Ein touristisches Entwicklungskonzept für den 2500-Einwohner-Ort mit 2865 Gästebetten gibt es seit 2014. Darin wurde festgestellt, dass „notwendige Modernisierungen und Angebotserweiterungen in den letzten Jahren versäumt wurden“. Es habe zu wenig Investitionen in Qualitätstourismus gegeben. Zudem bremse die unsichere Hafensituation die touristische Weiterentwicklung aus.

Dörte Kebbel, Leiterin des Tourismus-Service Friedrichskoog, verhehlt nicht, dass die Schließung des Hafens einen herben Einschnitt bedeutet, in den Gästezahlen für 2015 fand dies aber noch keinen Niederschlag. „Wir hatten im vergangenen Jahr ein Plus von fünf Prozent bei den Übernachtungen (306.785) und sieben Prozent bei den Gästen (35.571).“ Ruhe, Erholung und die Natur seien die wichtigsten Gründe, weswegen Besucher nach Friedrichskoog kämen. Seit zehn Jahren werde am Strand kein Eintritt verlangt, und auch die 200 Strandkörbe seien immer offen, sagt Kebbel – Miete dafür werde nur von 11 bis 17 Uhr fällig.

Seehundstation soll unbedingt erhalten bleiben

Bürgermeister Geiger hat Pläne für den Ort: „Wir müssen mit den anderen mitziehen, den Nationalpark in die Werbung mit einbeziehen.“ Angedacht ist beispielsweise der Ausbau des 2,2 Kilometer langen Trischendamms, der von Friedrichskoog-Spitze ins Wattenmeer führt. „Wir müssen richtig ran, sind da aber auf die Hilfe vom Land angewiesen“, sagt der Bürgermeister. So kämpfe er einerseits gegen die Landesregierung vor Gericht, brauche sie andererseits aber. Wichtig sei, dass die Seehundstation der Gemeinde erhalten bleibe, sagt Geiger. Sie ist ein wichtiger Anziehungspunkt – gut 151.000 Besucher kamen im vergangenen Jahr. Dort ist eine große Modernisierung geplant – den Architekturwettbewerb hat das Hamburger Büro bof Architekten gewonnen. „Wenn alles gut geht, sollen die Arbeiten im Herbst losgehen“, sagt Tanja Rosenberger, Leiterin der Seehundstation. Das Land Schleswig-Holstein hat für den Um- und Ausbau 6,5 Millionen Euro bereitgestellt. Durch eine Tiefenbohrung wird die Station inzwischen mit salzhaltigem Grundwasser versorgt. Geplant ist ein neuer Eingangsbereich mit Infozentrum, eine Erweiterung der Arbeitsräume und der Neubau eines der großen Becken. „Das alles soll im laufenden Betrieb passieren, deshalb können wir nicht im Sommer bauen.“ Da erwartet die Station, dass sie bis zu 200 Jungtiere aufnehmen muss. Dringend brauche man auch mehr Parkplätze, sagt Rosenberg, da sei die Gemeinde in der Pflicht. Bürgermeister Geiger verweist auf die Plätze auf der südlichen Seite des Hafens beim Indoorspielplatz – doch dazu wäre eine Verbindung über das Becken nötig.

Wasser im Hafenbecken riecht schon brackig

Dörte Adam, Mitglied der Friedrichskooger Bürgerinitiative und des Fischervereins, sagt, alle Befürchtungen seien bereits eingetreten. Im Hafenbecken sehe man den Schlick, das Wasser rieche brackig, und im vergangenen Sommer habe es sehr viele Mücken gegeben. Früher sei Leben am Hafen gewesen, „jetzt ist es tot“. Auch sie gibt unumwunden zu: „Die Fronten sind so fürchterlich verhärtet.“ Die Bürgerinitiative würde sich aber dem Urteil einer unabhängigen Behörde, beispielsweise der Bundesanstalt für Wasserbau, beugen.

Doch das ist nicht in Sicht. Es brodelt weiter.