Wohltorf/Ratekau/Kiel. Ein Geldautomat im Kreis Ostholstein war mit einem Sicherheitssystem ausgestattet. Die Täter werden keine Freude an ihrer Beute haben.

Die Serie von Automatensprengungen in Schleswig-Holstein geht weiter: Am frühen Dienstagmorgen sind ein Fahrkartenautomat der S-Bahnstation Wohltorf im Kreis Herzogtum Lauenburg und ein Geldautomat in Ratekau im Kreis Ostholstein zerstört worden.

Der frei stehende Geldautomat in einem Freizeitpark war mit einem Sicherheitssystem ausgestattet, das Geldscheine bei einem Angriff sofort einfärbt und für die Täter unbrauchbar macht. „Sie dürften somit keine oder nur sehr geringe Beute gemacht haben“, teilte das Landeskriminalamt in Kiel mit.

Aus dem Fahrkartenautomat in Wohltorf stahlen die mit einer Überwachungskamera gefilmten Täter eine Geldkassette. Über die Höhe der Beute konnte die Bundespolizei zunächst keine Angaben machen. In den vergangenen Wochen war es bereits zu mehreren Sprengungen von Geld- und Fahrkartenautomaten in Schleswig-Holstein gekommen.

Kriminelle nehmen verstärkt Ticketautomaten ins Visier

Ein lauter Knall und kurz darauf sind die Täter mit den Geldkassetten verschwunden. Die Polizei in Norddeutschland registriert derzeit zahlreiche Fälle, in denen Kriminelle Fahrkartenautomaten sprengen. Der Schaden, den die Täter anrichten, ist dabei viel größer als ihre Beute. Laut Bundeskriminalamt beträgt die Beute wenige Tausend Euro, oft sogar weniger als 100 Euro. Der Schaden der an einem Automaten entsteht, liegt laut Deutscher Bahn bei rund 30.000 Euro, hinzu kommen oft noch Zerstörungen am Gebäude durch die Detonation.

„In letzter Zeit haben wir insbesondere im Hamburger Speckgürtel vermehrt Sprengungen von Ticketautomaten registriert, sagt Gerhard Stelke von der Bundespolizei in Kiel. Auch in Niedersachsen sind laut Stelke zuletzt im Hamburger Randgebiet vermehrt Automaten zerstört worden. Ob es sich um dieselben Täter handelt, kann Stelke nicht sagen.

Banden gehen professionell vor

„Wir gehen aber davon aus, dass wir es hier mit Banden zu tun haben, die sehr professionell vorgehen“, sagt der Bundespolizist. „Die Täter suchen sich entlegene Bahnhöfe aus, die sie vorher ausgekundschaftet haben.“ So hielten sie beispielsweise nach Bahnstationen Ausschau, die nicht videoüberwacht sind. Auch die Ermittler des BKA kommen zu dem Ergebnis, dass die Täter sich ländliche Orte mit wenigen Einwohnern und mit guten Fluchtmöglichkeiten, wie einer günstigen Anbindung zur Autobahn oder zu einer Bundesstraße aussuchen.

So wie das 2000-Seelen-Dorf Tremsbüttel im Kreis Stormarn, das an der A 21 liegt. Dort sprengten Verbrecher vor rund einer Woche einen Ticketautomaten im Bahnhof Küpfermühle, der auf der Strecke zwischen Hamburg und Lübeck liegt. Um an die Scheine und die Münzen in den Geldkassetten zu kommen, setzten die Täter Pyrotechnik ein. Ein Vorgehen, dass die Beamten auch an anderen Tatorten in den Tagen zuvor festgestellt haben. Anfang Februar wurden mit Sprengkörpern auch Automaten in Lübeck, Halstenbek (Kreis Pinneberg) und Aumühle zerstört. Ende Januar sprengten Täter mit Pyrotechnik ebenfalls zwei Ticketautomaten an der Hamburger Bahnstation Iserbrook.

Um an die Scheine und Münzen zu gelangen, setzen einige Banden auch Gas ein, das sie in das Gerät leiten und entzünden. Mitte Januar gelang es Dieben auf diese Weise, an die Geldkassetten eines Automaten in Ahrensburg zu gelangen. „Das ist schon ein sehr professionelles Vorgehen, allerdings haben wir es wohl auch mit Einzeltätern zu tun, wie vor Kurzem in Flensburg. Dort wurde ein Automat aufgeschweißt“, sagt Gerhard Stelke.

Schaden dürfte deutlich höher liegen als im Vorjahr

Bundesweit zählte die Deutsche Bahn im vergangenen Jahr zwischen Januar und September 336 Aufbrüche oder Sprengungen von Fahrkartenautomaten. „Das waren rund zehn Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum“, sagt Bahnsprecherin Sabine Brunkhorst. Wie hoch der Schaden 2015 war, kann die Bahn noch nicht beziffern, allerdings dürfte dieser deutlich über dem Vorjahreswert von 6,7 Millionen Euro liegen. „Das ist nicht nur für uns ärgerlich, sondern auch für unsere Kunden“, sagt Brunkhorst. Denn diese können keinen Fahrschein kaufen. „In solch einem Fall werden die Prüfer informiert und der Fahrgast muss beim Umsteigen oder am Ziel ein Ticket kaufen. Oder er wendet sich an den Zugbegleiter“, erklärt Brunkhorst.

Um sich vor Kriminellen zu schützen, hat die Bahn schon im vergangenen Jahr begonnen, Farbpatronen in ihre Fahrkartenautomaten einzubauen. „Bei einer Erschütterung wird das Geld wertlos“, so die Bahn-Sprecherin. Insbesondere an entlegenen Bahnhöfen setzt die Bahn Farbpatronen ein. Ein Aufkleber am Automaten weist auf die Sicherung hin. „Zudem entleeren wir stark frequentierte Geräte jetzt öfters“, sagt Sabine Brunkhorst.

Auch die Polizei versucht, den Tätern auf die Spur zu kommen, spricht dabei jedoch von einer Sisyphosarbeit. „Wir versuchen, Bahnhöfe stärker zu bestreifen, allerdings sind im Hamburger Speckgürtel unzählig viele Bahnhöfe auf großer Fläche verteilt“, sagt Gerhard Stelke von der Bundespolizei. Ein weiteres Problem für die Ermittler: „Die Banden verlagern ihren Bereich immer wieder.“

Neben zerstörten Fahrkartenautomaten verzeichnet die Polizei jetzt auch wieder vermehrt Sprengungen von Geldautomaten. Am frühen Montagmorgen sprengten Verbrecher zunächst ein Gerät in Kremperheide (Kreis Steinburg) und zwei Stunden später einen Geldautomaten in Wrohm (Kreis Dithmarschen). In beiden Fällen gelang es den Tätern nicht, an die gewünschte Beute zu gelangen. Allerdings entstand durch die Wucht der Explosion erheblicher Schaden an den Automaten und Gebäuden von mehreren Zehntausend Euro.