Kiel. Immer mehr Blüten werden über das Internet in Umlauf gebracht. LKA spricht von „explosionsartiger Entwicklung“.

Ein kurzer Klick und schon sind Drogen, Waffen oder Diebesgut im Internet bestellt. Ermittlern ist dieser kriminelle Onlinehandel längst bekannt. Neu ist jetzt, dass im großen Stil Falschgeldvia Internet bestellt und per Post geliefert wird.

Das Landeskriminalamt (LKA) in Kiel spricht dabei von einer „explosionsartigen Entwicklung“. 2012 regis­trierten die Beamten 590 Fälle, in denen in Schleswig-Holstein Blüten in Umlauf gebracht wurden. Ein Jahr später bearbeiteten die Ermittler mit 1356 Fällen mehr als doppelt so viele Taten. Ein Niveau, das 2014 unverändert blieb.

In den ersten zehn Monaten dieses Jahres hat sich die Zahl massiv erhöht. Bis zum 12. November wurden mehr als 2400 Fälle bekannt, in denen mit Falschgeld gezahlt wurde. Der Schaden beläuft sich auf mehr als 100.000 Euro. „Die falschen Geldscheine kommen überall zum Einsatz – beim Bäcker oder beim Einzelhändler“, sagt LKA-Sprecher Stefan Jung, der von einer gleichmäßigen Verteilung im Land spricht. Auffällig sei jedoch, dass kleinere Beträge mit falschen Geldscheinen bezahlt werden. Auch Diskotheken seien laut Jung bei den Tätern beliebt. Dort sei das Entdeckungsrisiko geringer, weil es oft sehr dunkel ist und die Blüten nicht so schnell auffallen.

Grund für den bundesweiten Anstieg ist laut der Ermittler die „leichte Verfügbarkeit im Darknet“. Das ist quasi ein Bereich im Internet, in den man nur mittels eines speziellen Browsers gelangt, der auch dafür sorgt, dass alle Nutzer anonym bleiben. Gewöhnliche Suchmaschinen wie beispielsweise Google, Yahoo oder Bing finden die Seiten im Darknet nicht. Es ist quasi eine Parallelwelt im Internet.

Der Handel mit Falschgeld läuft in geschlossenen Gruppen ab, wie auch bei anderen kriminellen Geschäften. „Der Besteller wiegt sich in Sicherheit, weil die Anbieter sämtliche Verschleierungsmöglichkeiten nutzen, um in Anonymität zu bleiben und zugleich den Käufer zu schützen“, sagt Stefan Jung. Ermittlungen ergaben, dass Falschgeld in Päckchen von 20 bis 200 Scheinen (überwiegend 20 und 50 Euro) angeboten werde. Käufer zahlen 15 bis 20 Prozent des vermeintlichen Geldwertes. „Die Verdienstspanne erscheint damit äußerst attraktiv“, sagt Jung. Die Bezahlung erfolgt digital mit sogenannten Bitcoins, die über mehrere Wege und nicht nachvollziehbar als echtes Geld auf den Konten der Kriminellen landen.

Die Erkenntnisse über dieses Geschäftsmodell erlangten Ermittler von Europol und aus Italien. Dort werden die hochwertigen Blüten hergestellt. Auch gab es bei den bisherigen Ermittlungen bundesweit mehrere Durchsuchungen bei Käufern.

In Schleswig-Holstein mussten die Fahnder feststellen, dass insbesondere Schüler und Auszubildende die falschen Scheine im Internet bestellen. „Das sind junge Menschen, die meistens zuvor noch nie mit der Polizei in Berührung gekommen waren“, sagt Rüdiger Richert, Leiter der Falschgelddienststelle im LKA. Der Kauf der Blüten sei eine Straftat und werde mit einer Freiheitsstrafe ab einem Jahr geahndet. Weil die Ermittlungen nach den Erkenntnissen von Europol und der italienischen Polizei nicht abgeschlossen seien, rät das LKA zur Selbstanzeige. Richert: „Ich empfehle den Schritt nach vorn. Das ist die letzte Chance, die strafrechtlichen Konsequenzen zu mildern, bevor die Fahnder den Abnehmer identifizieren.“

Beim Handelsverband Nord ist Falschgeld ein Dauerthema: „Da die Bundesbürger im Vergleich zu den Amerikanern und europäischen Nachbarn noch immer gern bar bezahlen, müssen sich die Händler regelmäßig mit gefälschten Scheinen beschäftigen“, sagt Monika Dürrer, Sprecherin des Handelsverbands Nord, der die Einzelhändler in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern vertritt.

Mit Abstand am häufigsten seien gefälschte 20- und 50-Euro-Scheine im Umlauf – die Bundesbank hat ermittelt, dass 86 Prozent der falschen Banknoten auf diese beiden Zahlungswerte entfallen, denn: „Mit diesen Scheinen wird der Großteil der Geschäfte erledigt“, sagt die Verbandssprecherin.

Der Verband arbeite eng mit der Polizei und den Banken zusammen, um über aktuelle Entwicklungen wie die falschen Geldscheine aus dem Internet auf dem Laufenden zu sein. In Kooperation mit der Bundesbank hat der Dachverband der Einzelhändler ein Informationsblatt für Kassenpersonal erarbeitet. Das Merkblatt enthält sechs Prüfkriterien für die Echtheit der Scheine: „Die Frauen und Männer an den Kassen sollten sich nicht nur auf ein einzelnes Merkmal verlassen“, sagt Monika Dürrer.

Das Fälschen soll aber demnächst schwerer werden: Am 25. November kommt der neue Zwanziger, und Europas Währungshüter sind überzeugt, dass sich das jahrelange Tüfteln an den Sicherheitsmerkmalen auszahlen wird: Die zweite Generation werde den Kriminellen erhebliches Kopfzerbrechen bereiten. Mehr Schutz vor falschen Scheinen ist auch dringend nötig. Im ersten Halbjahr wurden laut Bundesbank 454.000 Fälschungen aus dem Verkehr gezogen, im gleichen Zeitraum 2014 waren es noch 313.000.